Das folgende Bild zeigt, wie viele Bürger Abonnementdienste nutzen, um Filme oder Musik zu konsumieren:
Ich weiß nicht, was trauriger ist: Dass Deutschland auf dem letzten Platz ist oder dass es mich nicht überrascht.
Bei Diensten, die auch einmalige Zahlungen, also Datei-„Verkäufe“ ermöglichen, sieht es nicht viel besser aus:
Weitere Zahlen und der Hintergrund zur TNS-Studie für die Europäische Kommision finden sich auf PaidContent.org. Die schlechten Zahlen liegen natürlich in erster Linie am Angebot: Der Untersuchungszeitraum war April/Mai 2011. Also einige Monate bevor im Musikbereich etwa mit dem Eintritt von Spotify, Rdio, Deezer und co. dank Einigung zwischen Bitkom und GEMA der Markt erst aufgemacht wurde. (Bis dahin konnte man hierzulande nur das deutsche Simfy nutzen.)
Interessant wäre der Vergleich mit einer Bestandsaufnahme ein Jahr später. Vielleicht haben sich die Deutschen in der Zwischenzeit auf den vorletzten Platz vorgearbeitet.
Jens Scholz says
Was daran „traurig“ zu finden ist, dass Abomodelle hier nicht so laufen musst du mir aber noch erklären. Ich hab zum Beispiel festgestellt, dass Abos für mich kaum in Frage kommen, weil das meinem Nutzungsverhalten schlicht nicht entspricht. das hat nicht mal was mit dem Internet zu tun, auch Zeitschriften lese ich zu sporadisch, um ein Abo lohnenswert zu machen. Abos und Flatrates sind – gerade im internet – auch oft mit langen Laufzeiten verbunden. Auch etwas was nicht wirklich in mein Nutzungsverhalten passt. gibt es denn auch Vergleiche über die Kosten? Und wie viel anteil am Ergebnis hat der Umstand, dass es dadurch, dass in Deutschland Medien-Abos einzuführen für viele Anbieter wesentlich schwieriger ist als in anderen Ländern, solche Abos seltener sind, teurer sind und viel später eingeführt wurden?
Ich glaube nicht, dass das ein reines Mentalitätsproblem ist. Und schon gar nicht können Rückschlüsse auf Gründe gezogen werden, wie ob deutsche besonders knauserig oder innovationsfeindlich sind oder alles umsonst haben wollen.
Marcel Weiss says
„Abos und Flatrates sind – gerade im internet – auch oft mit langen Laufzeiten verbunden.“ Das stimmt nicht. Jeder On-Demand-Streaming-Anbieter im Musikbereich, den ich kenne, bietet ein Abo an, das von Monat zu Monat gekündigt werden kann. Lovefilm von Amazon ist ebenfalls monatlich kündbar. Zeige mir ein Angebot, bei dem das nicht der Fall ist (und ich zeige dir wahrscheinlich ein unpopuläres Angebot von einem deutschen Konzern).
Nur weil das Modell nicht deinem Konsumverhalten zusagt, heißt das nicht, dass es nicht für einen größeren Teil der Bevölkerung genau richtig sein kann. Die 8% von 2011 in Dtl. sind absurd niedrig.
Markus Barth says
Der Vergleich hinkt doch ein wenig. Abgesehen vom sehr geringen Angebot (Napster gab es aber auch schon da), ist die Grundsituation in den Ländern extrem unterschiedlich. In Deutschland hat man Zwangsabgaben an die GEZ, die damit das produziert, was in anderen Ländern unter Pay-TV fällt. Diese Zwangsabonnements tauchen aber in der Studie nicht auf, sind aber maßgeblich daran beteiligt, dass weniger andere Dienste genutzt werden.
Das Problem für Anbieter mit der GEMA hast du bereits angesprochen: Wo kein Angebot, da keine Nachfrage. Nicht umsonst ist Deutschland oft das letzte Land, in dem ein Dienst ausgerollt wird. Zudem haben andere Länder (Beispiel Niederlande) eine wesentlich höhere Akzeptanz für englischsprachiges Filmmaterial, was das Anbieten erleichtert.
