XING testet aktuell in einer geschlossenen Phase „XING Connect“: Eine Möglichkeit, sich mit der XING-Identität bei anderen Diensten anmelden zu können, ähnlich wie man es von den Login-Systemen von Facebook, Google, Twitter und etwa auch LinkedIn kennt.
Das System ist (noch?) rudimentär und bietet etwa nicht die Möglichkeiten des Datenaustauschs wie etwa Facebook Connect oder LinkedIns neuer Plattformvorstoß:
An die jeweilige das Feature einsetzende Website übergeben werden anschließend der Vor- und Nachname, das Profilfoto sowie die URL zum Xing-Profil. Die Autorisierung geschieht dabei nicht über den verbreiteten OAuth-Standard sondern über HTML5 Cross-Document Messaging.
Vor einigen Wochen hatte ich beschrieben, wie LinkedIn, der internationale Konkurrent von XING, mit einer erfolgversprechenden Plattformstrategie konzeptionell XING weit hinter sich lässt, wie seinerzeit Facebook studiVZ hinter sich lies. (und ebenfalls wie seinerzeit Facebook internationaler aufgestellt ist und mehr Mitglieder hat als sein deutsches Pendant)
Hat XING also nun doch die Zeichen der Zeit gesehen und erkannt, dass es ein Technologieunternehmen ist, dass sich weiterentwickeln muss?
Nein. XING Connect, das ein erster Schritt in die strategisch notwendige Richtung sein könnte, ist ein 10-Prozent-Projekt engagierter XING-Programmierer:
As you’ve probably already heard, we developers here at XING can use 10% of our working time to carry out research and try out new ideas of our own. [..]
In the last few weeks we, a rails engineer (Lennart Koopmann), a product manager with a technical background (Nenad Nikolic) and a frontend engineer (Christopher Blum) put our research time to excellent use by building a product that we called “XING Connect”.
Man muss XING zu solchen engagierten Mitarbeitern gratulieren.
Gleichzeitig muss man aber auch das komplette strategische Versagen des XING-Managements festhalten, das die wichtigste technologische Weiterentwicklung seines Produkts einem Nebenbei-Projekt überlässt. Das macht besser als alles andere die fehlende strategische Weitsicht von XING sichtbar.
Würde ich XING-Aktien halten, ich würde sie spätestens jetzt verkaufen.
ripanti says
Es ist immerhin ein erster Schritt. Wer weiß was noch kommt :-)
Christian Beer says
Facebook, Xing und andere bieten (mitunter) sehr gute REST Schnittstellen zu Ihren Daten. Das fehlt bei Xing komplett (meines Wissens).
Xing hat vor einiger Zeit mal von OpenSocial gesprochen. Das ist meines Wissens leider (auch) nur rudimentär implementiert (man möge mich aufklären, wenn das nicht stimmt).
In diesem Bereich scheint Xing wirklich in den 90ern stehengeblieben zu sein.
Marcel Weiss says
So viel, wie man eben in 10%-Projekten umsetzen kann. Also nicht viel. :)
Robert says
Dem XING-Management Strategie-Versagen vorzuwerfen, ohne die Details zu kennen, halte ich für eine sehr gewagte These. Garantiert wird der Vorstand wissen, was seine Mitarbeiter in ihrer 10% Zeit so tun, auch wenn sie diese frei gestalten dürfen. Besonders bei einem solchen Projekt, welches etwas länger gelaufen sein dürfte. Allein der organisatorische Overhead von Projekt- und Produktmanagement und aller anderer Nebenabteilungen wurde hier erst einmal ausgespart.
Stephan says
Hallo Robert,
ich stimme Dir in so weit zu, dass man ein Managementversagen nicht allein auf solch einen technischen Punkt reduzieren sollte.
Im Grundtenor jedoch werden wesentliche technischen Features vernachlässigt. Gerade hat man ja ein Deja vú bezüglich der damaligen Twitter Integration.
Allerdings kommt Xing nach jetzigen Stand langsam in Bedrängnis. Besonders extremes Beispiel wäre die Schweiz, wo Xing stagniert, während LinkedIn fast genauso schnell wächst wie in Deutschland (>1.000 Nutzer am Tag) und die Besuche sich verdoppelt haben im direkten Vergleich.
Das ist in so weit ein schwieriges Signal, dass die Marktbeherschung von Xing vom „deutschsprachigen Raum“ auf „Deutschland – Österreich“ schrumpft.
