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Financial Times Deutschland fordert Enteignung Googles

1. Februar 2011 by Marcel Weiß 11 Comments

Die Financial Times Deutschland (FTD) ist eine Wirtschaftspublikation. Ein Fakt, den man leicht vergisst, wenn man den dort erschienen Artikel mit der reißerischen Überschrift „Enteignet Google!“liest.

Der Autor Peter Ehrlich leitet das FTD-Büro in Brüssel. Bemerkenswert ist, wie er in seinem Artikel keine kohärente Argumentation auf die Beine bekommt.

Die Merkwürdigkeiten beginnen bereits im Lead des Textes:

Die Suchmaschine ist angetreten, das Wissen der Welt allgemein zugänglich zu machen. Doch der Konzern gefährdet das Projekt und stellt den Kommerz an erste Stelle.

Ein Konzern, der Kommerz an erste Stelle stellt? Man ist bei einer Wirtschaftspublikation darüber verwundert? Ernsthaft? Und das widerspricht der im ersten Satz formulierten Aufgabe des Konzerns?

Was ist mit Presseverlagen, Buchverlagen und Nachrichtensendern? Gefährden diese ihr Projekte nicht auch, indem sie den Kommerz an erste Stelle stellen?

Interessant ist auch folgender Satz:

Das Problem ist nur, dass Google nicht in die Regeln der modernen Marktwirtschaft passt.

Das Interessante daran: Es ist eine Aussage, die, würde sie stimmen, viele Implikationen nach sich ziehen würde. Es wäre also gut, wenn der Autor die postulierte Ausnahmestellung begründen würde. Das macht er aber leider nicht.

Neben unerklärten Aussagen finden sich im Text auch schlichte sachliche Fehler:

Wer in Hongkong einen jungen Franzosen einstellen will, kann anhand von dessen Postadresse erfahren, wie das Quartier aussieht (Street View) und was dort so eingekauft und diskutiert wird (Analytics), also den sozialen Hintergrund jenseits der Zeugnisse ermitteln.

Google Analytics analysiert die Besucherströme auf Websites. Diese Daten stehen nur den Betreibern der Websites zur Verfügung, solang diese die Daten nicht an andere weitergeben. Inwiefern Analytics helfen kann, herauszufinden, was an einem beliebigen Ort eingekauft und diskutiert wird, ist unklar.

Neben diesen sachlichen Fehlern, finden sich auch falsche Rückschlüsse und Strohmannargumente im FTD-Artikel:

In der idealen Google-Welt gebe ich das Wort „Rückenschmerzen“ ein, und kurze Zeit später klingelt der Physiotherapeut an meiner Tür. Was im ersten Moment gut klingt, führt auf Dauer zu weniger Auswahl und Konkurrenz.

Das ergibt schlicht keinen Sinn. Ökonomisches Grundwissen kann von Vorteil sein, aber bereits gesunder Menschenverstand reicht dafür aus, um die ideale Google-Welt zu deuten: Google verringert für die betroffenen Transaktionen die Transaktionskosten (konkret: die Informationsbeschaffungskosten). Google spuckt nicht Black-Box-ähnlich ein Ergebnis aus, sondern stellt verschiedenste Informationen bereit bzw. macht diese leichter auffindbar.

Die Folge davon: ein effizienterer Markt. Die Folge davon: Ja, Anbieter minderwertiger Produkte und Dienstleistungen werden tendenziell weniger Absatz verzeichnen können. Ist das schlecht im Sinne eines Wohlfahrtsverlusts? Nein, im Gegenteil.

