Man kann fast seine Uhr danach stellen. In regelmäßigen Abständen wird an den üblichen Stellen die Idee der Kulturflatrate evaluiert oder gleich agitiert.
Als Kulturflatrate wird kurz gefasst die Idee bezeichnet, einen Abschlag auf den Internetzugang zu zahlen, mit dem P2P-Filesharing von urheberrechtlich geschützten Material (zunächst erstmal Musik) legalisiert und finanziert wird. Das eingesammelte Geld würde dann an die Urheber Rechteverwerter ausgezahlt. Wikipedia :
Die Kulturflatrate ist das Konzept einer gesetzlich-geregelten Pauschalabgabe auf Internet-Anschlüsse, die Urheberrechtsvergütungen für digitale Kopien pauschal abgelten soll.
Aktuell fing die Diskussion am Wochenende wieder Feuer aufgrund eines Vorstoßes auf der SXSW-Konferenz :
Das ist zwar im Kern eine Kapitulationserklärung, aber im Gegensatz zu Europa scheinen die Verbände der Musikindustrie in den USA langsam einzusehen, dass sie mit der Keule der Strafverfolgung gescheitert sind. Das Modell, das der Technologie-Berater Jim Griffin, der für drei der vier großen Plattenfirmen arbeitet, zusammen mit Peter Jenner, Chef des International Music Manager’s Forum und früher selbst Manager von Pink Floyd und The Clash, vorstellen will, ist einfach: 5 Dollar im Monat als Aufschlag auf jeden Breitband-Zugang, und das war’s. Das Modell wurde angeblich bereits auf der MIDEM in kleinstem Kreis (nur 50 geladene Gäste) diskutiert und nicht rundweg abgelehnt.
siehe auch Ars Technica (via nerdcore )
Eine „Kulturflatrate“ wird sich nicht durchsetzen, weil sie praktisch nicht umsetzbar ist:
- Man müsste das gesamte(!) Internet überwachen(!)
- Und dann? Bekommt mein Lieblingskünstler mehr vom Kuchen, wenn ich einen Server aufsetze, der permanent dessen Alben runterlädt?
usw.
Weitere Fragen/Problemfelder zu dieser Thematik finden sich auch auf nicorola.de .
Theoretisch haben wir eine Art Kulturflatrate ja in Teilen (Teil: Bezahlen) schon, die wir mit Abgaben auf digitale Speichermedien und -abspielgeräte entrichten. Nur das diese das P2P-Verhalten nicht komplett legal macht, nur dafür kassiert. Schöne Sache.
Eine Kulturflatrate bräuchte eine Institution, die das Ganze regelt. Und diese würde von einer Musikindustrie geleitet, die in ihrer aktuellen Konstellation mehrfach bewiesen hat, dass ihr Kollateralschäden beim Durchsetzen ihrer Interessen herrlich egal sind.
Eine Industrie, die sich nachweislich keinen Millimeter von ihrem eigenen (absurd anachronistischen) Bild der Welt seit 10 Jahren wegbewegen wollte, müsste eine 180°-Wende hierfür vollführen. Das würde nur stattfinden, wenn die Majors die Entwicklung fest, felsenfest, in ihren Händen hätten.
Man schaue sich nun einmal an, wie die GEMA hinter den Kulissen funktioniert und dann sage mir, dass eine Kulturflatrate mit gerechter Verteilung zu erwarten wäre (Einen Anfang einer Ahnung, wie sehr es im Argen mit der GEMA ist, kann man auf Wikipedia erlesen).
Folge des Ganzen: Ein gesetzlich abgesichertes Verwertungsmonopol, das von der Musikindustrie geformt und geleitet wird. Denn alles was kein allumfassendes Monopol ist, also etwa wie auch immer geartete Abomodelle, benötigt DRM und sind damit Totgeburten. Ein solches kontrolliertes Monopol ist also die Lösung? Also ich weiß nicht.
Letzen Endes ist das Konzept ‚Bezahlen für Musikaufnahmen‘ sowieso so gut wie tot, ob man das nun mag oder nicht. Eine Zwangsabgabe an eine sich seit einem Jahrzehnt widerwärtig gegenüber den eigenen Kunden gebärende Industrie mit völlig ineffizenten Strukturen -genau das wäre eine ‚Kulturflatrate‘ letztlich leider zuvorderst- wird daran auch nichts ändern. Es wäre eine Krücke, von deren Nutzung sich ihre Befürworter Olympiamedaillen erhoffen.
