Hi,
nächste Woche bin ich auf der K5-Konferenz, unter anderem auch auf der Bühne. Deshalb fällt das öffentliche Briefing nächste Woche aus. Das Mitgliederbriefing erscheint wie gewohnt diese und auch nächste Woche Freitags.
Marcel
Im Fokus dieser Ausgabe:
- Wenn Apple auf einen Mix von Sprachmodellen für seine KI-Lösung setzt, dann kann, nein sollte, das auch ein Vorbild für Unternehmen in Europa sein. Entscheidend ist die Grundsatzentscheidung der Abkehr vom Einsatz eines monolithischen Modells. Eine präzisere Outsourcingentscheidung bei LLMs, wenn man so will. This is the way.
- Europa muss den Willen zur Gestaltung wiederfinden, egal wie.
- Die chinesische Regierung verkündet offiziell, dass chinesischer Onlinehandel im Stil von Temu den vollen industriepolitischen Rückenwind bekommt. Die neue Seidenstraße fusst auf Onlinehandel.
- und mehr
Zitat des Tages
"Patterns are funny things, for you can see them your entire life without ever noticing them. But once you finally notice, they appear everywhere."
Jim McKelvey in The Innovation Stack (via)
Branchenübergreifende, einmal gesehene und dann an anderen Stellen beobachtbare Patterns zu identifizieren und mit Euch zu teilen, ist mein Roman Empire.
Zweitplatzierter:
Publishers are one of many actors, competing with TikTok kids and the grocery store chain hopped up on shopper data. They're not winning.
US-Medienexperte und Insider Brian Morrissey fasst die Machtverschiebung im Werbemarkt konzis zusammen. Man beachte auch die anonymisierten Zitate von CEOs diverser Publisher in seinem Newsletter.
Themen der vorherigen Mitglieder-Ausgabe
Nexus 213: Direkte und indirekte Folgen von Apple Intelligence:
- Zitat des Tages
- Podcastempfehlung der Woche
- Direkte und indirekte Folgen von Apple Intelligence
- ✴️ Mehr Wissenswertes
Das Nexus-Briefing erscheint zwei Mal die Woche, einmal öffentlich Dienstag oder Mittwoch und einmal Freitags für Mitglieder mit besonders leckeren neuen Patterns und Einblicken.
Wo ist Europas Gestaltungswille beim Social Web? (Aufzeichnung meines re:publica-Talks)
Mein Talk von der re:publica ist jetzt online: Wo ist Europas Gestaltungswille beim Social Web?:
re:publica 2024: Marcel Weiß - Wo ist Europas Gestaltungswille beim Social Web?
Es geht um ActivityPub und das völlige Desinteresse in der EU an diesem Thema, gemessen daran, dass man sich die letzten 15 Jahre lautstark von US-Konzernen bei der Infrastruktur der Onlineöffentlichkeit emanzipieren wollte.
Und daran anschließend die Frage, ob wir in Europa überhaupt noch das Mindset an entscheidenden Stellen haben, um Dinge zu gestalten. Und wie wir das zurückbekommen. (Mit dem Zeigefinger wedeln und sagen "so aber nicht" ist nicht gestalten.)
Darüber hinaus lässt sich dieser fehlende Gestaltungswille natürlich in nahezu allen Belangen beobachten, von digitalen Rahmenbedingungen bis zur eigenen geopolitischen globalen Positionierung.
Es fehlt an Visionen, und das wird immer stärker sichtbar.
Ein inhaltsloses "Dagegen" bringt uns nur Cookie-Banner und AI-Acts. Das reicht nicht. 'Dagegen' kann immer nur eine Folge aus dem sein, 'für' das man ist. Hint: Dieses 'Dafür' kann an sehr vielen Stellen nicht der Status Quo sein, weil diesen aufrechtzuerhalten unrealistisches Wunschdenken ist.
Die Zukunft wird aktuell ausschließlich außerhalb der EU, und vor allem in USA und China geschrieben.
