Es kommt, wie es kommen musste. Ein Artikel in der SZ, einer Publikation, bei der die Autoren bei Internet-Themen schon immer merkbefreit waren, über die Piratenpartei nach den ersten Wahlerfolgen zur Europawahl:
Die Symbolfigur dieser Partei ist der Pirat, ihr Banner zeigt das schwarze Segel. Tatsächlich verbindet diese Partei mehr mit der Piraterie, als ihr selbst lieb sein mag. Nicht nur dass ihr Bewusstsein fehlt, etwas Verbotenes zu schützen und zu befördern. Mehr noch, sie inszeniert den Aufstand der Besitzlosen gegen Reichtum und Macht. Das Internet ist ihre karibische See. Darauf kreuzen die mit teurer Fracht beladenen Lastschiffe, die der spanischen Krone gehören – aber der Pirat, ein notorischer Verlierer, der sich in einen Gewinner zu verwandeln trachtet, erkennt die herrschenden Eigentumsverhältnisse nicht an. Er will sie, in einzelnen Portionen wenigstens, zu seinen Gunsten verändern.
Das ist erst der Anfang. Den Namen wörtlich nehmen ist so einfach, wie erbärmlich. Aber eben einfacher kann die neue Partei es den Diskursgegnern nicht machen.
Ich wünschte, die deutsche Piratenpartei würde sich in „Internetpartei“ oder meinetwegen „Digitalpartei“ oder etwas ähnlich Unverfängliches umbenennen. Es wäre weitaus schwerer, solchen polemischen Nonsense zu verfassen, wenn sich die Partei nicht freiwillig nach Verbrechern benannt hätte.
Ich fürchte allerdings leider, dass sich bei „den Piraten“ jetzt eine Trotz-Haltung einstellen wird, bei der man erst recht für das Beibehalten des Namens ist und sich damit vor allem in’s eigene Fleisch schneidet.
Schade, dabei geht es um nichts geringeres als unsere Zukunft als Gesellschaft.
Und wir brauchen eine Partei, die sich damit ernsthaft befasst und für die gesamte Gesellschaft gegen Einzelinteressen und für ein ausgewogenes Gesamtergebnis antritt.
Aber dafür muss sie sich der Bedeutung ihrer Aufgabe bewusst sein. Wer sich selbst Pirat nennt, dem ist das nicht bewusst. Dem ist seine eigene Trotzhaltung, seine Wahrnehmung als Außenseiter, wichtiger als das, was er vorgibt, erreichen zu wollen.
Der Artikel auf sueddeutsche.de:
Wahlerfolg der Piratenpartei – Aller Welt Feind – Kultur – sueddeutsche.de
Frank Bürger says
Ich kann mich noch daran erinnern, dass „Die Grünen“ ein richtig bescheuerter Name war … aber sowas von!
marcel weiss says
Das Argument zieht nicht. Man kann „Die Grünen“ nicht vom Namen her mit Verbrechern gleichsetzen. Dämlicher Name ist was anderes als kontraproduktiver Name. „Internetpartei“ z.B. wäre auch ein dämlicher Name, aber sowas von! Aber er wäre nicht kontraproduktiv.
marcel weiss says
(Ich hätte natürlich dementsprechend einen anderen Titel für den Artikel wählen müssen, stimmt.)
Andreas Dantz says
Ich habe auch die Befürchtung, dass sie den Namen beibehalten werden wollen. Gebe dir im Übrigen aber vollkommen recht, dass jeder noch so bescheuerte, meinetwegen auch dadaistische, name besser wäre als die piratenpartei. so beschäftigen sich einige leute schon aus prinzip nicht mit denen, weil sie als “bescheuerte spaßpartei“ abgetan werden.
marcel weiss says
schlimmer noch als „bescheuerte spaßpartei“: Partei, die sich offen zu
(Urheberrechts-)Verbrechen bekennt und das „cool“ findet. Der SZ-Artikel
ist erst der Anfang. Das wird noch richtig finster.
Ludwig says
Mir wäre eine Umbenennung auch lieber. Der Name hat als Provokation am Anfang gute Dienste geleistet ;-), aber mittlerweile finde ich die Situation im Gegensatz zu 2006 weit ernsthafter und besorgniserregender. Wir brauchen aus meiner Sicht tatsächlich eine Alternative und Interessenvertretung für digitale Themen und Informationsfreiheit.
