Hi,
wir sehen gerade, dass uns die “Liebe” zum Verbrenner sehr viel mehr kostet als bisher angenommen. Von China lernen heißt, Industriepolitik systemtheoretisch zu betrachten…
Marcel
Im Fokus dieser Ausgabe:
- Operation "Spider Web" als großer Wendepunkt für Kriegsführung aber auch die globalen Lieferketten
- Implizite Regeln als KI-Hürden in Unternehmen, Produktivität durch spezialisierte Modelle
- Komplexitätslevel: Was LLMs verstehen
- Humanoide Robotik in der EU und die globalen Kostenverteilungen
- Waymos rasantes Wachstum auf dem Weg zum Hockeystick
- und mehr
Zitat des Tages
If you can't make electrotech like solar and batteries, you can't really make drones or robots either.
Wendepunkt der Woche: Operation "Spider Web"
Was passiert ist
Am 1. Juni 2025 hat die Ukraine mit "Operation Spider Web" gezeigt, was im Drohnenzeitalter möglich ist.
- Zeitgleich wurden fünf russische Luftwaffenbasen attackiert und mehrere strategische Bomber zerstört. (Zahlen nennen, lohnt nicht, weil beide Seiten bezüglich der Zahlen lügen.)
- Diese Basen liegen teils weit von der ukrainischen Grenze entfernt.
- 117 Drohnen waren involviert, die unbemerkt über 18 Monate nach Russland geschleust, in getarnten Containern auf LKWs gelagert und direkt vor Ort gestartet wurden.
- Die Startsequenz: Die Dächer werden fernbedient geöffnet, Schwärme steigen simultan aus.
Die gesamte Operation war ein logistisches Meisterstück.
Der eigentliche Punkt: Das war kein Angriff an der Front, sondern tief im Hinterland. Bisher galten diese Basen als "sicher". Mit der Drohnenoffensive ist dieses Dogma Geschichte. Das hat auch schwerwiegende Implikationen für einen möglichen Konflikt im Pazifik zwischen China und USA.
Kontext & strategische Dimension
Militärisch: Die Attacke war ein Dammbruch. Die Ukraine zeigte, dass mit "billigen", aber intelligent eingesetzten Drohnen teure, schwer zu ersetzende Assets zerstört werden können. Die Parallele zur Schlacht von Tarent 1940 passt: Eine technologische Revolution trifft ein träge gewordenes System.
- Die westlichen Industrienationen tun sich gerade keinen Gefallen, Batterieproduktion, Magnetherstellung und Battery-Supply-Ketten weiter China zu überlassen. Billige Plastikdrohnen mit Batterieantrieb haben strategische Waffensysteme entthront, siehe die ausführliche Analyse von Noah Smith: "How Chinese Drones Could Defeat America".
- Zitat aus dem verlinkten Stück:
Each F-22 stealth fighter, still widely considered the best plane in the sky, cost about $350 million to build. A Ford-class aircraft carrier costs about $13 billion each. An M1A1 Abrams tank costs more than $4 million, and so on.
That’s the amount of value that will be destroyed every time a cheap plastic battery-powered Chinese drone takes out an expensive piece of American hardware in a war over Taiwan, or the South China Sea, or Xi Jinping waking up in a bad mood — not including, of course, the lives of whatever Americans happen to be inside the hardware when it gets destroyed.
Asymmetrische Kriegsführung: Mit solchen Operationen skaliert die Ukraine die Prinzipien asymmetrischer Kriegsführung auf ein neues Level. Mit Drohnenschwärmen können klassische Dogmen wie Tiefenverteidigung, Rückversorgungsräume und Rear-Area-Sicherheit ad absurdum geführt werden.
Siehe auch: NYT: America’s Achilles’ heel
Keine Infrastruktur auf der Welt ist mehr sicher, sobald der Gegner Bastlergeist mit KI und modularer Produktion verbindet. Die Paranoia ist real: US-Kommandeure rechnen mit importierten Container-Drohnenschwärmen in ihren eigenen Hinterlandbasen laut NYT.
Implikationen
- Paradigmenwechsel: Die Schlacht um technologische Dominanz wird in Fabriken für Magneten, Batterien und Plastik entschieden, nicht nur in Forschungslaboren oder bei Lockheed Martin und Rheinmetall.
- Gamechanger für Militärdoktrin: US/NATO (und im Grunde alle Nationen) müssen jetzt mehr oder weniger jedes Szenario neu denken.
