3. Jan. 2012 Lesezeit: 2 Min.

Blogger bekommt Abmahnung für Urheberrechtsverletzung, weil er macht was jeder im Netz macht

Ein Blogger wird abgemahnt, weil er ein Bild eines Fotografen auf seiner Website via Einbettung von Tumblr hat anzeigen lassen. Weder das erste noch das letzte Mal, dass Urheberrecht und alltägliche Internetnutzung kollidieren.

Carsten Herkendorff, der betroffene Blogger:

Ich habe den Fo­to­gra­fen dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ich das Foto durch eine Ver­lin­kung von einem tumblr.​com-Blog auf mei­nem Blog zu sehen sei, ich es aber nicht selbst ver­öf­fent­licht hätte und daher nicht lö­schen könne. Sagen wir es mal so: Das Foto ist dort immer noch. Das Ori­gi­nal­bild wurde am 05. Au­gust 2009 ge­schos­sen, seit dem 31. Au­gust 2009 gras­siert es als Witz­fo­to durch das In­ter­net. Al­lein bei 9gag hat es 356000 Face­book-Li­kes. Den Fo­to­gra­fen är­gert diese große Re­so­nanz, weil er sie nicht mo­ne­ta­ri­sie­ren kann.

Mit der zunehmenden Nutzung von Tumblr, Soup.io und anderen Blogdiensten, die leichtes öffentliches Verbreiten von Fotos ermöglichen, werden solche Fälle verärgerter Fotografen in den nächsten Jahren wahrscheinlich sehr stark zunehmen.

Ich hatte es schon mehrfach hier und anderenorts geschrieben und Dienste wie Tumblr machen das noch einmal auch an Fällen wie diesem sehr deutlich: Die umfassende Kontrolle des Urhebers über die Verbreitung seines Werkes ist mit der aktuellen alltäglichen Internetnutzung nicht vereinbar.

Das gilt mal mehr, mal weniger stark. Bei Werken die leicht autonom verbreitbar sind, trifft dieser Grundsatz umso stärker zu. Digitale Fotos sind das Paradebeispiel solcher autonom distribuierbaren Werke. Und sie werden damit ebenso wie etwa Videos "Opfer" eines sich verändernden Verständnisses von Urheberrecht (das mit dem eigentlichen Gesetz noch wenig zu tun hat).

Entweder wir finden gut, dass es Dienste wie Tumblr, Posterous, Soup.io, The Fancy, Pinterest und co. und die auf ihnen entstehenden Aktivitäten gibt oder wir wollen die Kontrolle des Urhebers über sein Werk um jeden Preis erhalten.

Es geht nur eins von beiden.

Wie ich zum Thema Pinterest (Bookmarking für Bilder) vor einigen Tagen schrieb: User Curated Content ist Filesharing im neuen Gewand. (Und deswegen könnte die deutsche Pinterest-Kopie Pinspire von den Samwers eine abmahngetriebene Goldgrube für deutsche Fotografen werden.)

Interessant ist im Zusammenhang mit diesem Fall auch die Frage, welche Schäden denn konkret dem Fotografen dafür entstanden sind, dass sein Bild tausendfach im Web reproduziert wurde.Finanzieller Schaden dank entgangener Verkäufe? Wohl kaum. Hat die eigene Reputation gelitten? Wenn überhaupt, dann dürfte eher das Gegenteil der Fall sein.

Es geht wohl eher nicht um konkret entstandenen Schaden, sondern um gefühlten Schaden. Um das Gefühl, um ein Recht gebracht worden zu sein, das einem zusteht. Dafür geht der Fotograf gegen Menschen vor, die das gleiche wie Tausende andere mit seinem Foto machen. Dafür geht er wie auch andere Urheber vor und nach ihm gegen eine Aktivität vor, die für immer mehr Menschen zu ihrem (digitalen) Alltag zählt.

Die entscheidende Frage, die etwa in eher mit dem Fotografen sympathisierenden Artikeln wie diesem auf SPON nicht gestellt wird, ist: Zu recht?

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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