Wolfgang Blau auf Facebook zu den Erklärungsversuchen des FR-Insolvenzantrags in der deutschen Presse:
Wenn Zeitungen den Niedergang anderer Zeitungen erklären oder kommentieren sollen, liegt der Niedergang wahlweise an:
a. der (angeblichen) Kostenloskultur der Internetnutzer
b. der Abwanderung von Anzeigenkunden ins Netz
c. an schlechtem Verlagsmanagement
d. der angeblich mangelnden Investitionsbereitschaft von Verlagen und Verlegern, oder neuerdings
e. an Smartphones, die in die Zeitbudgets der Zeitungsleser schneiden.
Das inzwischen fragliche journalistische Konstrukt namens Tageszeitung wird selbst jedoch äußerst selten als Grund genannt. Entsprechend unreflektiert wird in Deutschland auch versucht, Tageszeitungen eins zu eins als Apps zu verkaufen; als ob Zeitungsleser sich nur vom Trägermedium Papier ablösen würden und nicht zuallererst vom journalistischen Konstrukt einer Tageszeitung.
Es ist ausgesprochen schwer, sich innerhalb einer Branche den Strukturveränderungen der Branche selbst zu stellen. Alles sträubt sich dagegen: Kostenstrukturen, Prozesse, Wertschöpfungsnetzwerk, Unternehmenskultur.
Verbindet man das mit einer die Blindheit unterstützenden Arroganz, wie man sie leider noch immer oft in den deutschen Printmedien bei allen digitalen Themen vorfindet, dann steht einer rationaleren Betrachtung sehr viel im Wege.
(Mit Wolfgang Blau geht nun übrigens bekanntermaßen eine der wenigen Leuchtfiguren des deutschen Pressegeschäfts nach Großbritannien.)