Fellowweb, ein neues Karriere-Netzwerk, das sich als „eine Art ‚Xing für Jugendliche'“ positionieren will (naja), hat ein Tool entwickelt mit dem man seine Daten von Xing crawlen und nach Fellowweb übertragen konnte. Bis Xing dem einen Riegel vorschub.
Jetzt ist Fellowweb sauer, weil man doch soviel Zeit in die Entwicklung des Tools gesteckt habe.
Eine recht gute Zusammenfassung des ganzen Dramas findet man auf zweinull.cc.
Lediglich einigen der Schlussfolgerungen von Martin auf zweinull.cc möchte ich widersprechen:
Mit dem Schritt wird keinesfalls die Freiheit der Xing-Nutzer eingeschränkt – sondern einzig und allein die Freiheit der Fellowweb-User.
Hm? Meine Freiheit als Xing-Nutzer sollte doch auch darin bestehen, meine Daten notfalls mitnehmen zu können, wenn ich das möchte. This data is mine, innit.
Und dass Unternehmen sich nicht unbedingt als Wohltäter für Wettbewerber betätigen, ist wirklich weder verwunderlich noch verwerflich.
Das Vorgehen ist nicht verwunderlich, richtig. Verwerflich auch nicht, aber -in Hinblick auf die Nutzer und ihre Freiheit- zumindest fragwürdig.
Web2.0-Unternehmen bauen ihr Geschäftsmodell auf genau zwei Säulen auf: Dem User Generated Content und die Infrastruktur drumherum, die so für diesen anbieten. Als Web2.0-Unternehmen bekommt man mehr Vertrauen von seinen Nutzern/Konsumenten entgegengebracht als in vielen anderen Branchen. Außerdem bauen diese Nutzer selbst -als Nebeneffekt quasi- eine Säule für das Unternehmen auf.
Auf dieser Grundlage zu sagen, man tue alles für seine Nutzer, gibt ihnen aber gleichzeitig nicht die Möglichkeit ihre Daten mitzunehmen, ist letztlich nur eins: Heuchelei. Aufgrund der besonderen Beziehung zwischen Nutzer und Webunternehmen sogar äußerst widerwärtige Heuchelei.
An Xing
So sehr das Vorgehen von Xing, besonders aus Wettbewerbsgründen, nachvollziehbar ist. Es zeigt meines Erachtens recht offensichtlich den Standpunkt von Xing auf: Es ist uns egal ob es unseren Nutzern hilft oder nicht, aber wir werden es ihnen so schwer wie möglich machen, unsere Seite mit ihren(!) Daten zu verlassen.
Sweet.
An Fellowweb
Zunächst einmal: Xing hat diese Nutzung ihrer Seite nicht explizit erlaubt. Darauf zu hoffen, dass Xing dagegen nicht schnell vorgehen würde, wäre naiv gewesen. Gelinde ausgedrückt. Allerdings glaube ich hier, wie auch Martin von zweinull.cc, eher an einen PR-Coup seitens Fellowweb. Die Aufmerksamkeit haben sie ja jetzt.
Auch muss sich Fellowweb die Frage gefallen lassen, welche Exportfunktionen sie denn ihren Usern anbieten. Informationen dazu habe ich keine gefunden. Wird hier etwa mit zwei Mass gemessen? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt..
Die Lösung zum bequemen Wechseln zwischen Social Networks
Wird man wohl letztlich ohne Unternehmen wie Xing, Fellowweb oder Facebook finden müssen. Denn auch Facebook hat sich bis jetzt nur in eine Richtung geöffnet, und zwar hinein in die Facebookwelt. Hinaus gibt es bislang nur eine Handvoll Feeds und ein minimales Widget.
Die Lösung wird wohl langfristig (Das kann durchaus Dekaden bedeuten!) das Konzept der portable Social Networks sein. Also eine standardisierte Form der Ausgabe von sozialen Interaktionen. So wie etwa RSS ein Standard (neben Atom) für die Ausgabe und Verbreitung von Content ist.
