Stefan Niggemeier im Journalist:
Ich bin Unterstützer der Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht (IGEL). Bevor der Bundestag ein entsprechendes Gesetz für die Presseverlage verabschiedet hat, hatte ich einen entsprechenden Button auf meiner Internetseite, mit dem ich mich als Gegner dieses Vorhabens erkennbar machte.
Nach Ansicht maßgeblicher Kollegen beim Spiegel, für den ich eineinhalb Jahre schrieb, hat mich das disqualifiziert, im Blatt über das Thema zu berichten. Mein öffentliches Bekenntnis zu meiner Position machte mich in ihren Augen zu einem nicht mehr unabhängigen Berichterstatter über das Thema. (Der Spiegel-Verlag ist übrigens für das Leistungsschutzrecht.)
Wohlgemerkt: Ich war unabhängig. Ich wurde nicht von Google oder anderen Leistungsschutzrecht-Gegnern in irgendeiner Form bezahlt. Ich war kein Mitglied eines Vereins und habe an keinen Gruppentreffen oder Ähnlichem teilgenommen. Ich war nur der Meinung, dass ein solches Gesetz falsch und schädlich ist. Und insbesondere angesichts der Art, wie Verlage und die in ihren Diensten stehenden Journalisten ihre Macht ausnutzten, fand ich es richtig, den Kampf dagegen auch aktiv und sichtbar zu unterstützen – durch das Logo auf meiner Seite.
Die maßgeblichen Kollegen beim Spiegel hatten offenbar kein größeres Problem damit, wie die deutsche Presse fast ausschließlich über das Leistungsschutzrecht berichtet hat; nämlich einseitig positiv, durchsetzt mit Verschleierungen von Eigeninteressen, vielen Halbwahrheiten und Lügen. Niemand könnte behaupten, dass die Berichterstattung sich auch nur in der Nähe einer den journalistischen Ansprüchen genügenden Darstellung befunden hätte. Was Stefan Niggemeier beschreibt, zeigt beispielhaft, wie wenig unabhängig Redaktionen tatsächlich von den Unternehmen sind, in die sie eingebettet sind, wenn es darauf ankommt.
Das Leistungsschutzrecht und die Kampagne in der deutschen Presse dazu ist ein besonders hervorstechendes Beispiel dafür, wie strukturell schwach eine massenmediale Öffentlichkeit ist.