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Franz Kafka, die Rechte des Urhebers und geistiges Besitztum

11. Oktober 2010 by Marcel Weiß 6 Comments

In der deutschen Urheberrechts-Debatte wird von vielen oft hervorgehoben, dass dem Urheber (moralisch und überhaupt) das umfängliche Recht zusteht, mit seinem Werk zu machen, was er will, und jedem verbieten zu können, was er will. Manche gehen in ihrer laienhaften Vorstellung vom Immaterialgüterrecht so weit, dass sie eine Gleichstellung von ‚geistigem Eigentum‘ und dinglichem Eigentum fordern.

Franz Kafka hat bekanntermaßen seinem Freund und Nachlassverwalter Max Brod den Auftrag erteilt, nach seinem Tod alle seine unveröffentlichten Werke zu vernichten. Max Brod hat sich dem Wunsch Kafkas bekanntlich widersetzt und Kafkas Werke veröffentlicht.

Was für ein Verlust für die Gesellschaft, wäre Max Brod dem Wunsch des Urhebers gefolgt.

Techdirt weist auf einen Artikel des Juraprofessors Peter Friedman hin, der sich mit dem Thema beschäftigt, wem heute Kafkas Schriften gehören. Unabhängig vom Urheberrecht stellt sich auch die Frage danach, wer einen Besitzanspruch auf Kafkas Handschriften hat. (siehe Wikipedia dazu)

In Israel werden weiterhin juristische Streitereien dazu ausgetragen. Friedman:

Eva Hoffe and Ruth Wiesler, the daughters of Max Brod’s secretary and presumed lover, are claiming that Kafka’s paper are their property and that they should be permitted to sell them. They are being opposed by the National Library of Israel, which is claiming a right to the papers under Brod’s will. Brod brought the papers along with him when he emigrated to Palestine after Kafka’s death.

Im New York Times Magazine ist ein Artikel zum Thema erschienen, in denen der Autor Elif Bautman feststellt:

The situation has repeatedly been called Kafkaesque, reflecting, perhaps, the strangeness of the idea that Kafka can be anyone’s private property. Isn’t that what Brod demonstrated, when he disregarded Kafka’s last testament: that Kafka’s works weren’t even Kafka’s private property but, rather, belonged to humanity?

Ist es nicht in der Tat eigenartig, dass Kafkas Werke Privateigentum sein können? Gehörten Kafkas Werke überhaupt Kafka? Warum kann heute noch jemand Besitzanspruch geltend machen? Ist das gesellschaftlich wünschenswert?

Etgar Keret, ein israelischer Autor, fasst die Situation rund um Kafkas Schriften so zusammen:

If Brod could see what was happening now, Keret says, he would be “horrified.” Kafka, on the other hand, might be O.K. with it: “The next best thing to having your stuff burned, if you’re ambivalent, is giving it to some guy who gives it to some lady who gives it to her daughters who keep it in an apartment full of cats, right?”

Es ist, um es kurz zu machen, ein Chaos. Wem gehört das Urheberrecht an den Werken? Wem gehören die Handschriften? Was ist mit Kafkas Wunsch, seine zu Lebzeiten unveröffentlichten Werke zu vernichten?

Und in welcher Situation wäre eigentlich die Gesellschaft als Ganze am besten gestellt?

Friedmans Standpunkt zur Beziehung zwischen ‚geistigem Eigentum‘ und dinglichem Eigentum:

My real point — and the point that drives a lot of what I write on this blog — is that we confuse things and act to our cultural detriment when we treat intellectual “property” like we treat real property. And that confusion of course extends to the ways we give dead people continued influence over their intellectual and artistic creations.

Masnick auf Techdirt:

[This] is one of the points that we continually try to raise here at Techdirt, with our concern over how copyright has turned away from its intended purpose (promoting the progress) into this false belief that it is about „ownership.“

~

2009 unterschrieben namhafte deutsche Intellektuelle in einem Anflug geistiger Umnachtung den „Heidelberger Appell“, in dem auf eine wirre Art Open Access und Google Books verbunden wurde und als ein Angriff auf das „verfassungsmäßig verbürgte Grundrecht von Urhebern auf freie und selbstbestimmte Publikation“ gewertet wurde. Im Heidelberger Appell hieß es unter anderem:

Es muß [..] allen Kreativen freigestellt bleiben, ob und wo ihre Werke veröffentlicht werden sollen.

Der Heidelberger Appell ging auf die Initiative von Roland Reuß zurück.

Reuß ist Experte für Franz Kafkas Werke und hat unter anderem die „Historisch-kritische Franz Kafka-Ausgabe“ und diverse Sekundärliteratur zu Kafka veröffentlicht.

Roland Reuß, der wohl ebenso wie jeder andere den gesellschaftlichen Gewinn darin erkennen kann, dass Max Brod sich dem Willen Kafkas widersetzte, findet es schlecht, dass Max Brod sich dem Willen Kafkas widersetzte.