Besser noch: dezentrale, im Idealfall selbst gehostete, Netzwerkknoten, auf denen man seine Social-Network-Aktivitäten verwaltet. Die Verknüpfung zwischen den Knoten quer durch das Internet ist dann vergleichbar mit der heutigen Vernetzung von Blogs. Nur eben auf weitaus mehr Dimensionen ausgeweitet, um soziale Interaktion abbilden zu können. Das Entscheidende dabei: Es ist, wenn vollständig umgesetzt, dann eben gleichgültig wo der Bekanntenkreis beispielsweise seine Fotos hostet. Die Verbindungen werden unabhängig vom Host, da standardisiert, herstellbar.
In der englischsprachigen Tech-Blogosphere scheint die Geduld mit den SocialNetwork-Anbietern nach der einseitigen Facebooköffnung endgültig zu erodieren. Eine der andauernden Diskussionen diesen Sommer in der US-Techwelt sind eben jene portable Social Networks und deren mögliche Umsetzung.
Ein deutsches Projekt in dieser Richtung gibt es auch schon. Der von blogger.de und Blogscout her bekannte Dirk Olbertz hat mit Noserub ein vielversprechenden Start hingelegt.
[tags]Fellowweb, Xing, Facebook, portable Social Networks[/tags]
Carsten Pötter says
Du schreibst schon richtig, dass ein wesentliches Standbein von Social Networks die User, ihre Kontakte und der von ihnen erstellte Inhalt ist. Wenn man sich allgemeine, weit gefächerte Social Networks anschaut, fällt auf, dass die Daten der User und ihre Verbindung untereinander (Freunde, Kontakte, was auch immer) das wesentliche Kriterium dieser Netzwerke sind. Entsprechend haben sie portable Netzwerke am meisten zu fürchten.
Andere wie z.B. Flickr, Ma.gnolia oder auch You Tube bieten ihren Usern konkrete Dienste an; das soziale Netzwerk darum herum ist fast ein Nebenprodukt, auch wenn eingefleischte Flickr User jetzt aufschreien und sagen werden, dass dieses Netzwerk erst den Charme von Flickr ausmacht. Wie auch immer, die Existenz dieser Dienste hängt weniger an den Kontakten und Daten der User. Es wird also für Social Networks wichtiger denn je, Alleinstellungsmerkmale zu schaffen.
Ein interessanter Punkt am Vortrag von Sebastian Küpers zum Thema Portable Social Networks beim BarCamp Köln war, dass die User den Social Networks irgendwann nur noch für eine begrenzte Zeit ihre Daten zur Verfügung stellen; in dem Moment, in dem ich mich abmelde sind auch die Daten aus dem speziellen Network verschwunden. Dementsprechend werden diese Dienste gegenüber Werbepartnern, Investoren,… auch nicht mehr mit Karteilleichen als registrierte Nutzer argumentieren können. Diese User sind einfach weg. Könnte die Sache auch ein wenig transparenter für alle gestalten.
Marcel Weiß says
Wie jetzt? wenn ich mich auslogge oder wenn ich mein Profil löschen will? Letzteres sollte ja die Regel sein. Ersteres bringt aber doch eine Menge Probleme mit. Wenn ich mich auslogge, sehen meine Freunde meine Daten nicht mehr? Das wäre doch Unsinn.
Also welcher Fall war da gemeint? Klär mich bitte auf. ^^
Carsten Pötter says
Wenn Du das Profil löschen möchtest natürlich.
Marcel Weiß says
Carsten: Wenn man das Profil löscht sollten doch sowieso alle Daten gelöscht werden. Wo werden denn die Daten beim Profillöschen nicht gelöscht? Das wäre doch gar nicht rechtens.
Karteileichen sind in meinen Augen verwaiste Profile. Also Profile von Nutzern die nicht mehr wiederkommen aber zu faul waren, das Profil zu löschen.
Carsten Pötter says
Ähm ja, hast Du auch wieder recht. Muss ich evtl. doch noch mal das Video des Vortrags von Sebastian Küpers sehen (wenn es dann irgendwann mal online ist).
Marcel Weiß says
Ja, hatte mich schon gewundert. :)
Carsten Pötter says
Da hat jemand getestet, wie man aus Diensten wieder raus kommt; nicht so einfach.
http://netzpolitik.org/2007/aus-dem-web-20-aussteigen/