1. Nov. 2018 Lesezeit: 3 Min.

BMW-Vorstand verantwortlich für "Entwicklung" sagt, dass E-Autos immer teurer als Verbrenner sein werden. Er liegt falsch.

BMW-Vorstand verantwortlich für "Entwicklung" sagt, dass E-Autos immer teurer als Verbrenner sein werden. Er liegt falsch.
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Warum es wichtig ist: Nur wer die Elektrifizierung des Automobils ernst nimmt und ohne Wenn und Aber angeht, hat künftig noch eine Chance auf dem Markt. Alles -On-Demand, Autonomie, ja langfristig gar jede Form motorisierter Fortbewegung- kommt künftig ausschließlich im Verbund mit Elektromobilität. Aussagen, die etwas anderes unterstellen, behindern intern überlebensnotwendige(!) strategische Initiativen, weil sie verherrende Signale an die Belegschaft senden.

Klaus Fröhlich, Mitglied des Vorstands der BMW AG und da für "Entwicklung" zuständig, stellt die Behauptung auf, Elektroautos werden immer teurer als Verbrenner sein:

ELECTRIC vehicles will always be more costly than fuel-burners, according to a senior BMW executive. “No, no, no,” is Klaus Frölich’s reply when asked if EVs will ever equal the prices of equivalent conventional cars. “Never.”

John Gruber schreibt nur:

Filed away for future claim chowder

Und mehr gibt es dazu wirklich nicht zu sagen.

OK, ein paar Sätze dazu.

Fröhlichs Argumentationslinie:

Frölich doesn’t believe that when lithium-ion batteries for EVs are being produced in huge number that their cost will fall. Some of the metals used to make them will instead become more expensive, he predicts.
“When everybody wants to have cobalt, the prices of cobalt will not go down, they will go up,” Frölich predicts.

Man könnte auf dieses Argument damit antworten, dass wir niemals so viele Löcher in den Boden bohren können, damit alle einen Verbrenner fahren können, aber bleiben wir ernst:

Skaleneffekte völlig außen vor zu lassen, ist unsinnig. Positive Skaleneffekte ausblenden und sich auf negative Skaleneffekte konzentrieren, ist bei den Größenordnungen von denen wir hier sprechen gleichsam irreführend.

In den nächsten Jahren wird es einen enormen technologischen Fortschritt bei Batterien geben. Wie auch immer die Lösungen in ein paar Jahren aussehen werden: Sie werden günstig und leistungsfähig sein, weil der ökonomische -und dank Klimawandel gesamtgesellschaftliche- Druck höher nicht sein könnte. Das kommt zu den klassischen Kostensenkungen durch Massenproduktion noch hinzu.

Zusätzlich werden die Batterien von morgen nicht 2+ Tonnen schwere SUVs transportieren müssen, sondern Vehikel antreiben, die weit unter einer Tonne liegen werden, weil sie in völlig anderen -effizienteren- Formen kommen werden.

Diese neuen Formen plus die Tatsache, dass zentrales Flottenmanagement (ob Autonomie oder On-Demand-Modelle mit Fahrern) Streckennutzung und damit zum Teil auch Batterienutzung optimiert, sinken die Anforderungen für Batterien im On-Demand-Sektor noch weiter.

Das kommt zusätzlich zur Tatsache, dass tägliche Strecken für die meisten Menschen bei weit unter 30 Kilometern liegen. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung hierzu:

According to the German Microcensus 2000, 16% of respondents accomplish a commuting distance of 25kilometers or more for one way and 31 % travel from 10 up to 25 kilometers from home to work.

Eine Mischung aus ÖPNV 2.01 und On-Demand-Modellen und Micromobility für das tägliche Pendeln wird ein Sektor, der künftig einen Hauptteil der Mobilität, die täglichen Strecken, dominieren wird.

Man kann es nicht oft genug sagen: Als erstes stirbt das Zweitauto.

Was uns zu einem weiterführenden Punkt bringt:

Es geht künftig im B2C-Markt zunehmend weniger um den Kaufpreis des Autos und mehr um die Kosten der Strecke. Um den Kern der Sache.

Also, unterm Strich, die Zukunft der Batterien in Autos:

  1. Klassische Skaleneffekte dank Massenproduktion
  2. Technologischer Fortschritt dank massivstem Druck, ökonomisch wie gesamtgesellschaftlich
  3. Geringere zu bewegende Gewichte dank neuer Formfaktoren (vom Mini-Auto bis hinunter zum E-Scooter)
  4. Geringere Streckenanforderungen als heute vermutet dank zentraler Organisation und grundsätzlich geringere Anforderungen im Alltag als in der Debatte heute implizit unterstellt, senkt die Ansprüche an Batterien weiter (-> Entbündelung des Autos)

Batterien sind, völlig überraschend, natürlich ein zentrales Element des elektrischen Antriebs, aber das wird sie nicht zum Flaschenhals für E-Mobilität machen.

Vor diesem ziemlich offensichtlichen Hintergrund ist die Position völlig bizarr, elektrisch angetriebene Vehikel würden für immer teurer sein als heutige Verbrenner, die intern komplexer, schwerer und größer sind und alles in einem abdecken müssen.

Ich vermute, dass es Fröhlich darum geht, das heutige Kerngeschäft -und zwar komplett von Produktkern bis Preispunkten- in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Das ist zumindest die denkbar positivste Lesart. Aber selbst dann: Mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen und bereits die nächsten fünf Jahre sind diese Aussagen besonders was die Zukunftsfähigkeit der Organisition BMW angeht mindestens grob fahrlässig.


  1. Sorry.
Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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