Lothar Gries fasst auf Tagesschau.de zusammen, wie tief die deutsche Autoindustrie in der Krise steckt:
Beim Autozulieferer Continental schlägt die Krise der Autoindustrie voll durch. Trotz massiver Einsparungen, Stellenabbau und Werksschließungen musste der Konzern in dieser Woche seine Gewinnziele schon wieder zusammenstreichen - zum vierten Mal in eineinhalb Jahren. Grund ist der weltweit sinkende Automarkt.
Statt sich in der zweiten Jahreshälfte zu erholen, wie noch im Frühjahr gehofft, dürfte der Autoabsatz weiter schrumpfen. Auf Jahressicht um etwa fünf Prozent - im günstigsten Fall. In China wird für dieses Jahr sogar mit einem Rückgang um zehn Prozent gerechnet. Ein derart starker Einbruch war nicht einmal nach der Finanzkrise 2008 erreicht worden.
Es ist ein perfekter Sturm, der die deutsche Autoindustrie trifft.
Tatsächlich müssen die Autobauer neben sinkenden Produktions- und Absatzzahlen gleichzeitig den Schwenk vom Verbrennungs- zum Elektromotor schaffen. [...]
Mit der zunehmenden Konkurrenz, nicht zuletzt aus China, müssen sich auch die in der Entwicklung von Verbrennungsmotoren bisher führenden deutschen Hersteller den Veränderungen stellen.
Wie sehr der Wandel zum Elektroantrieb die stolzen deutschen Autobauer bereits jetzt belastet, zeigt das Beispiel BMW. So erwirtschaftete der Münchner Konzern jahrelang eine Umsatzrendite (Ebit-Marge) von rund zehn Prozent - und gehörte damit zu den rentabelsten Autobauern der Welt. Doch das ist Geschichte. Im ersten Quartal dieses Jahres rutschte der Konzern in die roten Zahlen. Wenige Wochen später musste Konzernchef Harald Krüger seinen Sessel räumen.
Die Tagesschau zählt als Treiber zur Elektrifizierung in erster Instanz Tesla auf. Das ist natürlich Unsinn. Tesla bekommt viel Presse und viel Aufmerksamkeit auch und gerade in der Branche, und das auch zu recht, aber Tesla, mit seinen verschwindend geringen Absatzzahlen, ist kein Treiber.
Es sind die äußeren Marktumstände -Klimakrise, sich wandelndes Mindset, international wachsende Fahrverbote, schlechte Luft in den Städten und massive Subventionen in China-, die die Elektrifizierung vorantreiben.
Noch härter hat die Krise Daimler erwischt. Der Konzern musste Anfang Juli die zweite Gewinnwarnung innerhalb von nur drei Wochen veröffentlichen. Für ist es bereits die vierte Gewinnwarnung in rund einem Jahr - ein außergewöhnlicher Vorgang.
Die erneute Pflichtmitteilung war nötig geworden, weil das Ergebnis des zweiten Quartals, das am 30. Juni endete, "signifikant unter den Markterwartungen liegt". Daimler verbuchte in diesen drei Monaten einen Verlust vor Steuern und Zinsen von 1,55 Milliarden Euro. Im Vorjahr stand im selben Zeitraum noch ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen von 2,64 Milliarden Euro.
Einige dieser Ergebnisse sind auf außergewöhnliche Investitionen zurückzuführen. Immerhin müssen Zulieferer- und Produktionsketten umgestellt werden.
Es sind nicht die Verluste, die beunruhigen sollten.
Es sind die regelmäßigen Gewinnwarnungen, bei Daimler jüngst zwei innerhalb von nur drei Wochen!, die beunruhigen. Sie deuten auf Ignoranz und Arroganz hin.
Sprich: Die Unternehmen wollen an der Spitze noch nicht ihre neue Realität akzeptieren. Würden sie das, könnten sie akuratere Vorhersagen machen. Aber nur Unternehmen, deren Management mit einem realistischen Blick auf die aktuelle Situation schaut, haben eine Chance in turbulenten Zeiten.
Eine positive Lesart wäre, die ungewöhnlich hohe Zahl an Gewinnwarnungen auf den sehr turbulenten Marktzustand zurückzuführen. Aber auch hier: Wer die Turbulenz selbst nicht erkennt und entsprechend konservativ auf den Markt schaut, überschätzt vielleicht massiv seine eigene Position..