Wirr geht es weiter beim Begriff des Marktführers, der hier, ich weiß nicht, vielleicht mit einem natürlichen Monopol gleichgesetzt wird? Es ergibt auf jeden Fall weiterhin wenig Sinn, was in der FTD steht:

Wer Marktführer ist, muss nicht mehr das beste Produkt herstellen. Erfolg gebiert Erfolg, und Berühmtheit gebiert Berühmtheit. In seinem Buch „Mentaler Kapitalismus“ hat Georg Franck als „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ beschrieben, wie in der akademischen Welt zunehmend die Zahl der Zitate wichtiger ist für eine wissenschaftliche Karriere als der Inhalt der Arbeiten.

weissgarnix zur angeblich leicht zu haltenden Marktführerschaft:

die Marktführerschaft [ist ]unter Wettbewerbsbedingungen eine saumäßig teure Angelegenheit[..]. Aus einem leicht nachvollziehbaren Grund: Man ist es nämlich schon bald nicht mehr, wenn man nicht wie blöd in Innovation, Werbung und – last but not least – juristische Power investiert. Der Marktführer ist nämlich dummerweise für alle sichtbar, auf ihn machen alle Jagd, auch mittels unlauterer Methoden wie Patentklau und Reverse Engineering.

In der FTD heißt es weiter zum Gewichtungsverfahren von Google:

Die „richtige“ Antwort bei Google ist die, die am häufigsten gegeben wurde. In 80 Prozent aller Fälle dürfte das kein Problem sein, weil sich in den ersten zehn Suchergebnissen eine eindeutige Antwort findet. Aber in den weniger eindeutigen Fällen kann die Mehrheitsmeinung gegenüber der Minderheitenposition bevorzugt und so gefestigt werden. So verstärkt Google den Trend zu einer Welt, die immer einförmiger wird, je mehr sie zusammenwächst.

Abgesehen davon, dass die Ergebnisse von Google und ihre Reichweite überschätzt werden (Social Media relativiert gerade massiv die Bedeutung von Google und co. Ein Trend der die nächsten fünf Jahre sehr stark sichtbar wird): Was ist die Alternative? Man kann leicht auf Nachteile des Vorgehens XY hinweisen. Das einzige, was man damit aber aufzeigt ist, dass Vorgehen XY nicht perfekt ist. Dass Google und seine Gewichtung nicht perfekt sind, dürfte jedem klar sein.

Sehen wir auch hier davon ab, dass eine perfekte Gewichtung nicht möglich ist, weil das letztliche Urteil zum Einen subjektiven Kriterien unterworfen ist (Anbieter A findet, dass seine Site oben stehen sollte, während Konkurrent B der Meinung ist, seine Site müsste ganz oben stehen) und zum Anderen in nicht wenigen Fällen die Quantität der Nennung/Verlinkung das einzige Kriterium zur Gewichtung ist. Sehen wir also von all diesen Umständen ab:

Was wäre eine Alternative zu Googles Vorgehen?

Die Antwort des FTD-Autors dürfte wohl in etwa wie folgt lauten: Statt dem Algorithmus, der die Quantität zählt, lassen wir Experten die Qualität bestimmen. Genau dieser Ansatz ist aufgrund der Masse des Webs gescheitert. (Yahoos von Menschen befülltes Verzeichnis war Googles Algorithmus-Ansatz hoffnungslos unterlegen.) Er würde aber wahrscheinlich auch nicht zwangsläufig zu ‚besserer‘ Qualität führen: Immerhin haben Wirtschaftsexperten einer Wirtschaftspublikation den hier behandelten FTD-Artikel erscheinen lassen. Ein gutes Beispiel, das gegen von Experten besetzte hierarchische Institutionen spricht.

Peter Ehrlich meint weiter zu der von ihm diagnostizierten Tendenz zur Einförmigkeit:

Weil Google von Werbung lebt, darf die Firma diese Entwicklung nicht infrage stellen, sie wird sie im Rennen mit Facebook eher forcieren. Deshalb wäre es besser, die Suchmaschine würde in einen Verein oder eine Stiftung überführt, deren Ziel es ist, die auf der Welt vorhandenen Informationen zu organisieren und zugänglich zu machen.

