Daniel A.J. Sokolov und Ingo T. Storm auf heise online über eine besonders extreme Folge des pervertierten Copyrightsystems:
Die Melodie von "Happy Birthday" soll 1893 von den Kindergärtnerinnen Patty und Mildred Hill als morgentliches Begrüßungslied zu einem Text "Good Morning to All" komponiert worden sein. Noch im selben Jahr erschien das Lied in einem Kindergartenliederbuch. Wer den geläufigeren Geburtstagstext schrieb und wann dies geschah, ist bis heute nicht sicher geklärt. Dennoch wurde die Kombination aus Melodie und Happy-Birthday-Text 1935 für Copyright registriert und sollte 1991 gemeinfrei werden. Neue Gesetze verlängerten die Schutzfrist in den USA zweimal, und so hält Warner Music das Copyright an der Kombination von Musik und Text zumindest bis 2030. In der EU soll das Urheberrecht Ende 2016 ablaufen, sofern keine weitere Fristverlängerung erfolgt.
Kein vernünftiger Mensch kann behaupten, das Recht wäre hier noch zum Wohl der Gesellschaft. Niemand kann behaupten, "Happy Birthday" wäre nicht entstanden, wenn es nicht bis 2030 nur kostenpflichtig benutzbar bleibt.
Das Free Music Archiv ruft nun zu einem Wettbewerb für ein freies Geburtstagslied auf.
Das Copyright auf "Happy Birthday" ist übrigens höchstwahrscheinlich nicht gültig. heise:
Dass der bayerische Mathematiker, Musiker und Kabarettist Dieter Paul schon 1980 nachwies, dass Happy Birthday das schamlose Plagiat eines bayerischen Volkstanzes ist, verhallte weitgehend ungehört. Doch nun hat der Rechtsprofessor Robert Brauneis die Geschichte des Liedes erforscht. Zwar hält er die Originalität für ausreichend, sieht aber das Copyright nach US-Recht als ungültig an. Es sei nicht erwiesen, wer den Text geschrieben habe, die ursprüngliche Registrierung sei ungültig, und es seien keine ordentlichen Verlängerungsanträge gestellt worden.Das ficht Warner Music aber nicht an, für öffentliche Aufführungen Geld zu fordern.
Wer kann es Warner Music bei Einnahmen in Millionenhöhe allein in den USA verübeln?
Das ist das Problem mit exklusiven Rechten, egal ob Copyright oder Leistungsschutzrechte. Im Zweifel werden sie wahrgenommen und es wird unrechtmäßig Geld eingezogen. Ein Konzern hat eine Rechtsabteilung, die Public Domain nicht. Letztere ist systemisch so lang im Nachteil, bis die Gesetzgebung geändert wird.
Und diese müsste grundlegend geändert werden, um solche Unverschämtheiten zu beenden oder zumindest einzudämmen.