7. Sep. 2009 Lesezeit: 1 Min.

Schlechter Journalismus und Facebook

In der Basler Zeitung hat ein Journalist das gute, alte Ich-habe-eine-These-und-bastle-mir-dazu-anekdotische-Fakten-Spiel gespielt, und zwar in der beliebten Nicht-passende-Fakten-werden-angepasst-Edition. Heute mit Facebook (morgen ist sicher wieder Google dran).

Das kam bei der Basler Zeitung heraus:

«Hans Muster ist kein Fan mehr von Facebook». Diesen Status könnten demnächst mehrere User der beliebtesten Community-Plattform melden. Denn die Zeichen mehren sich, dass Facebook seinen Zenit überschritten haben könnte: Frühere Facebook-Fanatiker loggen sich nur noch einmal im Monat ein, einst aktive Statusschreiber haben noch immer den Status vom 1. August und die Radikalen haben in einer Nachricht an alle ihren Austritt bekannt gegeben.

usw. usf.

Zum Vergleich eine Aussage über Facebooks Wachstum von InsideFacebook, einem US-Blog das die Entwicklung von Facebook verfolgt:

While Facebook’s international audience totaled 34 million people at the beginning of 2008, on the first day of 2009 that number had increased to 95 million – nearly 70% of the total Facebook audience. Today, it’s over 175 million.

What’s more is that dozens of these markets are still growing at double digit rates every month – and for many, those growth rates are increasing. Facebook’s growth rate accelerated by at least 25% in 47 countries in one recent quarter. Its quarterly growth rate more than doubled in 28 of those countries.

Am Ende nennt der Autor des BAZ-Artikels noch die Zahlen, und gibt zu, dass sie steigen, schließt aber mit folgender Aussage:

Allerdings dürften darunter jede Menge Facebook-Zombies sein, User, die sich einmal eingeloggt, aber danach kaum mehr mit dem Portal beschäftigt haben.

Was er dabei unterschlägt: Facebook gibt nur die Zahlen aktiver User an. Nach Facebooks Definition sind das jene, die sich mindestens einmal in den letzten 30 Tagen eingeloggt haben.

Aber das zuzugeben, würde ja die These des BAZ-Artikels widerlegen.

Es gibt viel Kritikwürdiges an Facebook, für das man nicht die Fakten an die eigene Kritik 'anpassen' muss. Was Internetunternehmen allgemein angeht, scheinen dazu aber die meisten Journalisten nicht mehr in der Lage zu sein.

Wie war das mit dem Qualitätsjournalismus, der nur in den Redaktionen möglich ist, und den die Fakten nie checkenden Bloggern gleich nochmal?

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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