Siehe dazu auch unten zum Onlinehandel.
Wie mächtig macht KI die großen Plattformen? (Zu Gast bei Breitband)
Ich war zu Gast in der Breitband-Sendung in Deutschlandradio Kultur und habe dort über Apple Intelligence und Circle to Search und die Folgen für mobile Apps gesprochen.
Podcast-Empfehlung der Woche: Über den VÖBB-Chatbot
FS279 Und wir tragen Sonnenbrillen | Freak Show: Ab Minute 23, auf der Website im Player direkt anwählbar in der Kapitel-Sicht, spricht Ralf Stockmann hörenswert über die Einführung eines auf GPT-3.5 basierenden Chatbots/Suche beim Berliner Bibliotheksverbund VÖBB.
🇪🇺 Europa
Seufz.
🤖 KI
Was Unternehmen in Europa von Apple Intelligence lernen müssen
Meine Erkenntnis diese Woche ist für mich ein bisschen der Stein von Rossetta was Europa und KI angeht.
Es ist klar, dass Europa keine LLMs hat, die auch nur annähernd auf dem Niveau von GPT-4o, Claude 3 oder dem besten Gemini-Modell sind.
Es ist auch klar, dass das nachteilig für die europäische Wirtschaft werden wird, weil die wirtschaftliche Abhängigkeit Richtung USA noch direkter wird mit der Einbindung von LLM-basierten Lösungen auf nahezu allen Wertschöpfungsebenen.
Als ich im November 23 begann, für die FAZ zu schreiben, war schnell eines meiner Themen, dass Open-Source (oder, ohne jetzt abzuschweifen, "offene") LLMs der Kern der Antwort in Europa sind.
Wir haben nicht die Expertise für die großen Frontier Modelle und, wichtiger noch, wir haben nicht die GPU-Supercluster für das Training. Wir haben keine europäischen Hyperscaler. Das ist blöd, aber Tatsache, let's move on. Open Source also, also schreib ich darüber und pitche es. So sehr, dass es intern ein running gag wird.
Now, unter uns Pfarrerstöchtern, die offenen Modelle werden zwar erstaunlich schnell besser (What doesn't in AI, Marcel? OK, fair point.), aber sie rennen aus Gründen qualitativ den proprietären Modellen in vielem hinterher & das wird sich so schnell oder nie ändern.
Flashback zu Frühling 2023. Wir sitzen alle fassungslos vor der Entwicklung. Gemeinsam mit INNOQ schreibe ich ein Briefing zum Einsatz von LLMs (immer noch lesenswert!). Im Rahmen dieses Hurrikans beginne ich, mich mit KI-Newslettern einzudecken als würde mein Überleben davon abhängen, vielleicht brauche ich Therapie. Während meiner frenetischen Recherchearbeit auch für neunetz.com stolpere ich das erste Mal über den Begriff "Modell-Kaskaden". Forscher:innen untersuchen die Vorteile, wenn verschiedene Modelle miteinander verbunden werden.
Ende 2023 beginne ich, für die FAZ regelmäßig über die KI-Forschung zu berichten. Immer wieder tauchen Paper zu Modell-Kaskaden auf. Naheliegend: Arbeitsteilung ist ein sinnvolles Prinzip, warum nicht auch hier. (Modellinterne Arbeitsteilung nennt man MoE. Mistral AI setzt das erfolgreich ein.)
Die aufmerksame Leserin wird hier vielleicht bereits an Apple Intelligence denken. Auch Apple setzt auf eine Architektur aus mehreren eigenen & fremden Modellen.
Modell-Kaskaden mit eigenen kleinen & großen externen Sprachmodellen sind die Antwort.
Der konkrete Mix ist nicht entscheidend. Entscheidend ist die Grundsatzentscheidung der Abkehr vom Einsatz eines monolithischen Modells. Eine präzisere Outsourcingentscheidung bei LLMs, wenn man so will.
