Startnext
Startnext ist eine neue deutsche Crowdfunding-Plattform, die offiziell am 09.10.2010 für Projektinitiatoren gestartet ist. Seit dem 21.10. ist die Dresdner Plattform komplett im Netz: Seit diesem Zeitpunkt können Projekte finanziell unterstützt werden. Aktuell sind 13 Projekte online. Insgesamt 25 Projekte befinden sich laut Eigenaussage in der Einrichtungsphase. Startnext beschränkt sich auf medien-kulturelle Projekte.
Startnext behält von erfolgreichen Projekten zehn Prozent ein. Projektbudgets werden auf 110 Prozent hochgerechnet, so dass die Projekteinsteller ihre 100 Prozent erhalten. Das führt zu teilweise eigenartigen Summen, für die die Projekte werben. (Und führt jedem Nutzer, der sich darüber wundert und nachfragt, direkt zu den zehn Prozent für Startnext.)
Wie auch bei der erfolgreichen us-amerikanischen Crowdfunding-Plattform Kickstarter werden die Zahlungen nur ausgezahlt, wenn das Projekt in der vorgegebenen Zeit die gewünschte Summe erreicht.
Hierfür arbeitet Startnext mit der e-wallet von der Fidor Bank und nicht mit PayPal. Die Beweggründe, die vor allem in den hohen Transaktionsgebühren von PayPal liegen, hat Tino Kreßner hier aufgeschrieben, die er auch im Startnext-Blog noch weiter ausführt:
Im Bereich Geldtransfer konnten wir durch unsere Kooperation mit der Fidor Bank weitere weltweite Alleinstellungsmerkmale herausarbeiten. So gibt es bei allen Transaktionen auf der Plattform keinerlei Transaktionskosten. Alle Unterstützer bekommen bei Anmeldung 5 € und zum Launch der Plattform 15 € geschenkt, die direkt in Projekte investiert werden können. Bei Startnext.de wird es zudem ergänzende Finanzierungsdienstleistungen geben. So können sich die Projektinitiatoren von Unterstützern Geld leihen oder Mikrokredite beantragen. Ein eventuell eingezahlter Eigenanteil des Projektinitiators geht direkt ohne jeglichen Abzug von Kosten durch das System.
Mitgründer Denis Bartelt im Startnext-Blog zum gleichen Thema:
Crowdfunding ist ein komplexer Prozess. Es fließen viele Gelder auf Projektkonten. Die Beträge sind vor allem klein und einige davon groß. Wenn ein Projekt nicht stattfindet, dann muss das Geld wieder zurück an den Supporter. Zahlungsmittelanbieter verdienen ihr Geld durch Transaktionsgebühren. Es ist nicht schwer festzustellen, dass das Geld vom vielen hin und her bewegen einfach auch ALLE WERDEN kann.Das e-Wallet ist KOSTENFREI und es werden KEINE GEBÜHREN FÜR TRANSFERS zwischen den Konten verlangt.
Kickstarter arbeitet für die Zahlungen mit Amazons Flexible Payments Service. Das heißt, das zusätzlich zu den fünf Prozent, die Kickstarter von erfolgreichen Projekten einbehält, noch weitere ungefähr 3 Prozent je nach Transaktionshöhe von Amazon einbehalten werden.
Gegründet wurde Startnext von Tino Kreßner und Denis Bartelt.
Carta hat Tino Kreßner interviewt:
Aus Dresden kommt nun der Versuch, dem Kickstarter-Ansatz eine spezifisch deutsche Ausprägung gegenüberzustellen: Stärker auch staatliche Kulturfördermechanismen einbindend, stärker Vereine einbindend, stärker auf Kultursponsoring und ‘branded entertainment’ setzend.
Im Carta-Video spricht Kreßner auch von einem zusätzlichen B2B-Ansatz:
Tino Kreßner hat bereits Erfahrung mit dem Social Web. Unter anderem hat er mit drei anderen Filmstudenten 2007 eine interaktive Filmproduktion umgesetzt, mit Crowdsourcing, Blog, Video- und Podcast.
mySherpas
Eine weitere deutsche Crowdfunding-Plattform ist das am 21. Oktober 2010 gestartete mySherpas. Interessierte Nutzer können ihr Projekt auf der Plattform einstellen. Anschließend wird das Projekt vom mySherpas-Team geprüft. (Dabei geht es vor allem um Adressenachweis und das Überprüfen der angegebenen Daten, so dass man Betrug ausschliessen kann.) Das Prüfen soll ungefähr drei bis fünf Tage dauern.
