9. Mai 2007 Lesezeit: 2 Min.

IFPI trifft Merkel - und fordert, den Internetzugang von P2P-Usern zu kappen?

Die Topmanager der IFPI, auch bekannt als die internationale Musikindustrie, trafen sich gestern nach Bundesjustizministerin Zypries mit Bundeskanzlerin Merkel. Abgesehen von Hinweisen zu diesem Treffen habe ich auf deutschen Blogs keine weiteren Infos dazu gefunden. Nur die Texte auf den Seiten musikwoche und musikmarkt. Die sich in Teilen, wie zB den Zitaten, so weit ähneln, dass ich mal vermute, sie wurden auf der Basis einer Pressemitteilung gestrickt. Genauere Infos zu den Treffen findet man dort nicht.

Beim Torrentfreak lese ich jetzt Folgendes:

Indeed, the IFPI have something specific in mind. They would like to ‘introduce an obligation on ISPs to terminate service to subscribers abusing the service to make infringing content available’. Potentially, that means terminating your internet access if you’re caught uploading one track.

Auf deutsch: Die IFPI fordert ein Gesetz, das Internetprovider verpflichtet, Kunden die beim illegalen Upload erwischt werden den Internetzugang zu kappen. Wow. Vielleicht gleich am besten ohne Umwege wie Staatsanwaltschaft und ähnliches einzuschalten, und gleich über weitergeleitete IP-Adressen von der Musikindustrie?

Eine ausführlichere Liste von Beweisen des Größenwahns der IFPI-Manager den Forderungen der IFPI gegenüber der deutschen Regierung listet billboard.biz:

The delegation urged the German government to enact a set of key points, namely:

* Introduce an obligation on ISPs to terminate service to subscribers abusing the service to make infringing content available
* Permit CD burning only from own legally purchased original and prohibiting copying by third parties
* Improve the German draft law implementing the EU Enforcement Directive to ensure proper tools to fight piracy
* Ensure that the EU plays an active role in the WTO case against China on Intellectual Property enforcement and market access
* Urge the Czech government to clean up the huge pirate markets on the Czech-German border
* Support an improvement in the length of the EU term of protection on sound recordings to match the level of protection provided in the U.S.

Jetzt könnte man ja einwerfen, was für alberne Forderungen das größtenteils sind, nicht umsetzbar. Könnte ich sagen, das hält unsere Politiker schon lang nicht mehr ab, diese Forderungen in Gesetze zu gießen und das ganze einen fairen Kompromiss zu nennen.

Es gibt aber auch positive Nachrichten: Es scheint die Lebenserwartung in Deutschland neuerdings drastig gestiegen zu sein.

Stellvertretend für 27.000 Künstler aus ganz Europa - die eine entsprechende Petition unterschrieben haben - sagte Udo Jürgens: "Immer mehr Künstler müssen die bittere Erfahrung machen, dass ihre frühen Aufnahmen und ihr geistiges Eigentum ohne ihr Wissen, ihren Einfluss und ohne eine Entschädigung veröffentlicht und kommerziell ausgewertet werden." Die Künstler, davon 14.000 aus Deutschland, fordern deshalb eine Angleichung ihrer Schutzfristen von bisher 50 auf 95 Jahre wie in den USA.

(musikwoche, Hervorhebung von mir)
Sehr gut, bei Umsetzung könnte der Urheber dann auch noch mit 120+ Jahren von seiner längst vergangenen Popkarriere leben. Wieder ein Problem gelöst.

NACHTRAG: Netzpolitik.org fragt:

Wo sind wir dahin gekommen, dass die Musikindustrie sich wünscht, dass man vom Netz zur Strafe ausgeschlossen wird, wenn man Musik zu nicht-kommerziellen Zwecken tauscht, wie früher auf dem Schulhof? Kein Zugang mehr für Tauschbörsennutzer?

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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