~

Ein ausuferndes Urheberrecht (als auch ein Copyright im angelsächsischen Raum), das über die letzten Jahrzehnte zunehmend ausgeweitet wurde und ein um sich greifendes Missverständis, warum dieses Recht überhaupt existiert, nehmen immer mehr Teile der Kultur als Geiselhaft.

Oder anders gesagt: Unsere Kultur wird zunehmend und auf Jahrzehnte hin irreparabel privatisiert, ohne dass diesen gesellschaftlichen Kosten ein entsprechender gesellschaftlicher Nutzen gegenübersteht.

Dass neue Formen des Umgangs mit Kultur wie das Filesharing oder, kommerzielle wie nichtkommerzielle, Mashups hinzukommen, verschärft die bereits bestehende Lage nur. Denn einer Zunahme an kulturellem Potential steht eine Zunahme an Restriktionen gegenüber.

Die Frage, die wir uns als Gesellschaft stellen müssen, ist die, ob der Kompromiss zwischen den Rechten der Urheber und den Rechten der Gesellschaft, um bestmöglichen Fortschritt in allen kulturellen Bereichen sicherzustellen, heute noch gewahrt ist.

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir allerdings erst einmal realisieren, dass wir über einen gesellschaftlichen Kompromiss reden.

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Filed Under: Urheberrecht Tagged With: Franz Kafka, Heidelberger Appell

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About Marcel Weiß

Marcel Weiß, Jahrgang 1979, ist Gründer und Betreiber von neunetz.com. Kontaktaufnahme für potenzielle Zusammenarbeit bitte gern an marcel@neunetz.com.
Er ist Diplom-Kaufmann, lebt in Berlin und ist seit 2007 als Analyst der Internetwirtschaft aktiv. Er arbeitet als freier Strategy Analyst und ist Co-Host des Exchanges-Podcasts und weiterer Podcasts zur digitalen Wirtschaft. Er schreibt als freier Autor unter anderem für "Tagesspiegel Background: Digitalisierung & KI", und hält Vorträge zu den Treibern der digitalen Wirtschaft. Marcel Weiß berät Unternehmen auf der strategischen Ebene. Mehr zum Autor.
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Was Nexus-Mitglieder dazu sagen

  1. Christian Schmidt says

    14. Oktober 2010 at 16:07

    „Ist es nicht in der Tat eigenartig, dass Kafkas Werke Privateigentum sein können? Gehörten Kafkas Werke überhaupt Kafka?“
    Nein, es ist nicht eigenartig, und ja, sie gehörten Kafka, als er noch lebte. Das sind dumme Fragen. Ebenso ist es klar, dass physische Informationsträger wie Papier jemandem gehören. Da ist kein Unterschied zu einem alten Koffer oder dem geerbten Sofa. Der Gesellschaft entgeht ja auch nichts, nur weil Originalmanuskripte in Privathand sind. Das sollte gerade denen einleuchten, die Werke dauernd digital verbreiten wollen und sich dann auf die niedrigen Grenzkosten einen runterholen.

  2. Marcel Weiss says

    14. Oktober 2010 at 16:38

    Warum sind das dumme Fragen? Wenn sie Kafka gehörten, sollte Brod als

    Nachlassverwalter nicht seinem letzten Willen auch folgen, so wie man

    es von Nachlassverwaltern bei Eigentum erwartet?

    Meines Erachtens existiert ein erheblicher Unterschied zwischen

    immateriellen Gütern und materiellen Gütern in dieser Frage, der sich

    am Kafka-Fall besonders stark zeigt.

    Zu behaupten, dass die Fragen dumm seien und die Verhältnisse

    offensichtlich sind, erscheint mir etwas oberflächlich.

    „Der Gesellschaft entgeht ja auch nichts, nur weil Originalmanuskripte

    in Privathand sind.“

    Vorausgesetzt, die Originalmanuskripte wurden schon komplett von

    Literaturwissenschaftlern untersucht. Ich kenne mich nicht gut genug

    mit Kafkas Handschriften aus, glaube aber, dass das nicht der Fall

    ist.

Trackbacks

  1. Das Urheberrecht als gesamtgesellschaftlicher Kompromiss sagt:
    13. Oktober 2010 um 10:24 Uhr

    […] heißt das für das Urheberrecht, das in den letzten Jahren ja stark in der Diskussion ist? Lesenswert. Die Frage, die wir uns als Gesellschaft stellen müssen, ist die, ob der Kompromiss zwischen […]

  2. Der letzte Wille des Kreativen Kafka » Infobib sagt:
    14. Oktober 2010 um 19:34 Uhr

    […] Weiss machte sich Gedanken über Franz Kafka, die Rechte des Urhebers und geistiges Besitztum. Konkret geht es ihm unter anderem darum, dass Roland Reuß im Heidelberger Appell forderte, es […]

  3. Die Woche im Rückspiegel – 41. KW « kadekmedien's Blog sagt:
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  4. Plädoyer für den Autor: Über “Geistiges Eigentum” | unlesbar.de sagt:
    14. November 2010 um 00:50 Uhr

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