GigaOm verweist auf eine Studie von Forrester Research über ortsbasierte Dienste wie Foursquare und Gowalla. Ergebnis der Studie: Die meisten Befragten nutzen weder ortsbasierte Dienste noch haben sie von ihnen überhaupt gehört:
That’s the main takeaway from a Forrester Research report on the sector, which found that less than 5 percent of U.S. online users have ever used a location-based application on a mobile device. And not only were most respondents not using such services, but almost 85 percent said that they were not familiar with location-based apps at all.
Martin Weigert schreibt auf netzwertig.com bereits über einen Hype (noch) ohne Substanz.
Wenn man den ganzen Tag TechCrunch und Mashable liest, ohne die jeweiligen Beiträge in Kontext zu setzen, könnte man denken, jeder nutzt Foursquare und co. Wenn man dann die Ergebnisse der Forrester-Studie sieht, muss das wie eine Offenbarung erscheinen. Die Ergebnisse waren aber vorhersehbar:
Die technische Ausgangslage: Ortsbasierte Dienste werden auf Smartphones benutzt. Smartphones machen noch immer nur einen kleinen, aber schnell wachsenden Teil der Gesamtheit an Mobiltelefonen aus. Ortsbasierte Dienste laufen über Apps auf diesen Smartphones. Vornehmlich über Apps für iPhone und Android; und beschränkt auch WebOS und BlackBerry. iPhone und Android wiederrum machen nur einen kleinen, wenn auch wachsenden, Teil der Smartphones aus. Was das bedeutet: Nur ein vergleichbar eher kleiner Teil an potentiellen Nutzern ist heute verfügbar. (Dazu kommen noch übliche Probleme von Informationsmärkten, die teilweise auf ReadWriteWeb angesprochen werden.)
Die soziale Ausgangslage: Ortsbasierte Dienste haben von Natur aus einen Nachteil: Sie benötigen im Vergleich zu anderen Diensten des Social Webs stärkere Privatsphäre-Einstellungen, was das Wachstum naturgemäß verlangsamt.
Wachstum: Das Wachstum ortsbasierter Dienste müsste also langsamer sein als das Wachstum im gleichen Stadium bei anderen Diensten. Ganz im Gegenteil: Foursquare hat im April diesen Jahres nach reichlich einem Jahr Bestehen eine Million Nutzer erreicht. Eine Marke für die Twitter seinerzeit zwei Jahre benötigte. Foursquare hat vor wenigen Wochen zwei Millionen User erreicht. (In Deutschland kommt Foursquare wohl auf 20.000 Nutzer. Das klingt nach wenig, ist aber für einen anderthalb Jahre alten Dienst ohne Lokalisierung und unter den oben ausgeführten schwierigen Rahmenbedingungen völlig in Ordnung.)
Das schnellere Wachstum hängt auch damit zusammen, dass das Web über die letzten Jahre vernetzter wurde. Die über Webdienste berichtenden Blogs sind größer und zahlenmäßig mehr geworden. Die Nutzung bestehender Webdienste wie Facebook und Twitter ist explodiert und hilft wiederum dem Wachstum von Webdiensten mit komplementärem Angebot (Informationen verbreiten sich schneller, Word of Mouth wird damit effizienter; zusätzlich können neue Dienste sich auch direkt mit den bestehenden Diensten über APIs verknüpfen). Das Wachstum deutet aber auch darauf hin, dass es sich hier nicht um einen vorübergehenden Hype handelt.
Fazit: Ortsbasierte Dienste sind heute ungefähr da, wo Social Networks wie Facebook 2006 waren. Sie wachsen, teilweise massiv, wie man bei Foursquare sehen kann, aber sind natürlich nicht im Mainstream angekommen, noch nicht. Das ist aber nur eine Frage der Zeit.
Man sollte bei der Berichterstattung über Webdienste immer den Zeithorizont im Auge behalten. Und notfalls, wenn das Dröhnen der Echokammer zu laut wird, einen Schritt zurückmachen, um das große Ganze zu sehen. Weder sind ortsbasierte Dienste heute so bedeutend, wie man bei täglicher TechCrunch-Lektüre vermuten könnte, noch sind sie so bedeutungslos, wie die Ergebnisse der Forrester-Studie vermuten lassen könnten.