Das Angebot an Musikdiensten mag sich verbessert haben, aber bei Videodiensten? Außer Sky bietet keiner einen bezahlenswerten Mehrwert, den man nicht auch mit Kabelanschluss und Rekorder hätte. Wer zahlt denn ernsthaft 3 Euro zusätzlich zu den Grundkosten für eine miserabelstestete(!) synchronisierte Folge einer Serie, Monate nachdem sie in den USA lief? Eigenen Content produziert Deutschland doch sowieso kaum, abgesehen von den ÖR, aber da wären wir wieder: Pay-TV, das in der Statistik fehlt.
Aber auch bei Musik gilt: Es gibt eine riesige Anzahl an Radiosendern, dank GEZ viele auch ohne nervige Werbung. Das Grundangebot hierzulande ist einfach größer als irgendwo sonst, daher ist die Nische für solche Dienste einfach kleiner.
Hinzu kommt, dass Deutsche ein merkwürdiges Verhältnis zur Kreditkarte haben. Viele Dienste werden nicht genutzt, weil die Zahlungsmöglichkeiten auf KK beschränkt sind (und ich rede hier nicht von 14-Jährigen) oder eine gewisse Verunsicherung besteht, ob ein Dienst überhaupt seriös genug ist, um diesem Zahlungsdaten anzuvertrauen.
frank_krings says
Über 90% der Deutschen haben eine Flatrate im Abo. Hier ist die Website dieses coolen Startups: http://www.gez.de/
Carsten Könemann says
Mag sein, aber nicht, weil die Deutschen nicht wollen. Damit die Deutschen Abo-Angebote nutzen können müssten die guten ja auch erstmal nach Deutschland kommen. Zune Pass von Microsoft gab es überall in der EU, mit Ausnahme von Deutschland. Mittlerweile heisst der Dienst Xbox Music. Wir haben den kompletten Lebenszyklus von Zune einfach als einziges zivilisiertes Land der Welt nicht mitbekommen. Und ewig hat es gedauert, bis es Spotify und Rdio hierher geschafft haben, so lange, dass viele aus meinem Bekanntenkreis die darauf gewartet haben das Interesse verloren haben. In anderen Ländern sind diese Dienste schon Standard, hier entdecken die Leute sie gerade erst. Ich will ja niemanden ansehen, aber danke, Fortschrittsverweigerer der GEMA!
Um Filme steht es noch schlimmer. In anderen Länder hören die Leute schon auf Kabel zu benutzen, weil sie eh alles bei Netflix und Hulu bekommen, hier ist der Markt einfach nicht existent. Und wenn man die Dateien kauft bekommt man oft nur die doofe deutsche Synchronfassung. Die mag für meine Eltern interessant sein, aber ich kenne niemand unter 30 der nicht lieber das Original sehen würde. Also greife ich lieber auf die DVD zurück. Ich weigere mich einen BlueRay Player anzuschaffen, weil die Zukunft einfach nicht sein kann alle paar Jahre neue Plastikscheiben zu kaufen (der Ultra HD Standard ist schon beschlossen…). Die Zukunft ist das Internet, und wenn man uns die Sachen dort nicht verkaufen will, dann laden viele es vermutlich einfach illegal irgendwo. Das hat nicht mit Gratismentalität zu tun, man kann dafür ja nicht zahlen, es sei denn man greift auf veraltete Technik zurück.
Aber anstatt aus den Fehlern der Musikindustrie zu lernen, stellt man sich hierzulande möglichst trotzig dem eBook entgegen. Ich versuche nur noch eBooks zu kaufen, aber leider sind die unnötig teuer, da die Buchpreisbindung für sie gilt, der reduzierte Steuersatz für Bücher aber nicht. Also renne ich doch wieder in die Bibliothek, finde Ubik nur in einem Sammelband und schleppe deshalb jetzt auf Bahnfahrten einen 2kg Wälzer mit mir rum.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Deutschen die digitalen Dienste nur zu gerne nutzen würden, es ihnen in der Technik-Wüste Deutschland aber einfach unverhältnismässig schwer bis unmöglich gemacht wird.
Carsten Könemann says
Übrigens sind bei Spotify aktuell mal wieder Songs die ich gestern noch gehört habe ¨currently not available in Germany¨ Selbst die Dienste die es hier gibt haben also hierzulande noch merkwürdige Probleme… (GEMA?)