Der Erwerb von Amiando war ein Signal in die richtige Richtung, sich auf die Stärken zu konzentrieren, erscheint richtig, um eine Nischenexistenz zu sichern.
Jedoch müssen jetzt bei Xing Entscheidungen getroffen werden, die sicherlich unpopulär wären. Das Preismodell ist hierbei der zentrale Punkt: Eine „bessere“ Freemium Variante anzubieten könnte Nutzer halten oder sogar dazugewinnen lassen. Allerdings konnten andere Umsätze nie richtig etabliert werden (80 % der Einnahmen kommen aus Premiummodellen) und somit steckt man in einer Klemme: Jetzt Umsätze verlieren?
In so weit muss ich Marcel zustimmen, es sind ein paar strategische Fehlentscheidungen getroffen worden, die zu der jetzigen Situation führten.
Herzliche Grüße
Stephan
Marcel Weiss says
Natürlich weiss der Vorstand davon. Es ging mir mehr um die sichtbar
gewordene Prioritätenverteilung.
ripanti says
Leute … ihr vergleicht hier wirklich manchmal Äpfel mit Birnen.
Denkt bitte daran, wenn ihr XING mit FB und LinkedIn in einen Topf werft an folgende Punkte:
1.) XING ist börsennotiert
2.) XING hat den Nachteil in Deutschland zu sitzen und somit auch diese Datenschutzrichtlinien beachten zu müssen.
Ich bin sicher, dass SGS von XING liebend gerne mehr „openness“ in das Produkt bringen würde. Er weiß aber auch, dass dann gleich wieder irgendwelche paranoiden Datenschutz Freaks die Hand heben würden und sagen „…. so geht das aber nicht in einem deutschen Businessnetzwerk“.
Es ist leicht immer nur Kritik zu üben ohne in der Situation der Beschuldigen zu sein.
Ich selbst bedauere das verschenkte Potenzial von XING nun schon seit Jahren und ich habe selbst lange gebraucht um viele Schritte von XING auch durch deren Brille beurteilen zu können.
Marco
Stephan says
Das Xing börsennotiert ist, ist das Problem der Xing AG. Ich glaube nicht, dass das einen User, wenn er ein soziales Netzwerk sucht und sich anmeldet, interessiert.
Mit den Äpfel und Birnen: Da hast Du in so weit Recht, dass die Xing AG als „kleiner Firmenkunde“ gilt, während LinkedIn und facebook schon (aber nur knapp!) als Mittelständler zu verstehen sind. Aber da sind wir wieder bei Nutzern: Auch das wird kaum einen interessieren.
Im Zentrum steht a) wer auch angemeldet ist und b) Funktionalität.
Zum Thema Datenschutz: Ist garantiert ein Standortnachteil und interessiert so gut wie niemanden (Ilse Aigner natürlich ausgenommen)….sonst wäre der Erfolg von Facebook nicht zu erklären. Auch hier ein deja vú: Haben die VZ nicht 2007/2008 gerade den Standortvorteil Deutschland zu vermarkten versucht?
Liebe Grüße
Stephan
Walter says
So ein Schmarrn. Nach dieser Interpretation darf in freier Entwicklerzeit nur sinnloses Zeug programmiert werden, sonst hat das Management versagt. Wenn ich mich nicht täusche, ist auch GMail in Google-„Freizeit“ entstanden. Total inkompetentes Google-Management, das nicht als Top-Prio-Projekt anzuordnen.
Matt says
„…das die wichtigste technologische Weiterentwicklung seines Produkts einem Nebenbei-Projekt überlässt…“
Wirklich sooo wichtig?
Chr. Röthlisberger says
ich fand xing noch nie besonders kreativ oder innovativ, ausser vielleicht am anfang, als sie noch open bc hiessen, aber sonst macht mir die firma schon lange einen eher uninspirierten eindruck.
Francesca Canu says
ich finde, dass wir entwickler viel glück haben, überhaupt 10% oder 20% research-zeit anwenden zu können. das zeigt, dass dem vorstand und der firma unsere ideen und innovationen sehr wichtig sind.
Marcel Weiss says
Daran gibt es auch grundsätzlich nichts auszusetzen. Es ging hier um
das konkrete Projekt und dessen Priorisierung.
Peter Strong says
Weiß jemand von euch, wie weit „Xing Connect“ jetzt fortgeschritten ist?