In der Regel will man möglichst alle Projekte zulassen und die Masse der Nutzer über die Zukunftsfähigkeit der Projekte entscheiden lassen, so Mitgründer Tim Busse mir gegenüber.
Die Laufzeit der Projekte auf mySherpas ist auf 50 Tage beschränkt.
Auch bei mySherpas wird die Summe wie bei Kickstarter und bei Startnext erst ausgezahlt, wenn die vorgegebene Höhe auch erreicht wurde.
Was unterscheidet mySherpas von Startnext? Während Startnext auf das e-Wallet der Fidor Bank setzt, versucht mySherpas es mit anderen Einzahlungsarten: Neben Paypal wird auch die Direktüberweisung unterstützt.
Das hat Vor- und Nachteile: Zum einen ist die Wahrscheinlichkeit bei mySherpas damit wohl höher, dass man es schafft, neue Nutzer zu einer Zahlung für ein Projekt zu überreden. Auf der anderen Seite erhöht das auch die Belastung durch Gebühren, die auf mySherpas zukommen. Zehn Prozent nimmt mySherpas von abgeschlossenen, also finanzierten Projekten. Laut Busse fallen ca. zwei Prozent davon für Paypal an. Noch 19 Prozent Mehrwertsteuer und man befindet sich ungefähr in den Sphären der fünf Prozent, die Kickstarter in den USA einbehält.
Wird die Summe nicht erreicht, bucht mySherpas die per PayPal oder Direktüberweisung bereitgestellten Summen an die Unterstützer zurück. Die Gebühren bei PayPal trägt mySherpas. Mitgründer Tim Busse via Email:
Der Unterstützer bezahlt keine Gebühren, der Empfänger (mySherpas.com) muss diese Gebühren tragen (analog zu jedem Onlineshop, hier trägt auch der Shopbetreiber die Transaktionsgebühren). Die Rücküberweisung wird auch durch uns durchgeführt und fällt zu unseren Lasten.
(Anmerkung: Mir ist nicht ganz klar, wie das kalkuliert ist. Meiner Ansicht nach kann mySherpas sich leicht in den Transaktionsgebühren für die Rückbuchungen nicht erfolgreicher Projekte verzetteln und damit viel Geld verlieren. Auf jeden Fall wird das ein konstanter Kostenpunkt für mySherpas, den startnext und Kickstarter gar nicht haben. Aber vielleicht übersehe ich auch etwas.)
Trotzdem: Zehn Prozent sind viel und könnten potentielle Unterstützer leicht davon abhalten, Geld zur Verfügung zu stellen.
Es gibt nichtrationale Grenzen bei der Bepreisung, die starken Einfluss auf den Konsum haben. Solche psychologischen Grenzen findet man oft an willkürlichen aber optisch sichtbaren Punkten, wie dem Übergang von einstellig zu zweistellig, zweistellig zu dreistellig usw.
Ritter Sport etwa hat jahrelang versucht, den Preis pro Schokoladentafel auf über eine Mark zu bekommen - erfolglos. Erst mit der Einführung des Euros ist die Erhöhung des Schokotafel-Preises gelungen. Warum? Weil tatsächlicher Gegenwert in Geld und die damit verbundene Zahl nun in einem veränderten (für Milka günstigen) Verhältnis standen.
Die Lektion für Startups wäre: Psychologische Grenzen bei der Bepreisung bedenken. An der Stelle von mySherpas oder Startnext würde ich zum Beispiel versuchen, die Prozentzahl, die man abzwackt, auf einen einstelligen Bereich zu drücken, auch wenn das bedeutet, dass ich sehr knapp kalkulieren muss. Der mögliche Umsatz und die wahrscheinlicheren, damit einhergehenden positiven Presseberichte machen den geringeren Gewinn wett und sorgen für einen wahrscheinlicheren langfristigen Erfolg der Plattform.
Aktuell sind fünf Projekte auf mySherpas online.
mySherpas ist offen für strategische Partnerschaften. Die Crowdfunding-Plattform ist aktuell eigenfinanziert.
Eine weitere deutsche Crowdfunding-Plattform ist VisionBakery. Die Leipziger Plattform ist noch nicht gestartet.
Siehe zum Thema auch: