Über den eher kurzsichtigen Zick-Zack-Kurs einiger Presseverlagsvertreter gegenüber Apples iOS-System hatte ich hier bereits ausführlich geschrieben.
Felix Schwenzel hat sich ebenfalls mit dem Thema beschäftigt und liefert einen, wie ich finde, recht guten Vergleich:
mir kommt das so ein bisschen vor, als ob die verleger sich in einen zug nach hamburg setzen und auf halben weg, wenn sich zeigt dass der zug wirklich nach hamburg fährt, merken dass münchen auch ne schöne stadt ist. die verleger erinnern sich dann an ihren gesellschaftlichen auftrag und die pressefreiheit und schnauzen den zugchef an, bestehen darauf nach münchen zu fahren und in die lok wollen sie auch, wegen der pressefreiheit.
ist das denn so schwer zu begreifen? wer sich in ein geschlossenes, kontrolliertes system, wie ein flugzeug, einen zug oder den apple-app-store begibt (was ja durchaus vorteile haben kann, man kommt zuverlässig von a nach b, man kann für sachen geld verlangen, die sonst kein arsch bezahlen würde), ist man dazu verdammt nach den regeln dieses systems zu agieren — oder das system zu verlassen.
die verleger wollen (oder können) keine züge kaufen (zu teuer, zu wartungsintensiv, zu kompliziert, zu risikoreich), wollen aber trotzdem lokführer spielen. die verleger wollen dass alle anderen sich an die anweisungen des piloten halten, sie selbst wollen aber gerne die durchsagen schreiben und aufsagen und ausserdem die flugroute mitbestimmen.
Mischa Gawronski says
So sehr ich auch die „wes brot ich ess, des lied ich sing“-philosophie immer wieder verstehen kann… bei apple und den apps greift diese systematik nicht wirklich.
apple ist ein hardware und software lieferant… und gegen diesen fakt wird kaum ein verleger sprechen. apple geht aber weiter und liefert nicht nur die software zur publikation von inhalten, apple bestimmt auch die gefälligkeit der inhalte.
apple behält sich vor, inhalte von seinen marktplattformen zu entfernen, wenn sie dem unternehmen nicht genehm sind. aus dieser situation ergibt sich ein problem, wenn apple mit einer dienstleistung ziemlich eigenständig dasteht, da der markt in der entwicklung begriffen ist.
nochmal: apple behält sich vor, inhalte auf seinen plattformen abzulehnen, wenn diese dem unternehmen nicht gefallen…und nicht, weil diese inhalte nicht rechtens sind. als produzent von software geht hier das unternehmen meines erachtens zu weit, handelt es sich dabei doch um zensur.
das apple mit seiner ausschlusspolitik in den neunzigern gut fuhr und dadurch kraft und stärke gewann, ist m.E. klar, aber mit der aktuellen größe des unternehmens verträgt sich eine solche politik nicht. und eine argumentation ala: dann machs doch woanders ändert nichts an dem m.E. unzulässigen eingriff in die selbstbestimmung von inhalten seitens der verlage.
Marcel Weiss says
Ich zitiere nochmal aus meinem vorherigen Artikel:
„Weder machen iOS-Systeme eine Mehrzahl der Geräte für digitalen Medienkonsum aus, noch schränkt Apple den Zugriff auf seine iOS-Geräte wesentlich ein: Es steht jedem frei sein Angebot über den voll funktionsfähigen Browser anzubieten. Nur ein Angebot über eine native App setzt für In-App-Verkäufe den Einsatz des Zahlungsmechanismus von Apple voraus.“
http://neunetz.wpengine.com/2011/02…/
Wir reden hier immer nur über native Apps. Webapps sind davon vollkommen unberührt.