20. Aug. 2007 Lesezeit: 3 Min.

Xing, Fellowweb und portable Social Networks

fellowweb-logo

Fellowweb, ein neues Karriere-Netzwerk, das sich als "eine Art 'Xing für Jugendliche'" positionieren will (naja), hat ein Tool entwickelt mit dem man seine Daten von Xing crawlen und nach Fellowweb übertragen konnte. Bis Xing dem einen Riegel vorschub.

Jetzt ist Fellowweb sauer, weil man doch soviel Zeit in die Entwicklung des Tools gesteckt habe.

Eine recht gute Zusammenfassung des ganzen Dramas findet man auf zweinull.cc.

Lediglich einigen der Schlussfolgerungen von Martin auf zweinull.cc möchte ich widersprechen:

Mit dem Schritt wird keinesfalls die Freiheit der Xing-Nutzer eingeschränkt - sondern einzig und allein die Freiheit der Fellowweb-User.

Hm? Meine Freiheit als Xing-Nutzer sollte doch auch darin bestehen, meine Daten notfalls mitnehmen zu können, wenn ich das möchte. This data is mine, innit.

Und dass Unternehmen sich nicht unbedingt als Wohltäter für Wettbewerber betätigen, ist wirklich weder verwunderlich noch verwerflich.

Das Vorgehen ist nicht verwunderlich, richtig. Verwerflich auch nicht, aber -in Hinblick auf die Nutzer und ihre Freiheit- zumindest fragwürdig.

Web2.0-Unternehmen bauen ihr Geschäftsmodell auf genau zwei Säulen auf: Dem User Generated Content und die Infrastruktur drumherum, die so für diesen anbieten. Als Web2.0-Unternehmen bekommt man mehr Vertrauen von seinen Nutzern/Konsumenten entgegengebracht als in vielen anderen Branchen. Außerdem bauen diese Nutzer selbst -als Nebeneffekt quasi- eine Säule für das Unternehmen auf.

Auf dieser Grundlage zu sagen, man tue alles für seine Nutzer, gibt ihnen aber gleichzeitig nicht die Möglichkeit ihre Daten mitzunehmen, ist letztlich nur eins: Heuchelei. Aufgrund der besonderen Beziehung zwischen Nutzer und Webunternehmen sogar äußerst widerwärtige Heuchelei.

An Xing

So sehr das Vorgehen von Xing, besonders aus Wettbewerbsgründen, nachvollziehbar ist. Es zeigt meines Erachtens recht offensichtlich den Standpunkt von Xing auf: Es ist uns egal ob es unseren Nutzern hilft oder nicht, aber wir werden es ihnen so schwer wie möglich machen, unsere Seite mit ihren(!) Daten zu verlassen.

Sweet.

An Fellowweb

Zunächst einmal: Xing hat diese Nutzung ihrer Seite nicht explizit erlaubt. Darauf zu hoffen, dass Xing dagegen nicht schnell vorgehen würde, wäre naiv gewesen. Gelinde ausgedrückt. Allerdings glaube ich hier, wie auch Martin von zweinull.cc, eher an einen PR-Coup seitens Fellowweb. Die Aufmerksamkeit haben sie ja jetzt.

Auch muss sich Fellowweb die Frage gefallen lassen, welche Exportfunktionen sie denn ihren Usern anbieten. Informationen dazu habe ich keine gefunden. Wird hier etwa mit zwei Mass gemessen? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt..

Die Lösung zum bequemen Wechseln zwischen Social Networks

Wird man wohl letztlich ohne Unternehmen wie Xing, Fellowweb oder Facebook finden müssen. Denn auch Facebook hat sich bis jetzt nur in eine Richtung geöffnet, und zwar hinein in die Facebookwelt. Hinaus gibt es bislang nur eine Handvoll Feeds und ein minimales Widget.

Die Lösung wird wohl langfristig (Das kann durchaus Dekaden bedeuten!) das Konzept der portable Social Networks sein. Also eine standardisierte Form der Ausgabe von sozialen Interaktionen. So wie etwa RSS ein Standard (neben Atom) für die Ausgabe und Verbreitung von Content ist.

Besser noch: dezentrale, im Idealfall selbst gehostete, Netzwerkknoten, auf denen man seine Social-Network-Aktivitäten verwaltet. Die Verknüpfung zwischen den Knoten quer durch das Internet ist dann vergleichbar mit der heutigen Vernetzung von Blogs. Nur eben auf weitaus mehr Dimensionen ausgeweitet, um soziale Interaktion abbilden zu können. Das Entscheidende dabei: Es ist, wenn vollständig umgesetzt, dann eben gleichgültig wo der Bekanntenkreis beispielsweise seine Fotos hostet. Die Verbindungen werden unabhängig vom Host, da standardisiert, herstellbar.

In der englischsprachigen Tech-Blogosphere scheint die Geduld mit den SocialNetwork-Anbietern nach der einseitigen Facebooköffnung endgültig zu erodieren. Eine der andauernden Diskussionen diesen Sommer in der US-Techwelt sind eben jene portable Social Networks und deren mögliche Umsetzung.

Ein deutsches Projekt in dieser Richtung gibt es auch schon. Der von blogger.de und Blogscout her bekannte Dirk Olbertz hat mit Noserub ein vielversprechenden Start hingelegt.

[tags]Fellowweb, Xing, Facebook, portable Social Networks[/tags]

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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