Jeff Bezos hat also als Privatmann die Washington Post gekauft. Viel wurde darüber in den letzten Tagen diskutiert und spekuliert. Das wichtigste aber ist in meinen Augen folgendes:
Jeff Bezos ist einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner der Welt. Er hat innerhalb der letzten 19 Jahre mit Amazon einen der größten Konzerne der Welt aufgebaut. Ein Konzern, dessen Wachstumsphase (und damit Eroberungsphase, wenn man so will) noch lang nicht abgeschlossen.
Man mag zu Amazon stehen wie man will, aber das ist eine schlicht sensationelle Leistung. Bezos ist einer der wenigen Visionäre in der heutigen (Tech-)Geschäftswelt. Das Valley spricht oft von Visionären. Ich weiß nicht, wo ich das in den letzten Tagen gelesen habe, aber Bezos zählt eindeutig zu den wenigen, auf die der Begriff zutrifft. (Ich würde Zuckerberg und Crowley noch in die Gruppe der aktuell an der Spitze eines Unternehmens stehenden Visionäre hinzuzählen. Es gibt noch einige andere, aber die Gruppe ist kleiner als uns das Silicon Valley glauben lassen will.)
Er hat mit Amazon bewiesen, dass er wie kaum ein anderer konsequent eine langfristige Sicht verfolgen kann und will.
Die Tatsache, dass Bezos die WaPo als Privatperson gekauft hat und nicht als CEO von Amazon für eine Division des Konzerns, deutet auf ein persönliches Interesse hin. Er hat die Washington Post für gerade einmal ein Prozet seines geschätzten Privatvermögens übernommen. Er kann also im Zweifel weiteres Geld in das Unternehmen stecken. Er kann und wird eine langfristige Strategie verfolgen. Man darf nicht vergessen: Das ist die Zeitung, die unter anderem die Pentagon Papers veröffentlicht hat. Die Washington Post ist neben der New York Times die geschichtsträchtigste Presseinstitution der USA.
Wer nun glaubt, dass Bezos das Amazon-Prinzip 1:1 auf die Washington Post legen würde und ihr somit das Blut aussaugen würde, unterschätzt nicht nur den Geschäftsmann und Visionär Bezos, sondern zeigt auch die eigene Beschränktheit in Wirtschaftsthemen auf. Welche Richtung auch immer Bezos dem Unternehmen vorgeben wird, er wird es mit einem pragmatischen Blick auf die langfristige Zukunft der Washington Post machen. Diese wird Ähnlichkeiten mit Amazon haben, aber nur dort, wo es auch tatsächlich Sinn ergibt.
Kurz: Die Washington Post hätte keinen besseren neuen Eigentümer finden können. Sie hat mit einem Schlag die besten Überlebenschancen aller alteingesessenen Presseinstitutionen abbekommen.