Rüdiger Ditz, Chefredakteur von Spiegel Online, hat sich gegenüber Meedia zur Kritik am Umgang von SpOn mit den Afghanistan-Protokollen geäußert und erklärt das eigene Vorgehen. Noch immer gilt anscheinend strikt Print vor Online im Spiegel-Reich:
"Wir haben im Vergleich nicht so gut ausgesehen", gibt SpOn-Chefredakteur Rüdiger Ditz gegenüber MEEDIA zu. Während die Kollegen aus der Printredaktion vier Wochen vor Veröffentlichung die Dokumente sichten und prüfen konnten, sei die Onlineredaktion erst Mitte vergangener Woche in die Arbeit eingestiegen.
Die Print-Ergebnisse durften online auch nicht genutzt werden:
Zudem kam die Geschichte vom Heft. Und da gelte der Grundsatz: Der Titel wird nicht online gebracht – zumindest nicht in der ersten Woche. Man habe um die Titel-Geschichte herum schreiben müssen, so Ditz.
Ich fasse das mal zusammen:
Die Online-Redaktion eines der größten deutschen Nachrichtenportale, das bis vor kurzem noch das reichweitenstärkste in Deutschland war, bekommt zur Aufbereitung des größten Scoops seit Jahren eine Vorlaufzeit von einer halben Woche - ein Achtel im Vergleich zur Printredaktion - und darf gleichzeitig auf die ausführliche Arbeit des Print-Bereichs nicht zugreifen.
Mehr muss man zum Verhältnis des deutschen Journalismus' zum Internet nicht wissen.
Zumindest scheint man etwas gelernt zu haben:
Solche Probleme hätten die beiden Tageszeitungen Guardian und New York Times nicht, hier seien Print und Online stärker integriert. Künftig wolle man sich überlegen, anders an solche Geschichten heranzugehen.
Ob Print-Spiegel und Spiegel Online beim nächsten Scoop dieser Art, wann auch immer das sein wird, dann tatsächlich anders handeln wird, bleibt abzuwarten.
Die Aufbereitung und Verfügbarmachung der Daten auf verschiedene Weise wie es New York Times und Guardian getan haben, könnte SpOn immer noch durchführen. Das gilt ebenso für andere deutsche Nachrichtenangebote. Bildergalerien sind damit nicht gemeint.