Ich fasse die Argumentation von Ehrlich zusammen: Google führt also zu weniger Konkurrenz. Das wiederrum führt zu Einförmigkeit. Weil Google von Werbung lebt, muss es diesen Weg zur Einförmigkeit aufrechterhalten.

Ich gestehe: Ich kann es nicht nachvollziehen. Ebenso wenig kann ich nachvollziehen, wie die Umwandlung der dahinterstehenden Organisation von einem profitorientierten Unternehmen in einen Verein etwas an dieser angeblichen Entwicklung ändern soll. (Wahrscheinlich musste die Werbung als Auslöser für das Festhalten von Google herangezogen werden, um das Argument des Google-Vereins überhaupt erst zu ermöglichen. Wir erinnern uns: Googles Fehler ist, den Kommerz an erste Stelle zu stellen.)

Der sich ebenfalls mit dem Text beschäftigende und lesenswerte Kommentar auf weissgarnix.de schließt mit folgenden Worten in Bezug auf den Ruf nach Umwandlung von Google in einen Verein:

Dass mag zwar der Seele des mit der Welt hadernden Kolumnisten schmeicheln, aber wie sich dadurch an der Selbstreferentialität der gesellschaftlichen Kommunikation, am Wirken von “Power-Laws” oder an “Winner takes it all”-Erscheinungen etwas ändern wird: die Antwort bleibt er schuldig.

Die Financial Times Deutschland reiht sich also neben dem Handelsblatt ein in die Reihe deutscher Wirtschaftspublikationen, in denen abstruse Artikel zur Internetwirtschaft erscheinen können, die völlig frei von Informationsgehalt sind.

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About Marcel Weiß

Marcel Weiß, Jahrgang 1979, ist Gründer und Betreiber von neunetz.com. Kontaktaufnahme für potenzielle Zusammenarbeit bitte gern an marcel@neunetz.com.
Er ist Diplom-Kaufmann, lebt in Berlin und ist seit 2007 als Analyst der Internetwirtschaft aktiv. Er arbeitet als freier Strategy Analyst und ist Co-Host des Exchanges-Podcasts und weiterer Podcasts zur digitalen Wirtschaft. Er schreibt als freier Autor unter anderem für "Tagesspiegel Background: Digitalisierung & KI", und hält Vorträge zu den Treibern der digitalen Wirtschaft. Marcel Weiß berät Unternehmen auf der strategischen Ebene. Mehr zum Autor.
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Reader Interactions

Was Nexus-Mitglieder dazu sagen

  1. Dbelca says

    1. Februar 2011 at 07:48

    Als ich die Überschrift auf der FTD gelesen habe, war ja schon klar was davon zu erwarten wäre. Ich konnte trotzdem nicht widerstehen und habe ihn gelesen, was ich aber besser gelassen hätte. Danach hatte ich das dringende Bedürfnis der Kommentierung – aber diese Funktion hat der Verlag in weiser Voraussicht wohl abgeschaltet…

  2. Ulrich Voß says

    1. Februar 2011 at 09:47

    Full Ack.

    Ich war nach dem Lesen des FTD Artikels auch komplett verwirrt. Er ist da wo er versucht eine Argumentationskette aufzubauen genau so wirr wie an den Stellen, wo einfach Behauptungen aufgestellt werden. Ich war überfordert, darauf etwas Sinnvolles zu antworten.

    Nur etwas Häme fiel mir ein: Wie toll ist denn der Satz ganz am Anfang über den Schreiber: „Er googelt fast täglich“? Soll das eine Begründung sein, warum er besonders befähigt ist, eine Kritik über Google zu schrieben?

