30. Mai 2014 Lesezeit: 3 Min.

Die 3 Gründe, warum Apple Beats übernimmt: Iovine, Marke und Musikstreaming

Jimmy Iovine, Tim Cook, Dr. Dre und Eddie Cue

Nach  den sehr offensichtlichen Gerüchten der letzten Tage ist die Übernahme nun offiziell: Apple übernimmt Beats für drei Milliarden US-Dollar.

Die Gründe, die sich nun langsam in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten heraussschälen werden, haben nicht nur mit Musik zu tun.

Wie ich bereits während der ersten Gerüchte vermutet habe, scheint es ein Bündel aus drei Gründen zu sein, warum Apple den populären Kopfhörerhersteller und Streaminganbieter Beats übernimmt:

1. Grund Jimmy Iovine: Jimmy Iovine wird Apple-Manager. Apple braucht wie alle anderen Tech-Konzerne auch die Kooperationswilligkeit der Entertainmentindustrie, um auf den eigenen Plattformen Musik und Filme anbieten zu können. Einen Insider und Veteran dieser Industrie im eigenen Unternehmen als für die Beziehungen mitverantwortlichen Manager zu haben, ist sehr wertvoll. Den Wechsel von Iovine in die obersten Apple-Riegen kann man nicht hoch genug einschätzen. Vor allem, da Apple nicht mehr wie in den Anfangstagen von iTunes und iPod ein kleiner Underdog ist, sondern mittlerweile einer der einflussreichsten Konzerne der Welt darstellt. Das macht Verhandlungspartner vor allem angesichts der Marktanteile von iTunes zu recht vorsichtig.

2. Grund Musikstreamingdienst: iTunes ist nach wie vor stark im Downloadgeschäft. Der Musikkonsum im Massenmarkt bewegt sich aber weg vom Kauf und Besitz und hin zu (On-Demand-)Streaming und Zugang. Apple hat iTunes Radio, eine Art eigenes Pandora, das werbefinanziert oder in Verbund mit iTunes Match werbefrei ist.

Apple hatte aber bisher nicht: Einen On-Demand-Streaming-Dienst. Eine Präsenz auf anderen Plattformen wie beispielsweise Android.

Statt iTunes nun nach Android zu bringen, können sie das existente Beats weiterbetreiben und ausbauen. Da Streaming auch eine Social-Komponente hat, ist die Plattformagnostik auch für Apple nicht optional.

Hier kommt auch wieder Iovine zum Tragen. Wenn ein Streaminganbieter übernommen wird, verfallen die ausgehandelten Verträge mit den großen Rechteinhabern (den verbliebenen Majorlabeln) und müssen neu verhandelt werden. Eine Apple-Übernahme von Spotify oder Rdio hätte diesbezüglich ein Desaster werden können. Iovine ist quasi eine Art Absicherung für Apple, dass sie nicht einen Streamingdienst übernehmen und danach, weil die Majorlabels keinen neuen Verträgen zu für Apple akzeptablen Konditionen zustimmen wollen, ohne Musik auf diesem Dienst dastehen. Iovine könnte auch bereits im Vorfeld des Deals die Lage sondiert und geklärt haben. Das wäre allerdings im legalen Graubereich.

Last not least, passt auch der Kurationsansatz von Beats hervorragend in die (diesbezüglich etwas rückwärts gewandte) Philosophie von Apple. Ein Bonuspunkt, mehr aber nicht.

3. Grund Marke: Die Größenordnung, in der sich Apple mit seinem internationalen iPhone-Geschäft bewegt, übersteigt die gesamte weltweite Tonträgerindustrie:

Musikindustrie: Globaler Umsatz im Vergleich

Apple braucht Musik auf seinen Plattformen. Das ist aber längst ein Hygienefaktor geworden. Auch Streaming bewegt hier nicht mehr die Umsatznadel. Die ersten beiden Gründe wären also vielleicht nicht genug gewesen, um ein Unternehmen wie Beats zu übernehmen. Der dritte Grund könnte der weitaus wichtigere werden. Es ist der Grund, warum Beats  die erste Übernahme in der Firmengeschichte von Apple ist, bei der die Marke des Unternehmens anschließend erhalten bleibt:

Beats hat es mit seinen Kopfhörern geschafft, erfolgreich vor allem junge Menschen davon zu überzeugen, teure Hardware zu kaufen und zu tragen, mag man von den Produkten halten was man will. Beats ist eine Marke der jungen, hippen Menschen. Von Samsung über Google bis Apple vollziehen gerade oder planen die großen Hardwarehersteller den Einstieg in den noch fast nicht existenten Markt der Wearables. Wearables sind kleine Computer, die man am Körper trägt und die unterschiedliche Funktionen übernehmen können. Nikes Fitnesstracker, das Fuelband, ist beziehungsweise war so ein Wearable. (Der berichtete Rückzug von Nike aus dem Geschäft lässt sich auch als ein weiteres Signal des bevorstehenden Starts der Wearables-Kategorie bei Apple lesen. Apple-CEO Tim Cook sitzt im Board of Directors bei Nike.) Wearables sind neben dem "vernetzten Haus“ logische Erweiterungen der Smartphoneplattformen.

Kopfhörer sind Wearables. Beats ist eine hervorragend etablierte Marke. Tim Cook hat, wenn er nach Wearables gefragt wurde, in Interviews immer betont, wie schwer es ist, junge Menschen davon zu überzeugen, beispielsweise eine Uhr zu tragen. Das ist, zumindest aktuell, schlicht nicht modisch. Eine Marke wie Beats kann diese Herausforderung für Apple zumindest abschwächen.

Deshalb wird es in naher Zukunft, vielleicht in einem Jahr, vielleicht bereits zum Weihnachtsgeschäft diesen Jahres, erste Beats-Produkte geben, die keine Kopfhörer sind.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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