Carsten Knop in der FAZ nach dem Ende von ACTA:
Und wer die Freigabe von Tauschbörsen fordert, muss plausibel begründen, wie er das Urheberrecht danach überhaupt noch schützen will. Denn Urheberrechte sind ein Tragpfeiler unseres Wirtschaftssystems, für physische wie für digitale Wirtschaftsgüter.
Warum muss das freie Zirkulieren von Informationen gerechtfertigt werden? Müssen nicht eigentlich die Monopole gerechtfertigt werden? Durch jedes Monopol entstehen der Gesellschaft Kosten. Automatisch vergebene Monopole auf Wissen und Kultur, die, je nach Lebensdauer, auf über 100 Jahre vergeben werden, sind pauschal nicht hinterfragbar?
Das Bemerkenswerteste an der Urheberrechtsdebatte ist, dass diejenigen beschimpft werden, die für eine Einschränkung der Monopolrechte argumentieren, während diejenigen, die eine Maximalisierung der Monopole fordern, nie darlegen müssen womit sie das begründen.
Oder, um es noch einmal ganz deutlich zu formulieren: Die Urheberrechte in ihrer heutigen Ausprägung sind Tragpfeiler für einige wenige und massive Barrieren für alle anderen.
Dass die Barrieren nicht wahrgenommen werden, liegt auch daran, dass wir in einer von diesen Monopolen bestimmten und auf sie ausgerichteten Welt aufgewachsen sind.
Peter Hellinger says
Einen Song von David Bowie (anderen beliebigen Künstler nach Gusto einsetzen) gibt es eben nur von David Bowie. Einen Roman von John Grisham gibt es nur von John Grisham. Ein Bild von Gerhard Richter gibt es nur von Gerhard Richter.
Wenn man das Monopol des Künstlers auf sein Werk in Frage stellt, stellt man dann nicht auch den Künstler an sich in Frage?
Ah, wir merken, es geht mal wieder nicht um den Künstler oder dessen faire und angemessene Bezahlung, sondern um das Argument, dass Verwerter doch im Grunde nutzlose Gesellen sind, die sich an den Errungenschaften des Künstlers dumm und dämlich verdienen, und anderen untersagen, in gleicher Weise am Werk des Künstlers zu partizipieren.
Die Urheberrechtsdebatte geht nicht um die Künstler oder wie man Kunst in der digitalen Welt verkaufen kann. Es ist ein verlogener Verteilungskampf, wer als nächster den Künstler ausbeuten darf. Mehr nicht.
Marcel Weiss says
„Die Urheberrechtsdebatte geht nicht um die Künstler oder wie man Kunst in der digitalen Welt verkaufen kann. Es ist ein verlogener Verteilungskampf, wer als nächster den Künstler ausbeuten darf. Mehr nicht.“
Netter Versuch, aber nicht richtig. Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema und in der Zeit eben auch mit erfolgversprechenden, zum Teil neuen Geschäftsmodellen. Nachlesbar auf dieser Übersichtsseite: http://neunetz.wpengine.com/urheberrecht/
Andere, wie etwa Mike Masnick von Techdirt, beschäftigen sich noch länger damit. Das Konstruieren von gegnerischen Gruppen führt nirgendwohin.
Klothilde says
Die „Feuchtgebiete“ von Roche, „Titanic“ von Cameron, der Hit von Rihanna – das sind keine „Informationen“. Es sind Kunst- oder Unterhaltungsangebote, die von Individuen geschaffen wurden. Es heißt „Information wants to be free“. Kostenlose Berieselung mit Kunstwerken fällt nicht darunter. Sehr wohl möglich ist das „Scalping“ von Nachrichten: Die Huffington Post lebt davon, Nachrichten von anderen Sites zu rippen und leicht umformuliert und angereichert selbst zu bringen. Das ist auch nach deutschem Recht möglich. Mehrfach in den letzten Jahrzehnten vor Gericht verhandelt worden – sogenannte „Pressespiegel“-Urteile. In der Weimarer Republik gab es einige Zeitungen, die davon lebten, Agenturmeldungen zusammenzufassen, umzuschreiben, zu veröffentlichen ohne die Nachrichtenagentur dafür zu bezahlen. Sie sind vor Gericht damit durchgekommen. Auch das Zusammenstellen von Snippets ist erlaubt. Google macht das.
Wolfgang Hornfeck says
Die Urheberrechtsdebatte ist in Wahrheit ein Stellvertreterkrieg des
neoliberalen Kapitalismus gegen die Allgemeinheit. Nicht anders, als
dieselben Scharmützel, die im Bankengewerbe und im Rest der Wirtschaft
und Gesellschaft stattfinden. Es geht um die vollständige Ökonomisierung
zum Zwecke der Gewinnmaximierung einiger Weniger.
Maik says
„Wenn man das Monopol des Künstlers auf sein Werk in Frage stellt, stellt man dann nicht auch den Künstler an sich in Frage?“
Nein, denn der Faust von Goethe ist immer noch der Faust von Goethe, auch wenn er inzwischen gemeinfrei ist.
Du verkennst auch, dass es nicht darum geht das Urheberrecht abzuschaffen (zum 1.563.125-zigsten mal), sondern es geht darum, ob das Monopolrecht auch noch 70 Jahre nach dem Tod gelten muss. Was hat ein Künstler bitte von einer Bezahlung nach dem Tod? Überweisungen ins Jenseits sind mir zumindest unbekannt.
Warum sollte die Bayer AG immernoch ein Monopolrecht auf die Behandlung von Kopfschmerzen haben? Und warum sollten wir unsere Räder immernoch aus dem Irak beziehen?