Abgesehen davon sind die praktikablen Probleme dieser Idee zusätzlich faktisch nicht zu überwinden.
Musiker sollten sich besser daran gewöhnen, ihren Lebensunterhalt nicht mehr mit Musikaufnahmen zu verdienen sondern mit dem, das sich durch diese ergibt.
Aber das wissen die meisten, wenn auch unbewusst, eh schon.
Hansjoerg says
Ich finde die Idee an und für sich nicht übel nur würde die Umsetzung gegen alle Regeln des Datenschutzes etc verstoßen wenn wirklich pro Download etc bezahlt werden sollte (es müsste ja wirklich *alles* getrackt werden wenn die Auszahlung fair sein sollte). Wobei selbst das nicht aussagekräftig ist, wer 20 Tracks runterlädt löscht oft 18 Tracks und behält nur 2 – und die 18 Artists sollen auch mitnaschen?
Im Endeffekt würde es wohl wieder auf ein Heranziehen der iTunes Charts, CD – Charts, Klingelton Charts und was-weiß-ich-Charts hinauslaufen (wenn die DLs zB Gratis wären und CD zu einem sehr niedrigen Preis verkauft werden würden), die Hälfte der Einnahmen an E-Musik Künstler und Günstlinge verteilt werden, die Länder ihre eigene Abgabe dazuwerfen (passiert hier in .at zB bei den Gebühren für TV/Radio so); ein Apparat für die Eintreibung erzeugt werden (wo innovative Companies wie Siemens um 2900 Millionen EUR ein System hinstellen) und ehemalige Major-Label-Bosse die neuen „Rechtemanagement“-Companies führen.
Auch keine tollen Aussichten ;-)
Rob says
„Musiker sollten sich besser daran gewöhnen, ihren Lebensunterhalt nicht mehr mit Musikaufnahmen zu verdienen sondern mit dem, das sich durch diese ergibt“
Ursprünglich verdienten Musiker nicht durch Aufnahmen, sondern durch Konzerte und die Live-Präsentation ihres Könnens. Dies war nicht nur auf riesigen Konzerten der Fall, sondern es wurden auch viele kleine Konzerte gegeben. Die Fans hatten viel persönlicheren Kontakt zu ihren „Stars“. Lokale Größen waren die Regel. Die aufgenommene Musik war lediglich ein Mittel, bekannt zu werden. Wenn man die heutigen Verdienste bekannter Musiker in der Werbung und TV-Auftritten mit einbezieht, bieten sich immer noch sehr große Gewinnspannen – zumindest wenn man Musikstücke mit anderen künstlerischen Werken vergleicht…
Marcel Weiß says
Hansjoerg: Eben, sehe ich auch nicht als etwas erstrebenswertes.
Rob: Genau so sehe ich das auch. Durch die effiziente Distribution über das Netz werden auch viel mehr Musiker Fangemeinden aufbauen können, von denen sie leben können ohne auf Plattenverkäufe angewiesen zu sein. (Verbreitung des Long Tails)
Carsten Pötter says
Ich glaube ja nicht, dass da einzelne Tracks abgerechnet werden sollen, sondern eben pauschal wie bei der GEMA. Und die 5 Dollar (in D dürfen wir sicherlich von 5 Euro ausgehen) nimmt der ISP ein. Also gleich noch die Inkasso für die Musikindustrie. Tolle Idee! ;)
Kulturflatrate mache ich nicht mit. Ich habe nicht einen einzigen illegal geladenen Track oder gebrannte CD. Ich mag FLAC, MP3,… noch nicht mal wirklich (von Netlabels mal abgesehen). Und jetzt soll ich noch 60 (Dollar oder Euro) im Jahr für etwas zahlen, was ich weder nutzen werde, noch was die Künstler unterstützen dürfte, die ich gut finde?
Wenn ich mir mal so ein paar Bekannte, Arbeitskollegen,… ansehe, dann geben die im Jahr nicht so viel Geld für Musik aus. Und bei den meisten bezweifel ich sogar, dass sie illegal Musik aus dem Netz ziehen. Denen reicht die jährliche Zusammenstellung der Hits oder das Album ihres Lieblingskünstlers völlig aus. Und für die 60 Dollar bzw. Euro könnten sie auch ganz legal 60 Tracks bei itunes ziehen.