    Generell schreibt Ehrlich eine Menge Sachen, die man analog auch auf jedes Presseerzeugnos anwenden kann. Google verkauft Werbung auf Suchergebnisseiten und soll die Werbung erst nach Klick auf „Werbung“ anzeigen? Google soll die Meinungsvielfalt hochhalten? Google soll „demokratischer“ werden? Ich lasse mal die Frage weg, ob die Forderungen sinnvoll sind und fordere analog, dass Zeitungen nur noch Werbung einblenden dürfen, nachdem ich auf „Bitte Werbung einblenden“ geklickt habe, die Zeitungen sollen selbstverständlich kostenlos werden und ein demokratisches Gremium die unfähigen Journalisten rauswerfen können. Ich wüsste, bei wem man anfangen könnte …

  3. Marcel Weiss says

    1. Februar 2011 at 15:55

    Aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen hatte ich versehentlich an zwei Stellen im Text den Autor des FTD-Artikels fälschlicherweise Peter Fröhlich statt Peter Ehrlich genannt. Ich habe den Fehler jetzt korrigiert.

  4. Wirtschaftswurm says

    3. Februar 2011 at 12:14

    In einem Punkt muss ich Ehrlich in Schutz nehmen. Wenn tatsächlich immer nur das Produkt des Besten gekauft wird (Marktanteil 100%), dann haben Wettbewerber nie eine Chance. Wenn die Märkte zu gut funktionieren, kann das darum das Ende der Marktwirtschaft sein. Eine reale Gefahr sehe ich hier aber nicht.

  5. Ehrlich Peter says

    6. Februar 2011 at 17:41

    Ich empfehle allen Kritikern meines Artikels in der FTD, einmal auf der Google-Webseite die Selbstdarstellungen zu lesen. Google tut so, als sei es ein gemeinnütziger Verein und keine Firma. Aus Platzgründen musste in der FTD der Gegenschnitt mit solchen Zitaten entfallen. Wer möchte, dem schicke ich gerne die Langfassung (Ehrlich.Peter@guj.de). Den Fehler, dass auf ftd.de die Kommentarfunktion nicht eingeschaltet war, habe ich leider zu spät bemerkt (bin kein Nerd, der vor dem Schirm hockt und wartet, dass jemand auf seine Blogs reagiert).

  6. MIMA MEDIEN says

    15. Februar 2011 at 18:57

    Wollen wir alle nicht vergessen, dass Financial Times auch nur Zeitungen verkaufen und Geld verdienen möchte. Mit einem „reißerischen“ Titel werden mehr Leser angezogen. Die Qualität des besagten Artikels der FTD ist aber teilweise wirklich sehr mies.

  7. Bienenhans says

    17. April 2011 at 19:58

    Die Zeitung ist Unseriös Macht Kundenwerbung mit Faulen Trix.
    Eine Gute Zeitung hätte das nicht nötig

  8. Welcome-to-tijuana says

    23. Juni 2011 at 13:26

    Sicher kann man gegen den Kommentar von Peter Ehrlich argumentieren.

    Aber der Satz „Die Financial Times Deutschland fordert…“ ist doch totaler Unsinn. Auch, wenn der Kommentar hier beharrlich  „Artikel“ genannt wird. Er bleibt dennoch ganz offensichtlich ein Kommentar.

    Und, nein, ich habe keine Lust, hier den Unterschied zwischen einem Kommentar und einem Artikel zu erklären.

Trackbacks

  1. Interessante Links am 2. February 2011 » January, February, Types, Post, Custom, Examples » Generation ZweiNull sagt:
    2. Februar 2011 um 10:05 Uhr

    […] Financial Times Deutschland fordert Enteignung Googles1. February 2011 […]

  2. Muss Google enteignet werden? | Wirtschaftswurm sagt:
    2. Februar 2011 um 17:27 Uhr

    […] dann so etwas! Ich muss mich den Bloggern Weissgarnix und Marcel Weiss anschließen und sagen: An Ehrlichs Begründung hapert es ziemlich. (Leider, leider, denn eine […]

  3. Die Woche im Rückspiegel – KW 05-2011 « kadekmedien's Blog sagt:
    4. Februar 2011 um 09:07 Uhr

    […] Financial Times Deutschland fordert Enteignung Googles | neunetz.com […]

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