Die „Piraten“ sind im Moment unsere einzige Vertretung im Parteiensystem – wenn auch noch unter „Sonstige“. Von Verantwortung zu sprechen wäre vielleicht zu hoch gegriffen, aber die Chance wäre da eine Menge Potential einzusammeln.
marcel weiss says
Keine der anderen Parteien hat das Problemfeld erkannt. Da existiert ein
imho riesiges Politikvakuum. Eine Partei namens „die Piraten“ wird das
nicht füllen können. Wie Du schon sagst, die sind die einzige Vertretung
in diesen Themen. Mit dem Namen bleiben sie aber am Rand.
Leander Wattig says
Ja, schade. Jede Diskussion um den Namen lenkt von den Inhalten ab. Das ist quasi ein Steilpass – gerade hierzulande. Da hilft nur selbst zu gründen … ;)
Unsere Politiker würden doch alle gern den Obama machen. Die Piratenpartei bedient eine Klientel, mit der das tendenziell möglich ist. Warum nutzen die Politiker das nicht? Erkennen sie das Potenzial nicht? Oder ist das Potenzial noch zu gering?
marcel weiss says
Sie wollen die Stimmen der Wähler, aber nicht deren Themen…
Stephan Uhrenbacher says
Der Beitrag spricht mir aus der Seele. Der Name ist sowas von kontraproduktiv und für sich allein genommen schon ein Grund, die Partei trotz inhaltlicher Übereinstimmung nicht zuwählen.
diltigug says
Nur falls es noch nicht bekannt ist, wie die Partei zu ihrem Namen gekommen ist: Die Mitglieder der Partei verstehen ihre Arbeit im Sinne der als Piratensender bekannt gewordenen Radiostationen der 60er und 70er Jahre.
Was die Namenswahl aus meiner Sicht auch nicht besser macht, da schließe ich mich der allg. Meinung hier an.
Robin Feder says
Das Potential einer Internetpartei, die sich mit den Themen Datenschutz, Urheberrecht, Bildungsfreiheit etc. auf Basis des Potentials des Internets auseinandersetzt und sich zum Ziel machen würde auf dieser Basis eine Stärkere Förderung des Mediums umzusetzen um Deutschland / die EU als Technologie/Informationsstandort zu stärken wäre durchaus vorhanden. Im heutigen Parteiengefüge sollte mit den richtigen Themen im Klientel der Jungenwähler durchaus ein Potential vorhanden sein, dass die Partei über die 5% Hürde heben könnte. Das ganze natürlich vor einem Rechtsstaatlichen Hintergrund mit vernünftigem Namen und einem realistischen Parteiprogramm. An der Stelle wäre wie so oft kein Platz für Idealisten, sonder eher für Realisten.
Blogger in die Politik und nicht Politiker in die Bloggingszene
Knut O.E. Pankrath says
Ich stelle mal drei Fragen, weil ich mangels unumstößlicher eigener Wahrheiten nicht den Anschein besonderer Weisheit erwecken möchte:
1) Kann es sein, dass in einer freiheitlichen Bürgergesellschaft JEDEr aufgefordert ist, sich Versuchen der Einschränkung digitaler und anderer Freizügigkeitsrechte durch staatliche und andere tendenziell bevormundende Gruppen zu erwehren?
2) Kann es sein, dass in Deutschland ein grundsätzlicher Diskurs über Ziele, Werte, Chancen und Risiken im digitalen Bereich fehlt, wenn man mal den „unter uns Netizens“ abzieht?
3) Kann es sein, dass es etwas anmaßend ist, wenn „wir Kenner“ das Thema besetzen und uns einbilden, für die vielen daran Desinteressierten mitsprechen zu dürfen?
Ich fasse mich bezüglich der Fragen gern an der einen oder anderen Stelle an die eigene Nase und wünsche mir, dass nicht nur die intellektuell spannenden Spiegelfechtereien zunehmen (OK, SZ-bashing ist an der Stelle oft angebracht und trifft ja auch keinen Kleinen) sondern das Thema in die Gesellschaft auch normaler User und Nichtuser getragen würde. Denn es ist mir zu wichtig, es hysterischen Verbietern, selbstdarstellungsverliebten Einzelkämpfern oder anderen Randgruppen zu überlassen.
