21. Dez. 2007 Lesezeit: 2 Min.

Captain Ad: Innovative Idee für Onlinevideowerbung mit eingebautem Missbrauchspotential

Captain Ad ist ein neues deutsches Angebot, mit dem man Werbung über auf der eigenen Seite eingebettete Videos legen kann. Laut eigener Aussage werden zur Zeit YouTube, Google Video, MySpace Video, Dailymotion, Sevenload, Revver, Brightcove und weitere unterstützt.

Das sieht dann ungefähr so aus:

captainad-1

Klicken zwecklos. Das ist ein Screenshot. Vor dem Videostart.

captainad-2

Nachdem die Anzeige automatisch nach einer bestimmten Zeit verschwindet, kann man das Video starten. Hier werden aber keine halben Sachen gemacht: Während das Video läuft, zeigt am oberen Rand ein Laufband weiter die Werbung an. In freier Wildbahn hier gesichtet.

Captain Ad ist schon vor einiger Zeit an den Start gegangen. Siehe den Artikel auf BasicThinking. Dort wurden bereits Bedenken geäußert, dass die Videoanbieter wie Youtube und Sevenload von diesem parasitären Geschäftsmodell nicht begeistert sein dürften. Abgesehen davon dürften die AGB der meisten Videohoster das sowieso unterbinden.

Anyway. Für Leute, die ihre eigenen Videos erstellen und mit diesen auf den eigenen Seiten Geld verdienen wollen und das möglichst unabhängig von den Angeboten des Videohosters, kann das interessant sein. Sofern es wie gesagt zulässig ist.

Das Problem ist nur, dass die Teilmenge derer, die eigene Videos ins Netz stellen und diese einbetten in der Gesamtmenge derer, die Youtubevideos in die eigene Seite einbinden, vom Prozentsatz her irgendwo bei 1% liegen. Wenn überhaupt. (Was ja stark  für das virale Konzept des Embeddings spricht.)

Für Video-Splogs?

Was bleibt also übrig? Das Einbinden von Videos, die man nicht selbst erzeugt hat. Und da dann Werbung drübermachen. Das ist nichts Anderes, als was Splogs machen:

Fremden Content auf die Seite holen und Werbung drumrumpappen.

Da hat niemand was davon außer dem, der sich die wahnsinnige Arbeit des Copy&paste des Codeschnippsels gemacht hat. Weder der Videohoster, der die Bandbreite stellt, noch der Videoproduzent, der den Inhalt stellt, haben da was davon.

Man könnte jetzt argumentieren, dass der die Videos Einbettende ja als Filter oder Aggregator agiert, dem Video zu mehr Bekanntheit verhilft und dem Surfer die Qual des Wühlens abnimmt. Das stimmt zwar so weit. Nur ist eine Monetarisierung so einer Leistung auch über die herkömmlichen Wege möglich. Ohne dass man direkt in das Video und die damit verbundene Experience eingreifen muss. Man sollte die Relationen zwischen Leistung und Monetarisierung wahren. Was kommt als nächstes? Kann ich bald Videos einbetten und an beliebiger Stelle für Werbung unterbrechen (jaja, ich weiß, dass das technisch wohl nicht möglich ist)? Das steht mir nicht zu, solang ich nicht der Produzent des Videos bin oder diesen in irgendeiner Weise an diesen Einnahmen beteilige.

Kurz gesagt: Ich kann mir niemanden vorstellen, der davon begeistert wäre, wenn sein Video mit dieser Werbeform eingebettet wird.

Deshalb sollte man sich bei Captain Ad von dieser Art des Einsatzes distanzieren. Was allerdings unwahrscheinlich ist, wenn mit Lukasz Gadowski selbst einer der Investoren genau das vorschlägt:

Ich habe sogar schon überlegt, ob ich nicht eine best-of seite mit vielen Videos von den besten Seiten schnell zusammenzimmere, captain Ad draufhaue, und das ganze über Gueerilla Marketing und Linktausch und so etwas streue um mein Taschengeld aufzubessern. Werde ich nicht tun, aber jemand anderes bestimmt.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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