29. Juli 2008 Lesezeit: 3 Min.

Facebook, Cuil und die Goldfische

goldfish

Goldfisch: "Facebook nicht mehr spannend"

Shinyshinyshiny.

Das Einzige, was in der Gunst von Techbloggern ebenso hoch steht wie ein Scoop ist a shiny new thing zum Drüberbloggen.

2006 war die Hochzeit für diese aufregenden neuen Dinge, neue Konzepte an jeder Ecke. Wortwörtlich an jedem Tag fand man auf Techcrunch das Review eines Webdienstes, der neu und aufregend anders war (Die Älteren mögen sich erinnern: Es war die Zeit als Arrington TC noch allein betrieb und es tatsächlich um Webstartups ging und nicht um Microsoft-Deals und dergleichen). Es war die Zeit, in der Dienste wie Techmeme, netvibes, digg, del.icio.us und unzählige andere entweder starteten oder groß wurden.

Wenn ich jetzt lese, dass facebook ein bisschen langweilig geworden ist, kann ich dem nicht widersprechen. facebook hat 2007 mit der Öffnung seiner Plattform das Thema des Jahres bestimmt. Und allen gezeigt, wo die Reise  hingehen wird.

Jetzt machen sie kleine(re) Schritte. Weniger aufregend, weniger spannend.

Aber ist das wichtig? Es macht mehr Spass, über spannende Dinge zu schreiben. Aber sind die 'unspannenderen' Dinge plötzlich nicht mehr signifikant?

Die Relevanz liegt oft nicht mehr so offensichtlich an der Oberfläche zum Greifen bereit. Und alles klingt weniger spannend. Man muss schon etwas genauer hinschauen bisweilen.

Ein Beispiel?

Facebooks Friend Connect in Verbindung mit der iPhone-Plattform . Wie langweilig. Oh rly? In ein, zwei Jahren kann das zu einer Explosion an location based Services führen, weil die Hemmschwelle so weit wie möglich damit abgesenkt wird: Ein auf die mobile Nutzung des Webs zugeschnittenes Gerät in Verbindung mit einer Plattform für Applikationen und einem Instant-Social-Graph vom der Welt größten Social Network. Local Web ick hör dir trapsen.

Noch etwas, das mir zunehmend auf den Keks geht: Niemand in der Techblogosphäre scheint sich mehr darum zu kümmern, welche technischen Leistungen im Hintergrund erbracht werden. Twitterbashing zum Beispiel ist leicht, wenn man keinen Gedanken mehr an die technischen Herausforderungen verschwendet.

Und Facebook etwa hat im Hintergrund etwas Beachtliches geschaffen. Sie haben eine Plattform für unzählige Millionen von Nutzern geschaffen, welche von Drittanbietern auf eine tiefgreifende Weise in Anspruch genommen werden kann. Und das alles ohne signifikante Ausfälle oder Instabilität. Etwas, das selbst Google(!) bis heute nicht hinbekommen hat. OpenSocial ist nach wie vor mehr ein Witz als alles andere. Nur um das nochmal zu wiederholen: Ein Startup hat etwas geschaffen, was der Elefant Google selbst nach bald einem Jahr nicht auf die Reihe bekommt. Und sie entwickeln sich weiter -> Das größte Social Network der Welt. Die am weitesten entwickelte Plattform. Und jetzt Friend Connect.

Nicht spannend my ass.

Lesenswert:

und on related news:

Goldfisch: "Das muss sofort krachen, muss das!"

Die Leute, die sich am Launchtag(!) eine neue Suchmaschine (siehe Artikel auf netzwertig.com als nüchternes Beispiel) anschauen, und wie 14-jährige "Fail!" rufen, weil noch nicht alles so klappt, wie man das vom Marktführer gewöhnt ist, haben bei ihrem ersten Besuch auf Google wahrscheinlich auch höhnisch gelacht und sich wieder altavista zugewandt, nicht aber bevor sie nicht jedem erzählt haben, was für'n Scheiß diese neue Suchseite mit dem komischen Namen doch ist.

Ob Cuil in naher Zukunft schon wieder vergessen ist oder ob es in einem Jahr anfängt, für Kopfschmerzen bei den Leuten im Googleplex zu sorgen? Who knows.

Ich weiß es nicht. Aber eins weiß ich: Man wird bestimmt keine Erkenntnis darüber am Launchtag mit einer Handvoll Searchqueries erlangen.

Nach dem eigenen Namen suchen, nichts finden, FAIL rufen und bloggen "guckt mal! was für'n scheiß!", ist, sorry, das typische deutsche Blogosphärenkindergartengehabe für das man sich nur fremdschämen kann.

Ich empfehle stattdessen allen Beteiligten folgende Lektüre: Can Cuil, Built for the Long-Term, Win the "Instant Analysis" Battle?

Was ich eigentlich sagen wollte:

Mir geht diese oberflächliche Attentionspan-like-a-Goldfish-Mentalität gehörig auf den Keks.

(pic: dave apple)

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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