Richard Stallman, unter anderem Gründer des GNU-Projekts und der Free Software Foundation, hat auf einer Veranstaltung in Berlin sein Bild eines modernen Urheberrechts vorgestellt. Unter anderem fordert er die Beschränkung der Schutzfristen auf 5 Jahre.
Vor zwei Jahren sah Stallman die 5-Jahres-Frist wegen einer möglichen Aufweichung des Copyleft-Prinzips noch skeptisch, nun macht er sich für abgestufte Nutzungsfreiheiten für unterschiedliche Werksgattungen stark. Funktionale Arbeiten, die für die praktische Verwendung bestimmt seien, „müssen frei sein“ im Sinne freier Software. Einer kommerziellen Verwertung will er in dieser Kategorie, zu der er unter anderem Computerprogramme, Rezepte, Lehrbücher oder Referenzartikel wie in der Wikipedia zählt, nicht prinzipiell widersprechen. Es müsse aber möglich sein, solche Werke abzuändern und für den privaten Gebrauch etwa über Filesharing-Netze auszutauschen. Diese Netze sollten vollständig legalisiert werden.
Die Freiheit des Teilens von Inhalten hält Stallman für alle Gattungen für unerlässlich, zumal ihr nur mit „grausamen und ungerechten Maßnahmen“ Einhalt geboten werden können, zum Beispiel indem Internetanschlüssen gekappt werden.
Tatsächlich gibt es für die meisten immateriellen Güter keine wissenschaftlich untermauerbare Begründung für die Fristen, wie wir sie heute kennen. Eine Harvard-Studie zu dem Thema hat sich die relative Unkontrollierbarkeit von Filesharing als in der Menschheitsgeschichte erstmalige de facto Abschwächung von Urheberrecht angeschaut (rechtlich gibt es seit der Einführung des Copyrights/Urheberrechts weltweit nur Verschärfungen/Verlängerungen) und hat den daraus entstehenden Effekt auf die gesamte Musikindustrie betrachtet: Das Ergebnis ist eine tatsächliche Verbesserung der gesamten Branche nicht trotz sondern aufgrund der de facto Verringerung der Schutzrechte.
Belles Lettres says
Stallmann bringt einen Roman als Beispiel und sagt, daß die meisten Romane nach drei Jahren makuliert werden (gedruckte Exemplare werden ohne Preisbindung abverkauft und nicht mehr nachgedruckt = vergriffen).
Falsch und grob unkundig ist aber alles, was er sonst behauptet. Im Autorenvertrag wird die ausschließliche Nutzung dem Verlag für zehn Jahre übertragen. Wenn nach drei Jahren makuliert wird, erhält der Autor die Rechte zurück und kann mit dem Text machen, was er will. So läuft es bei 90% aller Romane. Diese enorme Menge könnte von den Autoren sofort frei im Internet veröffentlicht werden. Macht aber keiner. Kein einziger. Das ist ganz schön verwunderlich, weil Stallman und auch die Piraten ja davon ausgehen, die Autoren würden von den parasitären Verlag geknechtet werden. Da müßten sie es nach dem Rückfall der rechte ja freudig der Welt zu unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung stellen.
Mich würde auch interessieren, wer die Manuskripte eigentlich redigierien soll, wenn es keine Verlage mehr gibt. Vielleicht sollte von den Piraten mal einer ein Praktikum bei einem Verlag machen. Da wird er staunen, wie zeit- und personalaufwendig das ist. Und was machen die Verwalter der Kulturflatrate, wenn alle guten Autoren sagen, sie wollen 20000 Euro Vorschuß, sonst fangen sie gar nicht erst an zu schreiben?