Eine Kulturflatrate ist schlicht der Versuch, Geld von Leuten zu kassieren, die die sich dahinter verbergende Ware überhaupt nicht wollen.
Marcel Weiß says
Carsten, auch die GEMA basiert auf einem Verteilungschlüssel der sich aus der Verbreitung der Musik zusammensetzt (bzw. so sein sollte). Genau so müsste man das auch im Internet machen:
Dessen Musik 10.000e Mal runtergeladen wird, der bekommt mehr vom Kuchen, als der, der 5 ’nhalb Downloads hatte.
Bei einer Pauschalabgabe würde es natürlich auch viele treffen, die gar nicht so viel für Musik sonst ausgeben. Ich denke, es würde aber auch viele geben, die damit ganz gut fahren würden. Die erstere Gruppe würde dann vielleicht auch mehr Musik konsumieren und ausprobieren, wenn sie so leichten Zugang ohne Zusatzkosten hat. Das hätte schon was Gutes.
Was die Kulturflatrate aber trotzdem nicht unterm Strich praktikabel macht.
Urs Schäuble says
Hi Marcel,
finde Dein erstes Argument gegen die Kultur-Flat nicht so stark, aber das zweite killt sie in der Tat.
Zu Arg. 1: Da die Kulturflat ja nur vom Endverbraucher erhoben würde, es also keine Rolle spielt, wo der Server steht, spielen ja erstmal nur die DSL-Anschlüsse in den westlichen Industrienationen ne Rolle. Da kannst Du schon pauschal einfach 5 Dollar (Euro, Franken etc.) pro Nase abziehen, da Dir die Leute nicht abhauen können.
Zu Arg. 2: Meines Erachtens richtig, die download-rate ist zu verfälschungsträchtig, als dass man darauf einen Verteilungsschlüssel aufbauen könnte. Es bliebe also nur ein ganz pauschales Verteilungsmodell übrig – z. B. 50 % an die Musikindustrie, 50 % an die Künstlersozialkasse -, dass aber rechtlich zumindest in D kaum haltbar sein dürfte.
Foerster says
Wtf…
euer Provider kann euch doch ohnehin auch heute schon aufgrund der IP zuordnen.
Warum kann man dem nicht einfach noch eine Information hinzufügen die vertraulich begandelt wird und (fast) keinem zugägnlich ist.
z.B.
84.845.169
hat heruntergeladen:
-Musik C
-Film Y
– Buch B, C
Ausserdem geht es nicht nur um Musik. Es geht um Fernsehen, Bücher, Filme, Software, usw…. die nun jedem (ob arm oder reich) in kurzer Zeit zugänglich ist. Ich hätte die kosten locker auf 10-20€ pro Monat gesetzt da es ja um jegliche Kultur geht. Die ersparnis entsteht dadurch, dass insgesamt mehr konsumiert wird und so die Erträge für den einzelnen Künstler steigen.
Wo liegt das Problem?
Marcel Weiß says
Du fändest es also gut, wenn Dein Provider Deinen gesamten Internetverkehr permanent überwacht und analysiert? Okay…
pit says
diese argumente koennen als gruende genannt werden koennten warum eine kulturflatrate machbar und durchsetzbar ist.
> Man müsste das gesamte(!) Internet überwachen(!)
irrtum. wenn es der MA reicht mit hochrechnungen zu arbeiten, und das ebenso bei diensten wie compete und alexa sowie x-beliebigen medienstudien der fall ist, dann reicht es nur teile des netzes zu „ueberwachen“. wobei eine anonymisierung der IP daten selbstverstaendlich ist, datenschutzgesetze gelten ja weiterhin.
ueberwachung findet bereits statt, bei last.fm, bei google, bei facebook…
dienste wie big champagne bieten torrent tracker auswertungen als dienstleistungen fuer plattenlabels und filmstudios an.
> Und dann? Bekommt mein Lieblingskünstler mehr vom Kuchen, wenn ich einen Server aufsetze, der permanent dessen Alben runterlädt?
der clickbetrug bei google ad hat in keiner weise deren geschaeftsmodell geschwaecht. ein prozentsatz an freeridern ist normal, ladendiebstahl usw. besser als die GEMA wird eine internetgestuetzte auswertung allemal.
