Alexander Graf auf Kassenzone:
Ich persönlich traue mir nicht zu vorherzusagen, welche Anbieter und Geschäftsmodelle 2025 dominieren werden und wer davon am meisten profitiert. Ich glaube allerdings fundamental daran, dass 2025 Geschäftsmodelle dominieren, die wir heute noch nicht kennen. Das ist auch der Grund dafür weshalb ich sage, dass Unternehmen nicht mehr in Geschäftsmodelle „investieren“ sollten, sondern nur noch in Fähigkeiten. Fähigkeiten schneller zu agieren. Fähigkeiten sich schneller verändern zu können. Fähigkeiten den Markt zu gestalten und nicht zu immitieren. Klingt anstrengend und wenig attraktiv? Gemessen an den goldenen Standards großer Unternehmen aus den 70er,80er & 90er Jahren ist das die Hölle! Aber was ist die Alternative?
Abstrakt aber präzise zusammengefasst.
Aber um das zu erreichen, müssen nicht nur Prozesse und Strukturen verändert werden sondern auch die Unternehmenskulturen selbst geändert werden. Das ist in fast allen Fällen unmöglich.
Oder anders: Solche radikalen Veränderungen werden für Unternehmen in der Regel überhaupt nur möglich während einer Nahtoderfahrung. (Je größer ein Unternehmen, desto eher trifft diese Regel zu..) ‚Möglich sein‘ ist nicht gleich bedeutend mit ‚Erfolgreich sein‘. In so einer Situation kann mehr schief gehen, als die Mitarbeiter eines Unternehmens beeinflussen können. Apple ist auch hier die große Anomalie der Wirtschaftsgeschichte.
And now for something completely different: Apple gehört mit seinen 40 Jahren bereits zu den älteren Unternehmen. Warum ist die durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen sehr viel kürzer als die von Menschen? Könnte es für die vergleichsweise kurze durchschnittliche Lebensdauer von Unternehmen (neben Übernahmen) Gründe geben, die durch die digital verursachten radikalen Veränderungen unserer Zeit „nur“ verstärkt werden..?
Die Antwort auf diese Frage ist ein deutliches Ja.
ich calle mal bullshit. auch wenn es ohne viel glaskugel wohl stimmt, dass die ‚geschäftsmodelle‘ in 10 jahren vl. anders ausschauen, das investieren in ‚fähigkeiten‘ ist auf der ersten abgeleiteten ebene ebenso problematisch.
(um shirky paraphrasierend zu paraphrasieren: fähigkeiten tendieren dazu, die aufgaben zu verlängern, die sie lösen können)
((die falsche annahme scheint mir zu sein, dass es grundsätzlich wünschenswert ist, dass die gleichen am drücker bleiben. wobei systemisch auch egal ist, ob es die gleichen sind, oder andere, aber für die selbsterhaltung wichtig ist wohl primär eine plastizität))
Hm, ich glaube, es kommt darauf an, was man unter Fähigkeiten versteht. Ich verstehe darunter, unter anderem, zB „Lernfähigkeit“/“Agilität“/“Anpassungsfähigkeit“ Oder auch konkreter „Supply Chain managen“. Also alles, was man organisatorisch stärken oder behindern kann. Im nächsten Schritt kommt dann die Manifestation in Form von Geschäftsmodellen und konkreten Positionierungen. Wenn aber die Manifestationen selbst aufgrund von volatileren Umgebungen (Gesellschaft verändert sich) eine kürzere Halbwertszeit bekommen, werden die allgemeineren, zugrundeliegenden Fähigkeiten wichtiger, weil sie unterschiedlich zum Einsatz kommen können. Bzw. es wird wichtiger, die allgemeine Fähigkeit zu erhalten und sie nicht aufzugeben, nur weil ein durch sie erreichtes Ergebnis (‚Geschäftsmodell‘) funktioniert. Das sollte doch für einen Systemtheoretiker wie dich ein gefundenes Fressen sein. :)
Unternehmen mehr als Reise verstehen, quasi.
„die falsche annahme scheint mir zu sein, dass es grundsätzlich wünschenswert ist, dass die gleichen am drücker bleiben. wobei systemisch auch egal ist, ob es die gleichen sind, oder andere, aber für die selbsterhaltung wichtig ist wohl primär eine plastizität“
Ja und nein. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass die meisten „am Drücker“ bleiben können. Deshalb schrieb ich oben: „Aber um das zu erreichen, müssen nicht nur Prozesse und Strukturen verändert werden sondern auch die Unternehmenskulturen selbst geändert werden. Das ist in fast allen Fällen unmöglich.“
Der letzte Satz ist der entscheidende. Es ist in fast allen Fällen unmöglich.
Es wäre in vielen Fällen grundsätzlich wünschenswert, wenn die Unternehmenskultur etc. umgestellt werden könnte, so dass die bestehenden Unternehmen bleiben. Weil jedes untergehende Unternehmen Wissen und Strukturen mit sich zerstört. Nachkommende Unternehmen müssen dann vieles Banales neu erlernen und neu aufbauen. In der Wirtschaft wird deshalb quasi das Rad ständig neu erfunden. (Selbst wenn 75% (<- hanebüchene, ausgedachte Zahl) eines Unternehmens dank Umweltumwälzung obsolet werden, gehen im Bankrottfall immer noch 25% (<- ebenso hanebüchen, nur zur Veranschaulichung) 'gute', weiterhin brauchbare Unternehmensteile (institutionelles Wissen, Prozesse, Beziehungen nach außen) unter. In der Regel dürfte die Mehrheit eines Unternehmens zur 'weiterhin brauchbaren' Hälfte gehören. Es braucht halt insgesamt nicht viel, um als Ganzes unterzugehen. Volkswirtschaftlich heißt das, dass wir ständig etwas unwiderruflich verlieren. (Ich sehe nicht, wie man das verhindern könnte. Es ist eine Tatsachenbeschreibung. (Christenens Gesamtwerk andererseits gibt sehr gute, mögliche Antworten, da sollte man sich nicht von der Vereinnahmung des Disruptions-Begriffs aufhalten lassen.)))
Danke fürs verlinken:
„Hm, ich glaube, es kommt darauf an, was man unter Fähigkeiten versteht. Ich verstehe darunter, unter anderem, zB „Lernfähigkeit“/“Agilität“/“Anpassungsfähigkeit“
=> Genau so ist es. Konkrete Fähigkeiten werden unwichtiger.
zu hackr:
„die falsche annahme scheint mir zu sein, dass es grundsätzlich wünschenswert ist, dass die gleichen am drücker bleiben.“
=> Das ist keine Annahme, das ist ein Wunsch der Leute die am Drücker sind. Wer entscheidet denn da über richtig und falsch? Faktisch ist das so. Ist das wünschenswert aus Sicht von A: vielleicht nicht. Aus Sicht von B: wer weiß…