Andy Baio hat sich das Verhalten junger Leute auf YouTube (exemplarisch) angeschaut. Von denen glauben viele irrtümlicherweise, es reiche zu schreiben, dass sie keine Rechte an etwas haben, um es legal bereitstellen zu können. Er kommt zu einem meines Erachtens zutreffenden Vergleich zwischen der heutigen Remixkultur und der Ära der Prohibition.
No Copyright Intended – Waxy.org:
Under current copyright law, nearly every cover song on YouTube is technically illegal. Every fan-made music video, every mashup album, every supercut, every fanfic story? Quite probably illegal, though largely untested in court.
No amount of lawsuits or legal threats will change the fact that this behavior is considered normal — I’d wager the vast majority of people under 25 see nothing wrong with non-commercial sharing and remixing, or think it’s legal already.
Here’s a thought experiment: Everyone over age 12 when YouTube launched in 2005 is now able to vote.
What happens when — and this is inevitable — a generation completely comfortable with remix culture becomes a majority of the electorate, instead of the fringe youth? What happens when they start getting elected to office? (Maybe „I downloaded but didn’t share“ will be the new „I smoked, but didn’t inhale.“)
Remix culture is the new Prohibition, with massive media companies as the lone voices calling for temperance. You can criminalize commonplace activities from law-abiding people, but eventually, something has to give.
(Hervorhebung von mir)
Es ist tatsächlich nur eine Frage der Zeit, bis die neu heranwachsenden Generationen mit ihrem neuen, von neuen Kulturtechniken bestimmtem, Verständnis von Urheberrecht eben genau dieses ändern, weil sie die wählende Mehrheit geworden sind und ihre Altersgenossen in Behörden, Gerichten und Regierungen sitzen.
In der Zwischenzeit verabschiedete Gesetze können natürlich trotzdem noch für reichlich Kollateralschäden sorgen.
Interessant ist auch der weiterführende erste Kommentar unter Baios Artikel:
I’ve noticed the same thing. The kids seem to interpret copyright as primarily meaning a claim of authorship.
Perhaps if you grow up in a world where 90% of the media you’ve ever seen was shared or pirated, it seems logical to assume that’s what the © means — it denotes the ultimate origin of the content.
So the more scrupulous sharers point out that someone else has the copyright, or say things like „no copyright intended“, „I don’t own any of this“, etc.
Das ist etwas, über das ich auch schon länger nachdenke: Das Teilen und Verbreiten von Inhalten, selbst wenn es unautorisiert erfolgt, wird als vollkommen normal akzeptiert. Gleichzeitig gibt es kaum etwas schlimmerers, etwas das in den gleichen Kreisen stärker sanktioniert wird, als Inhalte von anderen als von einem selbst auszugeben oder anderweitig mit einem falschen Label zu versehen. Mehr noch: Viele gehen die Extrameile, um die korrekte Benennung und Katalogisierung sicherzustellen. (Deshalb haben Guttenbergs Doktorarbeit und die Filesharing-Debatte nichts mit einander zu tun.)
Dieses Verhalten in der Praxis stimmt mit der Theorie überein: Das keine zusätzlichen Kosten verursachende Weiterverbreiten von Inhalten wird als ok angesehen. Aber es ist extrem wichtig, dass der Urheber richtig genannt wird. Nur so kann die Aufmerksamkeit ihm entsprechend zufliesen.
Der Respekt, die viel beschworene Wertschätzung, ist vorhanden, er äußert sich nur anders, als es die älteren Generationen kennen.
Die langfristige Konsequenz könnte etwas Radikales sein, das vielen Älteren nicht gefallen wird:
Lediglich Namensnennung wird für die heranwachsenden Generationen, die Wähler von morgen, noch schützenswert sein.
Friedemann Karig says
Und die Ökonomie des Geldes wird hier mustergültig von jener der Aufmerksamkeit abgelöst. Müssen sich nur viele Menschen dran gewöhnen, dass diese nicht mehr so direkt monetarisiert werden kann.