Ilja Braun auf dem Blog der Linken:
Am 27. September 2011 ist die Richtlinie 2011/77/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Kraft getreten, mit der die Schutzfristen für Tonträger verlängert wurden. Jetzt liegt ein Referentenentwurf für ein Gesetz vor, mit dem die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden soll. Zugegeben, der Spielraum ist nicht besonders groß. Es geht im Wesentlichen darum, dass die Schutzfrist für Musikaufnahmen von 50 auf 70 Jahre seit Entstehen verlängert werden soll. Zu Sinn und Unsinn dieser Verlängerung ist alles Wesentliche hier schon gesagt.
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Wer als Künstler seine Rechte abgetreten hat, ist sie jetzt automatisch für 20 weitere Jahre los.
Die EU-Richtlinie, die nun auf Bundesebene umgesetzt wird, ist ein unverschämter Lobbyerfolg. Ohne der Gesellschaft irgendetwas im Ausgleich zu geben, wird ihr der kostenfreie Zugang auf Kultur verwehrt, indem rückwirkend Vertragsbedingungen zugunsten von Monopolen geändert werden.
Falls sich jemand fragt, was das bedeutet: Unter anderem wird auf diese Weise verhindert, dass zum Beispiel die ersten populären Klassikaufnahmen, also Tonaufnahmen bereits gemeinfreier Werke, ebenfalls gemeinfrei werden.
Lassen wir einmal außer acht, dass bereits 50 Jahre eine ökonomisch unsinnig lange Schutzfrist darstellen: Milton Friedman hat einmal die Ablehnung von rückwirkenden Verlängerungen von Schutzfristen als „Nobrainer“ bezeichnet. Denn man kann nicht rückwirkend Anreiz für die Schaffung von Werken erzeugen.
Diese Entwicklung zeigt auch noch einmal sehr deutlich, wie unfähig die hiesige kreative Elite ist, auch nur im Ansatz zu erfassen, was im Bereich des Urheberrechts und der verwandten Rechte geschieht.
Ich fasse das noch einmal zusammen:
– Die Thematik im großen und ganzen nicht erfassende hysterische Aufrufe gegen eine Abschaffung des Urheberrechts, weil eine zumindest progressiv eingestellte Partei kleine Wahlerfolge im einstelligen Prozentbereich einfährt.
– Umfängliches Schweigen bei einer schleichenden Monopolisierung der Kultur.
Das trifft auch auf die Massenmedien zu: Zur Verlängerung der Schutzfristen von Tonaufnahmen gibt es praktisch keine Berichterstattung.
Vor diesem Hintergrund muss man auch die hysterische Propaganda im Handelsblatt seinerzeit einordnen. Realitätsfern ist gar kein Ausdruck für die mediale Berichterstattung zu diesen Themen.
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