Alex says
Die Sache ist die das es kreative gibt die nciht auftreten können z.b. autoren können sicherlich nciht von lesungen mit leben oder gar Photographen…
und es muss nciht das ganze internet überwacht werden lediglich die download seiten müssen protokollieren was wie oft runtergeladen wird. also z.b. piratebay und co durch irgendwelche charts wird das heute ja uach shcon gemacht mit einigen erweiterungen wäre das dann dei Grundlage für die Ausschüttung der gewinne ( wie genau weiß ich nciht ich bin kein statistiker). und die betreiber der download seiten hätten ja auch ein interesse daran das sie diese daten sammeln und den künstlern eine bezahlung ermöglichen. denn so benommen sie neuen content und verdienen daran dann geld ( werbung irgendwelche premium dienste etc.) und die nutzer wiederum haben ein noch größeres interesse daran auf seiten ihre „wahre“ zu laden die ihre statisiken an die ausschüttungsbehörde weiter leiten, da wie gesagt so neuer content entsteht.
Apan says
Der Internetverkehr wird eh schon überall und von jedem überwacht und analysiert. Hier geht es ums Prinzip: Wer etwas zustande bringt, das anderen zugute kommt, sollte dafür auch bezahlt werden. Freilich, wenn alle Waren gratis werden… Aber da möchte ich die von PirateBay mal sehen, dass die sic nicht bezahlen lassen für ihre Tätigkeit.
Marcel Weiß says
Carsten, auch die GEMA basiert auf einem Verteilungschlüssel der sich aus der Verbreitung der Musik zusammensetzt (bzw. so sein sollte). Genau so müsste man das auch im Internet machen:
Dessen Musik 10.000e Mal runtergeladen wird, der bekommt mehr vom Kuchen, als der, der 5 'nhalb Downloads hatte.
Bei einer Pauschalabgabe würde es natürlich auch viele treffen, die gar nicht so viel für Musik sonst ausgeben. Ich denke, es würde aber auch viele geben, die damit ganz gut fahren würden. Die erstere Gruppe würde dann vielleicht auch mehr Musik konsumieren und ausprobieren, wenn sie so leichten Zugang ohne Zusatzkosten hat. Das hätte schon was Gutes.
Was die Kulturflatrate aber trotzdem nicht unterm Strich praktikabel macht.
tobias says
also ich hab schon eine kuturflatrate. die gibts für etwas mehr als 5 euro/monat bei rapidshare. beziehe von dort filme, musik, spiele – man findet nahezu alles – und auch einen großteil der bücher die ich lese.
ich würde meinetwegen auch 20/30€ im monat dafür hinlegen, wenn es dafür legal werden würde und die kohle nicht an ein einziges unternehmen (rapidshare) ginge, sondern an die urheber verteilt würde.
wie das ganze aufgeteilt wird ist allerdings eine gute frage. persönlich halte ich nicht viel von filesharing. ich fände es besser wenn zum beispiel von 10 euro gebühren 1 euro in „Speicher/Verteiler“-anlagen investiert würde, also so wie es jetzt schon illegal bei rapidshare uploaded und all den andern one-klick hostern gemacht wird. dort wird alles gespeichert und jeder kann es sich immer schnell runterladen. damit entfällt zum beispiel die lästige suche nach torrents MIT seedern bei seltenem content. außerdem wäre die kontrolle was wie oft geladen wurde bei einer solchen zentralen anlage auch einfacher und entsprechend dann auch die aufteilung der gebühren auf die urheber. man müste sich nur etwas gegen erwähnten betrug einfallen lassen(wiederholtes laden ein und der selben sache um den urheber in der statistik zu pushen).
denke alle werke auf einer plattform zu sammeln sollte auch kein riesen problem darstellen (vn technischer seite her), klappt ja wie gesagt jetzt schon sehr gut, obwohl es erhebliche nachteile gibt. da das ganze zentral un legal aufgerollt würde, müssten nicht, wie es momentan der fall ist, zahllose uploader für hunderte verschiedene warez sites ein und den selben content uppen. es wäre also nicht so, dass, was weiß ich, madonnas neues album 1000fach hochgeladen und gespeichert werden müsste, sondern ein einziges mal würde reichen…
dann noch nen euro für den ausbau der internet-infrastruktur in deutschland abzwacken, damit leute aufm land, wie z.b. ich, auch mal mit mehr als dsl 1000 surfen können und alles ist gut ;)