28. Sep. 2010 Lesezeit: 2 Min.

AOL kauft TechCrunch: Arringtons Marathon endet verfrüht

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Was GigaOm gestern als erste berichteten, wurde heute offiziell bestätigt. AOL kauft das einflussreiche Techblog-Netzwerk TechCrunch.

Das ist insofern bemerkenswert, als dass TechCrunch-Gründer und Headhoncho Michael Arrington immer stolz auf die Unabhängigkeit seines aufgebauten Techmedien-Imperiums war. Vor einigen Jahren hat er einen längeren Artikel darüber verfasst, wie er nicht verstehen kann, dass andere Blogstartups wie GigaOm externe Investoren in's Boot holen und sich somit von äußeren Einflüssen abhängig machen. TechCrunch war (meines Wissens nach) bis zum Schluss ausschließlich mit Eigenkapital finanziert und einige Monate nach dem Start profitabel.

AOL hat vor einigen Jahren Weblogs Inc. gekauft, zu dem unter anderem das überaus erfolgreiche Gadget-Blog Engadget gehört. Nun zusätzlich mit TechCrunch wird AOL zu einer nicht zu unterschätzenden Größe im US-Blog-Bereich.

Wie jeder, der längere Zeit bloggt, weiß, ist Bloggen ein Marathon, kein Sprint. Michael Arrington, der mir auf der Bühne der aktuell stattfindenden TechCrunch-Disrupt-Konferenz, noch müder und vor allem desinteressierter erschien, hat die meiste Zeit einen Sprint hingelegt: Er hat ein bekanntermaßen ungesunden Lebensstil an den Tag gelegt, bei dem er nicht selten bis in tief in die Nacht arbeitet, bis er einschläft, um dann kurz nach dem Aufwachen weiterzuarbeiten.

Bis auf das überaus erfolgreiche TechCrunch und die ebenfalls sehr erfolgreichen angeschlossenen Konferenzen konnte Arrington allerdings keine weiteren Sites fest etablieren. Das Gadget-Blog Crunchgear läuft weiter unter dem Radar. TechCrunch Europe wächst aktuell nach längerer Sendepause wieder, ist aber mit 17.000 Feed-Abonnenten noch von der Position einer einflussreichen Publikation entfernt.

Trotz oder gerade wegen hoher Ambitionen scheint Michael Arrington sich mit TechCrunch die letzten fünf Jahre verausgabt zu haben, ohne (beziehungsweise nur teilweise) zu erreichen, was er wollte: Ein anerkannter Medienmogul der neuen Medienwelt zu werden. Widersacher Nick Denton war in der gleichen Zeit mit seinem Gawker-Blognetzwerk sehr viel erfolgreicher.

Die ersten Verkaufsgerüchte kamen auf, als Arrington Anfang des Jahres nach Seattle zog. Ein Verkauf mit Wohnsitz in Seattle ist steuerlich günstiger als mit Wohnsitz im Silicon Valley. Es scheint, Arrington plante den Verkauf tatsächlich schon länger.

Michael Arrington wird mindestens drei Jahre weiterhin bei TechCrunch bleiben.

Business Insider vermutet den Preis laut Aussagen von eigenen Quellen und Quellen von CNBC bei 40 Millionen Dollar, von denen 25 Millionen Dollar in Cashsind.

Ich habe TechCrunch (eher zufällig) kurz nach dem Start 2005 angefangen zu lesen. Während es die ersten Jahre wohl ohne Frage das wichtigste Techblog war, hat die Bedeutung von TechCrunch trotz steigender Leserzahlen nicht nur für mich abgenommen. Zuletzt habe ich TechCrunch, dessen Artikel-Output enorm gestiegen ist, nur noch über einen mit Postrank gefilterten Feed und Shared Items von Freunden gelesen.

Es bleibt natürlich interessant zu beobachten, wie die TechCrunch-Site und die angeschlossenen Konferenzen sich unter AOL entwickeln werden. Engadget hat unter AOL relativ freie Hand, wird nach außen kommuniziert.

Mit dem Ende der Unabhängigkeit von TechCrunch endet allerdings trotzdem eine Ära der neuen (Tech-)Medien.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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