Das ist die Blaupause für die gesamte europäische Wirtschaft, um in KI aufzuholen und eigene Produkte und Strukturen zu schaffen. Ich denke hier nicht nur aber vor allem an die Kernwirtschaftszweige der EU: Maschinenbau, Auto, Chemie, etc.
Hier der Text im Deconomy-Newsletter der F.A.Z.: KI Sprachmodelle: Was deutsche Unternehmen von Apple Intelligence lernen können
Mein persönliches Gefühl eines Durchbruchs kommt im Text wahrscheinlich nicht so rüber, aber: Europe, this is the way.
Let's go.
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⚖️ Regulierung
Japan reguliert mobile Appstores, aber nicht Konsolen
Japan's parliament enacted Wednesday a law to promote competition in smartphone app stores by restricting tech giants Apple Inc. and Google LLC from limiting third-party companies from selling and operating apps on their platforms.
The law will prohibit the providers of Apple's iOS and Google's Android smartphone operating systems, app stores and payment platforms from preventing the sale of apps and services that directly compete with the native platforms' own.
Laws like this are protectionist attacks that specifically target two U.S. companies -- Apple and Google. The United States should treat this as a trade war, and reciprocate by passing legislation mandating third-party game stores and payments on game consoles from Sony and Nintendo. See how they like it. It's patently hypocritical that Japan's law targets only phones; this law wouldn't exist if Sony were a player in phones and mobile platforms.
Grubers Reaktion ist kindisch, aber die grundsätzliche Kritik ist deswegen nicht falsch.
In weiten, wenn auch nicht in allen Teilen ist es beim DSA und DMA das Gleiche: Das Hauptproblem auch europäischer Regulierung ist, dass ein Ziel über Bande verfolgt wird.
Protektionismus, ohne es so zu nennen. Die Reaktionen der Grubers der Welt, oder gar der Regierungen der betroffenen Unternehmen, sind weitaus weniger wichtig als die ungewollten Kollateralschäden, die man damit im Heimatmarkt anrichtet.
Regulatorische Ziele indirekt zu verfolgen ist nie eine gute Idee.
🎛 Plattformen
Plattform-Gebühren im Vergleich
Ohne das im Detail überprüft zu haben, diese Grafik finde ich recht anschaulich, um zu zeigen, wie unterschiedlich Plattformen sind. Von "den Plattformen" zu sprechen, ist fast immer so unsinnig, wie von "dem Internet" zu sprechen.
Auf der Flughöhe lässt sich abseits von Theorien und Frameworks fast nichts Substanzielles mehr sagen.
Quelle: Keep the take rate low - by CJ Gustafson - Mostly metrics
🛒 Onlinehandel
Neue Seidenstraße: Chinesisches Handelsministerium verkündet direkte Unterstützung der E-Com-Player "to go global"
Was für eine Bombe.
Die chinesische Regierung verkündet offiziell ihre Unterstützung für chinesische Onlinemarktplätze mit globalen Ambitionen. Think Temu, Shein, Tiktok Shop, AliExpresse und viele bald kommende.
Pressemitteilung des Ministeriums:
Recent years have witnessed a strong synergy between cross-border e-commerce and new types of foreign trade infrastructure such as overseas warehouses. This has greatly facilitated the rapid growth of cross-border e-commerce, which has expanded by over 10 times over the past five years. In the first quarter of this year, the total import and export of cross-border e-commerce grew by 9.6% to RMB577.6 billion, among which the export increased by 14% to RMB448 billion. Based on initial statistics at local levels, China now has over 120,000 cross-border e-commerce entities, over 1,000 cross-border e-commerce industrial parks, and more than 2,500 overseas warehouses that cover a total area of more than 30 million square meters. Particularly, there are more than 1,800 overseas warehouses (spanning more than 2,200 square meters) that are cross-border e-commerce specific.
Jochen Krisch auf Exciting Commerce:
Wer baut die Infrastruktur für den Handel von morgen? im Gegensatz zu Europa oder den USA hat China einen Plan für das 21. Jahrhundert, bei dem zuletzt -- Stichwort „Silk Road E-Commerce" -- zunehmend der E-Commerce in den Fokus gerückt ist.
