31. Dez. 2007 Lesezeit: 4 Min.

Rückblick auf 2007 und Ausblick auf 2008

Der große Trend in Blogs sind zurzeit Rück-, Über-, Weit- und Ausblicke auf endende und beginnende Kalenderjahre. So auch hier kurz vor Ladenschluss:

Der Rückblick auf 2007 geht schnell:

Twitter, Facebook, Rivva

nuff said.

Ausblick auf 2008

Social Networks:

Auf SNs aufgesetzte Plattformen werden sich weiter durchsetzen und überall die User erreichen, auch werden die Plattformen erwachsener (sprich mehr und mehr wirklich nützliche, durchdachte Applikationen werden entstehen, die den social graph zu nutzen wissen). Da Facebook nun F8 auch anderen SNs anbietet, werden die meisten SNs F8 und OpenSocial anbieten (nur Myspace und orkut werden das aus den offensichtlichen Gründen nicht tun). Interessant dabei ist, dass keine der beiden Seiten, Googles OpenSocial und Facebook mit F8, auf Exklusivität zu setzen scheinen. Wäre auch unsinnig. Immerhin geht es hier um das Besetzen von Märkten. Technisch ist F8 OpenSocial (das ja immer noch mehr Skizze als ausgewachsene Plattform ist) haushoch überlegen. Der Zweikampf wird interessant.

Blogs:

Schön war die Zeit, aber sie endet 2008: Werbung in Feeds wird dieses Jahr sehr groß werden.

Außerdem: Befindlichkeitsbloggen has reached its end. Naja, nicht wirklich. Aber persönliche Blogs, mit der Bestandsaufnahme, was es Ekliges heute in der Kantine gab, sind auf dem Rückmarsch. Literarisierte Tagebuchimitate wird es auch weiterhin im Netz geben. Sprich, die auch für dem Autoren Fremde lesenswerten Blogs werden bleiben, die nur für Freunde geführten werden zurückgehen. Wahrscheinlich wird 2008 zum ersten Mal auch die absolute Zahl an Blogs weltweit sinken oder zumindest konstant bleiben. Die Süddeutschezentrale wird daraufhin ganz München zu einem rauschenden Fest einladen, trunkene Redakteure werden durch die Straßen wanken und "Es endet!" jauchzen. Weil sie natürlich wie der Großteil der deutschen Journalisten alles, was mit dem Web zu tun hat, nicht im Ansatz verstehen.

Here's the thing: Im sozialen Web, im Wirnetz, Web2.0 -wie auch immer man es nennen mag- findet gerade eine Feinjustierung statt. Twitter zum Beispiel ist für Vieles geeignet. Aber nur für weniges besser als für alltägliche Banalitäten. Ebenso erreicht man mehr (Nichtgeek-)freunde über die Statusmeldungen in den kommenden Newsfeeds aller SocialNetworks, als mit einem Text im vom social graph mehr oder weniger losgelösten Blog. Und oft reicht schlicht die Statusmeldung. Banal aber essentiell eben. Auch andere interessante Zwitter wie Tumblr werden weiter wachsen. Würde mich nicht überraschen, wenn wir 2008 neue Ansätze zum persönlichen Bloggen über Verschiebungen in den Interfaces sehen. Still just scratchin' the surface.

Und das alles ist gut und richtig und völlig natürlich, denn nicht vergessen :

And it’s still early. It’s important to remember that. Everything on the Web is still just a prototype.

Google:

implodiert.

Nah, not really. Es ist teilweise etwas belustigend, manche Vorhersagen zu lesen. Google wird, was auch immer der eine oder andere Blogger meint, zu sehen, auch Ende 2008 noch einen pervers hohen Marktanteil im Suchmaschinenmarkt haben (man könnte jetzt von einem Monopol reden, aber die Diskussion will ich jetzt hier nicht anstossen). Google wird im Suchbereich  im Long Term tatsächlich bedroht und zwar vom Web2.0 insgesamt. Jede Struktur, jede Seite, die hilft, etwas besser als mit einer Googlesuche zu finden, schmälert die Allmacht Googles. Die wird dieses Jahrzehnt aber nicht mehr zuende gehen. Im Webbereich geht vieles schnell, aber nicht in diesen Höhen (for a lack of a better word).

