Ein Kommentator zu meinem Artikel „Natürlich führt das iPad zu mehr Freiheit für Computernutzer“ meinte:
Auch in der politischen Diskussion um innere Sicherheit und „Terrorismusbekämpfung“ steht das Argument Sicherheit immer dem der Freiheit diametral gegenüber.
Meine Reaktion:
Und dass Autofahrer nicht wissen müssen, was unter der Motorhaube abgeht, ist sicher auch irgendwie mit der Terrorismusdebatte verbindbar.
Auf Nachfrage habe ich das weiter ausgeführt:
Es führt zu größerer persönlicher Freiheit, Autos benutzen zu können, obwohl ich nur geringes (sehr geringes) Wissen darüber habe, wie Autos funktionieren. Möglich ist das, weil Autos vertikal integriert sind und stark kontrolliert werden von den Herstellern: Du kannst nicht die Karosse von A und den Motor von B kaufen und das dann zusammenstecken. Wahrscheinlich würde es zu mehr Innovation führen, aber so ist es aktuell nun einmal nicht. iOS ist wie ein Auto, das man benutzen kann, ohne wissen zu müssen, was unter der Motorhaube vorgeht. Windows, Linux, Android und Mac OS sind wie Autos, für deren alltägliche Benutzung man mindestens Hobby-Automechaniker sein muss.
Es ist immer die Frage, welche Vorteile und Nachteile Modularisierung und vertikale Integration jeweils haben.
A priori Wertungen a la ‚XY ist wie Terrorismusbekämpfungsaktionismus‘ führt nicht zu Erkenntnisgewinn, sondern nur zum Suhlen in den eigenen Vorurteilen.
Es ist nicht wichtig, ob man das gut findet oder nicht. Man muss diesen Zusammenhang aber erkennen und verstehen, um sehen zu können, warum iOS so erfolgreich ist und weiter sein wird und um zu verstehen, wohin sich die Computerbranche entwickelt, während sie sich in der Mitte der Gesellschaft ausbreitet.
Jochen_Hoff says
Oh, es gibt immer gute Gründe weshalb die Sklaverei der Freiheit vorzuziehen ist. Leute fresst Scheiße, Millionen Fliegen können sich nicht irren. Das Gemeine an der Freiheit ist, dass sie soviel Arbeit macht. Man muss sich mit den Dingen beschäftigen. Wenn man ein Auto verantwortungsvoll benutzen will, dann muss man seine Wirkmechanismen verstehen. Das macht Arbeit. Schafft aber auch Freiheit. Natürlich reicht IOS und ein paar propertiere Anschlüsse um damit begrenzt arbeiten zu können. Innerhalb fremdbestimmter Grenzen. Wer die Freiheit will nimmt Open Source.
Um in deinem Autobeispiel zu bleiben. Warum setzt du dich nicht morgens in irgendeinen Bus und steigst jeweils zwei Stationen vor der Endstation aus. Du brauchst kein Ziel und der Bus weiß wohin er fährt. Warum also solltest du dein Ziel bestimmen wollen.
Frank Ritter | androidnext.de says
Das ist natürlich Quark. Android ist auf dem aktuellen Stand hervorragend bedienbar. Nur weil es ein Tausendfaches an Anpassungsmöglichkeiten gegenüber iOS gibt, heißt das ja nicht, dass man diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen muss. In Sachen Usability hat Android diverse Vorteile gegenüber dem Apple-OS, insbesondere seit 4.x. Aber ja, wenn man iTunes als der Weisheit letzter Schluss sieht, sollte man beim iPhone bleiben. :)
Marcel Weiss says
Android kennt im Gegensatz zu iOS Viren und Schadprogramme und zu den populärsten Android-Apps zählen Taskmanager. Das sind die Nachteile, die Androidfans immer ausblenden. Natürlich hat Android Vorteile, wie die von dir genannten Anpassungsmöglichkeiten, aber eben auch massive Nachteile.
Jeder Ansatz hat eigene Vor- und Nachteile. Die Vorteile von iOS machen es tendenziell mainstreamtauglicher.
Marcel Weiss says
„Um in deinem Autobeispiel zu bleiben. Warum setzt du dich nicht
morgens in irgendeinen Bus und steigst jeweils zwei Stationen vor der
Endstation aus. Du brauchst kein Ziel und der Bus weiß wohin er fährt.
Warum also solltest du dein Ziel bestimmen wollen.“
Guter Punkt. Als ich nach Berlin gezogen bin, habe ich mein Auto verkauft, weil ich es dank guten öffentlichen Nahverkehrs nicht mehr benötigte. Wenn er nicht mehr meinen täglichen Anforderungen genügt, kaufe ich wieder ein Auto.
„Wenn man ein Auto verantwortungsvoll benutzen will, dann muss man seine Wirkmechanismen verstehen.“
Ich bezweifle, dass mehr als 1% der Autofahrer aus dem Stand erklären können, wie der Motor ihres Autos funktioniert.