Temu & Co. werden dabei ermuntert, verstärkt in Überseelager zu investieren und können dabei mit Unterstützung der Regierung rechnen
Was setzt Europa strategisch dagegen? Galeria Kaufhof?
Es ist die neue Seidenstraße (Nexus 210), die hier gebaut wird, weitaus effizienter als das alte Belt & Road:
Entscheidend hier ist die Ausweitung Chinas in der gesamten Wertschöpfungskette bei Konsumgütern.
Siehe auch: Silk Road E-Commerce: Was will Chinas digitale Seidenstraße? – Exciting Commerce
In der kommenden Exchanges-Ausgabe sprechen Jochen und ich über dieses Thema.
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✴️ Mehr Wissenswertes
Snap baut KI-Features weiter aus. Snap ist gut in Produktentwicklung, sollte man also ein Auge darauf behalten. heise:
Die sogenannte "GenAI Suite" ist Teil von Lens Studio, mit dem sich eigene Webcam-Avatare für Videokonferenzen erstellen lassen. Dieses Programm liegt nun in der Version 5.0 vor und steht Nutzern wie Entwicklern zur Verfügung. AR-Entwickler können dies für KI-gestützte Bildgenerierung nicht nur für Snapchat, sondern auch für andere Apps oder Websites anbieten. Snap selbst arbeitet etwa mit Microsoft zusammen und hat letztes Jahr Snap-Lenses in Microsoft Teams verfügbar gemacht, wodurch AR-Filter von Snap als Kamera-Effekte in Videokonferenzen genutzt werden können.
Siehe auch das Videomodell SF-V von u.a. Snap.
Der annualisierte Umsatz von OpenAI lag in den letzten 6 Monaten bei 3,4 Milliarden $ laut The Information.
Ashton Kutcher über KI in Hollywood. Variety:
Ashton Kutcher looks at OpenAI’s generative video tool, Sora, as the future of filmmaking.
“I have a beta version of it and it’s pretty amazing,” Kutcher said of the platform in a recent conversation with former Google CEO Eric Schmidt at the Berggruen Salon in Los Angeles.
He added, “You can generate any footage that you want. You can create good 10, 15-second videos that look very real. It still makes mistakes. It still doesn’t quite understand physics. … But if you look at the generation of this that existed one year ago as compared to Sora, it’s leaps and bounds. In fact, there’s footage in it that I would say you could easily use in a major motion picture or a television show.”
Medienwandel: Zum Abschluss als Rausschmeisser noch einmal Brian Morrissey, aus Cannes berichtend:
The coupons hangover. Google’s helpful content update went after a lucrative hustle for publishers: coupon pages that used the publisher’s distribution heft to generate pure margin. Publishers would freebase that if they could. But that’s gone, leaving another hole in many balance sheets. It also has laid bare the dominant role Google plays as publishers appeal to Google to grant them an exemption. For so long, Google was able to hide behind the algorithm to hand-wave away its role as the arbiter of the internet. These kinds of “manual actions” make that a harder position to take, particularly as regulators poke around in Google’s business.
Wie ich in Nexus 205 schrieb: Wir erleben gerade das Ende von Google als unsichtbarer Plattform, die viele für das Internet hielten.
Keine Regulierung der Welt wird das aufhalten.
Morrissey weiter:
At the end of our dinner on Monday, one executive dryly noted that the path AI companies are taking is clear. They will summarize content on their own. Any negotiation will be around the prominence of the citation or whether publishers will get some kind of fee. More likely, these companies will be AI blenders, creating plausible deniability and mixing enough sources to give their well-paid lawyers enough ammo to fend off the inevitable lawsuits. Oh, hardly anyone I know doesn’t think there will be more legal battles. These deals are at best a truce. [...]
One publishing executive made the case that the current market makes it hard to have much of an ad business without a subscriptions base that fuels it with first-party data.
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