However, ich denke (hoffe?), dass Google 2008 die Daten vom GoogleReader endlich einsetzt und einen Techmeme/Rivvakiller aus aggregierten SharedItems aufsetzt. Allein um mit der Konkurrenz das Geschäft zu beleben etc etc.

Die deutsche Startupszene:

Sollte sich besser nochmal ans Reißbrett setzen. 2008 werden eine Menge us-amerikanischer Startups ihre deutschen Dependanzen starten. Allen voran der Juggernaut Facebook.

Was sich bereits im Videosegment abzeichnet, scheint sich in anderen Bereichen zu wiederholen. Trotz Schonfrist aufgrund versäumter Internationalisierung der US-Vorbilder schafften es deutsche Startups bis jetzt nur in Einzelfällen sich im heimischen Markt stark zu positionieren. Das liegt zum Teil am risikoaversen Verhalten der Finanziers (die leider im deutschen Webbereich ein Oligopol stellen, das hilft nicht, fördert nur Herdenverhalten), das Innovationen verhindert, zum anderen daran, dass man hier die technischen Möglichkeiten scheinbar auch bei den Gründern nicht ganz verinnerlicht hat. Und folglich meint, dass es plain ol' Social Networks schon richten und die Gründer reich machen werden. Es muss einen Grund geben, warum wir in Deutschland außer dem Business-Netzwerk Xing kein international bekanntes Webunternehmen am Start haben (und xing wächst auch hauptsächlich durch deren internationale Einkäufe). In Frankreich gibt es die personalisierbare Startseite netvibes und die Videoseite Dailymotion. Beide international erfolgreich. Deutschland? Da fällt mir mal eben Pageflakes ein. Das bezeichnenderweise vor Ewigkeiten von Berlin in die USA überwanderte.

Je länger ich darüber nachdenke, desto schwärzer sehe ich für die meisten deutschen Startups. Es gibt Ausnahmen (eins davon werde ich die nächsten Tage vorstellen), aber oft kommt mir das Grauen bei Ideen, von denen ich höre. Werden 2008 die technisch und konzeptionell durchdachteren US-Angebote auf den (u.a.) deutschen Markt drängen, wird das hier ein Massaker. Zumindest bei Denen, die Finanzierung erhalten haben und hinter den Erwartungen zurückbleiben werden. Das werden nicht wenige sein. Das aber wird wohl erst Ende 2008 oder Anfang 2009 personelle und weitere Konsequenzen nach sich ziehen. Ich glaube, das müssen wir uns an anderer Stelle nochmal genauer ansehen. Hm.

Startups, international:

Auch hier werden viele eingehen. Genauso viele werden aber auch starten. Web-Startups bleiben kostengünstig.

und sonst:

Ich könnte jetzt ewig so weitermachen (das Ende des USTV aufgrund des Autorenstreiks-> mehr direkt fürs Web produzierter Content, Rise of the Micronichen, mobile Web, Desktop-Web-Zwitterapplikationen, zunehmende Wichtigkeit von APIs, etc etc). Mach ich aber nicht. Weil:

1. Einer meiner Vorsätze für 2008: kürzere Texte.

2. Hätte man mich Ende 2006 gefragt, was das große Thema im kommenden Jahr wird, ich hätte gesagt OpenID (siehe auch Carstens informative Artikelreihe zu OpenID auf neunetz.com). Aber dem war nicht so. Im Mai kam Facebook um die Ecke und der Rest ist Geschichte, um mal keine Floskel zu vermeiden. Deswegen: weiß der Fuchs!

Und ach ja, das alles ist ohne Gewähr und wurde unter der Annahme geschrieben, dass die Finanzkrise uns nicht in eine Weltwirtschaftskrise reitet. We'll see.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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