- Industrielle Lieferketten werden zur Achillesferse: Wer auf China beim Thema Batterien angewiesen ist, verliert im Ernstfall mobile Drohnen- und wahrscheinlich bald Robotik-Superiorität.
- Globale Wirtschaft: Im Sharptech-Podcast verwies Ben Thompson auf eine wichtige Implikation: Damit werden Container unsicher. Container sind der Standard, auf dem der globale Handel basiert. Das führt Kosten und also “Reibung” ein, die wir lang spüren werden. Container sind nicht mehr “sicher”.
Fazit: Operation “Spider Web” ist keine einmalige Heldentat, sondern zeigt, was heute militärisch geht – und wie schnell die Legacy-Systeme der großen Industrienationen aktuell obsolet werden. Wir sehen das Entstehen des Drohnenjahrzehnts. (Ich wollte “Jahrhundert” schreiben, aber dann fiel mir ein: spätestens in den 2030ern wird mindestens als erstes die chinesische Armee mit Humanoiden und anderen Robotikformfaktoren aufgerüstet werden.)
Was den Containeraspekt betrifft: Einer der vielversprechendsten Einsatzzwecke der Blockchain war und ist Tracking globaler Lieferketten, weil diese enorm viele, heterogene Stakeholder beinhalten können. Die neue Drohnenwelt hat dafür gesorgt, dass Tracking (und dessen Analyse) zu Containern obendrauf kommen wird. Zumindest langfristig. Dafür braucht es ein offenes, multi-stakeholder-fähiges System, egal wie es am Ende technisch umgesetzt wird.
Weiterführende Links:
- How Chinese Drones Could Defeat America
- An astonishing raid deep inside Russia rewrites the rules of war (The Economist)
- NYT: Ukraine’s attack exposed America’s Achilles’ heel
- Bloomberg: Ukraine’s Drones Explainer
🤖 KI
Informelle Prozesse in Organisationen vs. KI-Verbreitung
Ein Thema, mit dem wir uns hier regelmäßig beschäftigen, sind die Fallstricke, die Hürden und Hemmnisse, welche die Verbreitung von KI verlangsamen.
In diesem Post auf X werden wichtige organisatorische Hürden angesprochen:
- Viele wichtige Prozesse sind nicht präzise dokumentiert. Diese Prozesse sind entscheidend, und "es gibt große Risiken, wenn die Prozesse nicht eingehalten werden."
- KI hat Schwierigkeiten, implizites Wissen zu erlernen. "AI agents can't learn it by trial and error because the costs... rarely materialize."
In most organizations, there exist important processes with these 4 properties:
1. They aren't written down, or at least not precisely enough for AI agents to comply with.
2. They are essential for proper functioning — there are big risks if the processes aren't adhered to.
3. Those risks only surface once in a while.
4. The processes may have been performed for so long that they are "just the way things are done around here"; people may have forgotten the original reason why the process was deemed necessary, and may not be able to explain it.
Ein Beispiel dafür sind etwa informelle Vorbriefings von Aufsichtsräten vor den offiziellen Sitzungen:
pre-briefing board members to avoid surprises at board meetings. Here's my prediction. It will prove extremely challenging for AI agents to learn this kind of tacit knowledge. They can't learn it by trial and error because the costs, while high, rarely materialize, limiting opportunities for learning. Maybe human workers will train AI agents in the same way they train junior workers, but this is a very different kind of "learning" compared to machine learning and will require new technical paradigms.
Man sollte allerdings folgende Dinge im Hinterkopf behalten:
- Diese Hürden sind nicht für alle gleich. (Insert Gibson-Zitat hier.)
- Bedeutet z.B.: Je älter und größer eine Organisation, desto mehr implizite Regeln hat sie. Umso schwerer wird es ihr also fallen, die KI effektiv in der Organisation einzusetzen.
- Diese impliziten Hürden werden umso mehr ins Gewicht fallen, je besser KI wird, besonders mit Agenten, also autonom und semi-autonom handelnde KI. Dafür muss eine KI den Kontext verstehen, in dem sie liefern soll.
- Konkret bedeutet das: Die Ausschöpfung des Potenzials von KI wird sehr, sehr ungleich verteilt werden (Komm nochmal kurz her, William). Junge, neue Unternehmen, AI-First-Unternehmen, haben einen riesigen Vorteil. Regionen, welche die Gründung neuer Unternehmen erleichtern, haben einen enormen Vorteil.
Cursor und die Bedeutung eigener Modelle
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