Aldi setzt für den ersten Lieferversuch mit meinALDI auf das Milchmannprinzip von Picnic (Fahrer fahren feste Routen), verlangt aber im Gegensatz zu Picnic Versandgebühren. (siehe u.a. Golem)
Das zeigt uns eigentlich schon die Ambitionen. Ein großer Wurf erscheint das nicht sein zu wollen.
Das ist insofern auch kurios, weil ich bei der Recherche für den Mitgliedernewsletter letzte Woche festgestellt hatte, dass meinALDI ausgerechnet in allen drei Pilotmärkten mit Picnic konkurriert:
- Oberhausen – Picnic DE
- Duisburg – Picnic DE
- Picnic liefert jetzt in Mülheim – diese Stadtteile sind dabei
Angesichts der gemächlichen Verfügbarkeit von Picnic in Deutschland eine interessante Leistung bei der Auswahl der Pilotmärkte..
Mein Fazit: "Als wolle man sehen, ob die Leute lieber mehr Geld bei Aldi ausgeben als bei Picnic zu bestellen."
Udo Kiesslich meint dazu auf LinkedIn:
Wenn es ein belastbarer Test sein soll, dann wäre es mE schräg, in einer A- oder B-Stadt (mit hinreichend Bevölkerungsdichte und Haushalten) zu starten ohne relevante online Konkurrenz.
Meine Antwort darauf:
Das stimmt, aber 'Markenreichweite gegen gebührenfreie Lieferung' kommt mir jetzt nicht wie der wichtigste Test vor. Da die Mehrheit der deutschen Regionen noch komplett ohne Lieferoptionen sind und das absehbar ein Wachstumsmarkt sein wird, würde ich außerdem denken, dass es wichtig wäre zumindest an einer Stelle zu testen, womit man als lokaler First-Mover mit starker Marke durchkommt oder eben nicht durchkommt.
Das hat mich ja verwundert, keiner der 3 Pilotmärkte ist picnicfrei. Das ist schon kurios.
Das deutet zumindest darauf hin, dass der niederländische Newcomer Picnic in der Branche sehr ernst genommen wird.
Siehe auch Jochen Krisch auf Exciting Commerce dazu:
Im Grunde müssen sich Discounter wie Aldi oder Lidl zwei Fragen stellen: Wie kann bzw. muss ein discountgerechtes Liefermodell aussehen? Bzw. wie können/müssen wir unser Sortiment anpassen/erweitern, damit es sich für eine Online-Lieferung eignet?
Wo ist das Geschäftsmodell?
Ich bin gar nicht so skeptisch wie Jochen, was Discounter und Lieferung angeht, aber ALDIs Ansatz ist..interessant.
Es nimmt das kostensparende Modell (feste Routen) mit konkretem Nachteil für die Kund:innen (weniger Flexibilität) und verbindet das aber mit einem für Kund:innen als negativ wahrgenommenem Preismodell. (Versandgebühren erzeugen mentale Transaktionskosten, was sich unter anderem auf die Konversionsrate auswirkt und grundsätzlich je nach Umsetzung das gesamte Angebot stark färben kann.)
Oder anders gefragt: Ist ALDI operativ so schlecht oder sind bei ALDI die Margen so gering, dass es bei vergleichbaren Kosten wie beim viel kleineren Picnic ein unattraktiveres Gebührenmodell fahren muss? (Picnic wirbt mit vergleichbar niedrigen Preisen, Oda lag in den glorreichen 2 Minuten des Deutschlandgeschäfts sogar auf bis unter Discounter-Niveau bei den Preisen.)
Vielleicht trifft das eine oder andere zu vielleicht nicht, entscheidend ist aber ein Umstand, auf den ich ebenfalls auf LinkedIn verwies:
Dürfte das typische Ergebnis des typischen internen Gerangels sein, wenn ein alteingesessenes Unternehmen ein neues Geschäftsfeld aufzubauen versucht. Das ist organisatorisch immer herausfordernd, und ich meine das gar nicht wertend.
Lebensmittellieferungen zählen neben Home Office zu den überraschend wenigen Dingen in Deutschland, die sich als neue Gewohnheiten in der Pandemie etabliert haben.