Jede IP-Adresse kann automatisch dem Land aus dem sie kommt zugeordnet werden. Das Ganze kann nach Bedarf runtergebrochen werden bis auf die Region, in der der Rechner hinter der IP-Adresse steht. So weit, so uninteressant.
Neuerdings mehren sich aber die Vorkommnisse in denen IP-Adressen nach Ländern gefiltert werden und damit User je nach Herkunftsland eine andere Seite zu sehen bekommen oder gleich ganz ausgesperrt werden.
aktuelle Beispiele für den Einsatz von IP-Filtern
Das aktuell bekannteste Beispiel dürfte das Ausschliessen von Usern außerhalb der USA von Pandora sein.
Ein weiteres, amüsantes Beispiel ist der amerikanische Pay-TV-Sender Showtime. Der, besonders clever, Jeden außerhalb der USA gleich komplett von der eigenen Seite ausschließt („However, you can join The L Word in Second Life!“!!!1123). Ist ja nicht so, dass man anderenorts die obskure Sprache Englisch beherrscht. Und zum Beispiel im deutschen TV, wie sicher auch in anderen Ländern, Sho-Serien wie ‚The L-Word‘, ‚Weeds‚ oder ‚Queer as Folk‘ laufen. Deutscher Fan und des Englischen mächtig? Wir wollen trotzdem nichts mit Ihnen zu tun haben.
Es geht aber auch richtig perfide. Nehmen wir doch mal das vielerorts heiß geliebte p2p-TV Joost her: Popkulturjunkie Jens Schröder schrieb hierzu letztens auf Focus Online:
Die wirklich interessanten Sendungen können bis auf Weiteres nur US-amerikanische Nutzer sehen. Joost-Kanäle wie Comedy Central, MTV, National Geographic, VH-1 oder Warner Bros. Records finden sich auf der europäischen Seite gar nicht erst. Und so sollten sich deutsche Nutzer auch nicht über die aktuellen Joost-Deals mit CBS, Turner Broadcasting oder Sony freuen. Wenn CBS beispielsweise demnächst Serien wie „CSI“ oder „Survivor“ über Joost zeigen wird, bleiben Deutsche außen vor.
Erstmals seit Start des World Wide Web sind künstliche Mauern hochgezogen worden.
On a sidenote: Nun gehört auch last.fm zu dieser illustren Runde. Als deutscher Nutzer wird man seit Neustem automatisch auf die deutsche Version unter lastfm.de umgeleitet. Ob man das will oder nicht. Was daran so schlimm ist? Man hat keinen Zugriff mehr auf Seiten zu denen es kein deutsches Pendant gibt. Zum Beispiel die Free mp3 Download charts.Kann man bei Bedarf wieder umstellen.
Aussichten, schlechte
Ich sehe mittelfristig perfide Zeiten im Netz aufziehen. Während man im Allgemeinen als US-Amerikaner davon nichts mitbekommt, werden Nutzer außerhalb der USA mehr und mehr spüren wie ihnen die Content-Tür vor der Nase zugeschlagen wird. Besonders schmerzhaft ist das in einer Zeit, in der sich Broadband und Flatrate flächendeckend durchzusetzen scheinen und damit zum ersten Mal neben gewöhnlichem Text andere Contentarten bequem per Internet konsumierbar geworden sind. Gerade die ersten Anwendungen wie Joost, die diese Möglichkeiten nutzen werden hier ausgebremst.
IP-Filter scheinen mehr und mehr als erste Wahl zur Steuerung und Kontrollierung der User eingesetzt zu werden. Neue Angebote wie Joost werden künstlich beschnitten. Bereits bestehende Angebote werden notfalls nachträglich eingeschränkt (siehe Pandora).
Diese Vorgehensweise widerspricht grundlegend dem globalen Wesen des Internets. Man kann zwar davon ausgehen, dass sich globale Angebote langfristig durchsetzen werden. Es kann hierbei aber durchaus um mehrere Dekaden gehen. Je nachdem wie schnell sich die verschiedenen Vermarktungsmöglichkeiten online wie offline verändern.
Es scheint, dass bald sehr viel mehr Internet-Nutzer lernen werden (müssen), was Proxys sind.
(Und falls der geneigte Leser aus diesem Artikel ein wenig Wut meinerseits herausliest, dann liegt er damit nicht falsch. Ganz und gar nicht.)
simon says
Natürlich eine beschissene Entwicklung. Aber man muss auch mal die Ursache erwähnen, das ganze hat doch lizenzrechtliche Gründe. Dort muss angesetzt werden, den Diensten bleibt ja nichts anderes übrig außer zu schließen, oder eben User auszugrenzen, die an andere Rechte gebunden sind. Und da die technischen Möglichkeiten da sind, wird eben ein Riegel vorgeschoben.
Öffentliche Proxys sind keine Alternative, mangels Speed.
Marcel Weiß says
Ja stimmt. Natürlich hat das lizenzrechtliche Gründe, das hätte ich vielleicht noch etwas ausführen sollen.
Pandora gibt es zwar schon eine Weile aber auch noch nicht so lang und Joost fängt ja gerade erst an. Das sind ja oft die ersten Produkte ihrer Art, die eben auch Content im großen Stil einbinden und in den Verhandlungen Neuland betreten. Gerade bei Joost sind die unklare Entwicklung der Werbesituation und u.U. wegfallende Lizenzeinnahmen die größte Hemmschwelle für Contentanbieter wie die us-amerikanischen TV-Netzwerke, das global anzubieten.
Proxys bringen für Joost nichts, Pandora kann man aber mit öffentlichen Proxys zum laufen bringen. Mal mehr, oft weniger gut. Viele Proxys gehen da aber auch nicht. Weiß nicht ob der Pool der von den Proxys verwendeten IP-Adressen da nicht auch zusätzlich noch geblockt wird mittlerweile. Katz und Maus.
Ralph says
Hallo,
diese Entwicklung ist IMHO die Fortsetzung dessen, was wir bereits als Regional-Code bei DVDs kennen.
Damit ist auch im Internet sowas wie eine regionale „Ausstrahlungs-Lizenz“ möglich.
Bis dann,
Ralph
Marcel Weiß says
Ja, so sieht’s aus. Guter Vergleich. Das selbe Prinzip, genauso unsinnig.
Jens says
Zumindest last.fm filtert (noch) nicht über IP-Adressen. Sondern macht die Umleitungen über den HTTP-Header accepted-language. Stellt man dort nur »en« ein. Bekommt man auch weiterhin die englischsprachigen Seiten zu sehen und wird nicht nach lastfm.de umgeleitet.
Marcel Weiß says
Ja, hatte ich nach dem Veröffentlichen des Artikels auch bemerkt und deswegen durchgestrichen. Eigenartigerweise hatte sich das automatisch umgestellt.
rebell says
dann müssen wir halt ein dichtes wlan-netz spannen, so das die herren der macht keinen zugriff mehr haben.
Marcel Weiß says
Ja, hatte ich nach dem Veröffentlichen des Artikels auch bemerkt und deswegen durchgestrichen. Eigenartigerweise hatte sich das automatisch umgestellt.