Tamponlaser says
Ich finde es auch außerordentlich schade, dass ein eigentlich guter Ansatz durch die Verwendung eines Namens mit illegaler Assoziation von vornerhein unmöglich gemacht wird. Das ist eine nette Provokation, um Aufmerksamkeit zu bekommen – wenn diese Partei allerdings ernsthaft etwas verändern will, muss sie bei ihrem Namen anfangen.
Nur dann wäre diese Partei für mich etwas, für das ich mich ernsthaft engagieren würde. Auch wenn ich durchaus nicht mit allen Zielen einverstanden bin.
insideX says
Wir heißen “Piratenpartei” weil wir etwas ändern möchten, insbesondere in den Köpfen der Menschen. Das du dich über den Namen echauffierst finde ich gut. Nicht gut finde ich das niemand sich über Namen wie CDU/CSU/SPD/FDP echauffiert. Da gäbe es sehr viel darüber zu sagen und zu bloggen.
Übrigens, Pirat kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie “Angreifer”.
marcel weiss says
Das kann ich Dir sagen, warum ich mich über den Namen „Piratenpartei“ ärgere und nicht über CDU/CSU/SPD/FDP: Die letzteren werden von ihren Namen nicht abgehalten, ihre Ziele zu erreichen. Da ich die Ziele der Piratenpartei teilweise teile, ärgert es mich, dass der Name sie massiv zurückhalten wird.
Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich halte diese Diskussion für albern. Nicht ich oder die anderen Blogger und Kommentatoren, die auf das Kontraproduktive des Namens verweisen, sind die Gegner hier: Es sind diejenigen wie der SZ-Autor, die den Diskurs bestimmen und Euch mit solchen Artikeln jede reelle Chance nehmen.
Ist es albern, sich auf den Namen zu beschränken und die Inhalte auszublenden? Ja. Willkommen in der deutschen Internet-Debatte.
Genauso albern ist es aber, aus Trotz einen Namen beizubehalten, der Euch reell Wählerstimmen und jede Chance auf Diskurshoheit nimmt.
marcel weiss says
1.) Ja
2.) Ja, siehe auch meine Artikelserie hier: http://netzwertig.com/tag/deutschland-entwicklu…
3.) Das weiß ich nicht. Sollten „Kenner“ sich nicht immer auf dem Gebiet einsetzen, auf dem sie sich auskennen? Was ist die Alternative? Laien ohne Widerspruch entscheiden lassen? Wir brauchen mehr Diskurs, aber wir brauchen sicher nicht weniger Experten. Schon gar nicht in Dtl. Hier gibt es viel zu wenige, die sich ernsthaft damit auseinandersetzen.
nk1024 says
was soll dieses herumgereite auf dem namen? ein bisschen kenntnis der deutschen geschichte bekommt man heute wohl beim abi nicht mehr vermittelt? der name kostet weder wählerstellen noch sonstirgendwas. und den neunetz-feed bestelle ich jetzt mal fix ab. danke und tschüss.
nk1024 says
und btw.: http://de.wikipedia.org/wiki/Edelweißpiraten
marcel weiss says
LOL
thom says
Was den Alt-68ern ihre Grünen sind den c64ern ihre Piraten.
Aber von wegen „sich … freiwillig nach Verbrechern benannt“: Schon mal beobachtet, wie viele Kinder mit wie viel Begeisterung Piraten und Seeräuber mimen? Ja? Also!
:)
Gaius says
Mehr als der Name stört mich das Symbol. Diese schwarze Flagge erinnert zu sehr an das Logo der Antifa wird also leicht mit links-extrem assoziiert.
Ich persönlich würde mir wünschen, dass die Piraten einen stärkeren Fokus auf die Bürgerrechte allgemein setzen. Denn das „Recht auf Privatkopie“ interessiert nun wirklich keine Sau – jeder crackt eh was er will. Die Piratenwähler, die ich kenne, haben die Piraten wegen der Internetsperren gewählt sowie der sonstigen „Verbots-mentalität“ der GroKa, aber nicht wegen Kopierrechten.
Ya says
Absolut lächerlich, dass ein erwachsener „politisch interessierter“ Mensch nur daran denken kann, eine Partei aufgrund Ihres Namens zu verurteilen.
Schäme dich!
powerleveling says
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Udo Buley says
Marcel Weiss vor 1 Jahr in Bezug auf nk1024
LOL
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