Marco Bluethgen says
Zitat: „Windows, Linux, Android und Mac OS sind wie Autos, für deren alltägliche Benutzung man mindestens Hobby-Automechaniker sein muss.“
Das ist aber schon sehr pauschal. Es kommt immer darauf an, was ich damit machen möchte. Ich kann ein Linuxsystem installieren und nutzen ohne Hobbyfrickler zu sein. Da kenne ich einige Beispiele. Das gleich gilt für Android. Der vermeintliche Schluss, dass diese Systeme eher etwas für Frickler und „Hobby-Automechaniker“ sind, beruht wohl eher auf deren typischer Zielgruppe. Viele Nutzer wollen sich mit dem System auseinandersetzen und bis aufs Letzte ausreizen. Grundsätzlich ist das vom System her aber nicht notwendig.
Ergo, so schnell entstehen Gerüchte.
Marcel Weiss says
„Das ist aber schon sehr pauschal. Es kommt immer darauf an, was ich damit machen möchte. Ich kann ein Linuxsystem installieren und nutzen ohne Hobbyfrickler zu sein.“
Ich rede nicht von Consolennutzung sondern von alltäglichem Gebrauch ohne Computervorkenntnisse. Viele scheitern schon am Dateisystem.
Frank Ritter | androidnext.de says
Bin gerade mal die Top-Apps im Play Store durchgegangen, sowohl Paid als auch Free. Nirgendwo ein Task-Manager zu sehen – seltsam. Seit rund zwei Jahren hat sich nämlich rumgesprochen, dass solche Tools kontraproduktiv sind. Multitasking funktioniert unter Android mittlerweile hervorragend.
Auch einen Virus bzw. Malware hatte ich noch auf keinem meiner Geräte. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich beim Installieren von Apps mein Hirn einschalte und auf Nutzerbewertungen achtgebe? Falls du das mit „Nachteile ausblenden“ meinst, pflichte ich dir bei.
Maecenas says
Ich bezweifle, dass mehr als 1% der Android-Nutzer Ahnung von Linux-Kernels haben. Die braucht man auch gar nicht, um von den Vorzügen eines freieren Systems zu profitieren.
Eine Grundlage deiner Argumentation ist meinem Eindruck nach die Ansicht, dass ein Auto, an dem ein Automechaniker auf Wunsch herumschrauben könnte, für Autofahrer automatisch weniger taugt. Das gilt höchstens für Extremfälle (Auto, das als Selbstbausatz geliefert wird), ist aber normalerweise ein falscher Gegensatz.
Dass irgendwo im Menü von Mac OS eine Anwendung namens „Terminal“ existiert, macht das Betriebssystem doch nicht plötzlich unbedienbar?
Marco Bluethgen says
Ich auch. ;)
Marco Bluethgen says
Was ich zum Ausdruck bringen wollte ist, dass auch Otto-Normalnutzer ohne technische Kenntnisse diese Systeme nutzen kann. Diese Systeme selbst zwingen ihn nicht dazu zum „Hobbymechaniker“ zu werden.
Auf der anderen Seite gibt es gerade bei Android und Linux sehr viele technikaffine Nutzer, die auch gern die Systeme hinter der UI begreifen und manipulieren wollen. Und die sorgen möglicherweise dann auch dafür, dass Taskmanager und ähnliches die Rangliste bei Google Play anführen.
Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass die Zeiten sich mit dem System auseinandersetzen zu müssen, mittlerweile auch bei Linux (abhängig von der Distri) und Android vorbei sind.
Watt dem een sin Uhl says
Ich halte die ursprüngliche Freiheitsargumentation immer noch für falsch. Das Autobeispiel ist allerdings noch unbrauchbarer, weil die Diskussion hier auf so viele Perspektiven anwendbar ist: Die Freiheit des Nutzers, irgendwann irgendwo hin zu fahren. Die Freiheit (?), sich nicht mit der Technik des Gefährts auseinandersetzen zu müssen. Dem setze ich mal eine Alltagserfahrung entgegen: Diese „Freiheit“ impliziert, dass Du nur noch zur Vertragswerkstatt fahren kannst, weil Fahrzeugelektronik an spezielle Chiplesegeräte gebunden ist, die Elektronik impliziert, dass Dein Fahrzeug keinen Pieps mehr sagt, wenn der falsche Sensor den unpassenden Wert ausgelesen hat. Die integrative Bauweise impliziert, dass selbst freie Werkstätten, also echte Schrauber, bestimmte Bauteile kaum mehr reparieren können, weil Ersatzteile nur noch in Bundles oder als Komplettkomponenten auf den Markt kommen. Und unter dem Strich steht für den Verbraucher eine fette Zahl auf Rechnung. Es geht doch gar nicht darum, dass jeder Endnutzer sein System selbstbestimmt nutzen und konfigurieren kann (können im Sinne von „aus technischem Sachverstand dazu in der Lage sein“), sondern darum, dass diese Systeme grundlegende Nutzungsprinzipien verbieten.
Das System lässt sich 1:1 auf Apple und Co übertragen: Spezielle Gehäuseschrauben, verklebte Akkus, keine genormten Schnittstellen, ein geschlossenes System für die Softwareerweiterung. Das alles über einen Sicherheitsgewinn als Freiheit zu verkaufen ist schon echtes Marketing.