28. Juni 2025 Lesezeit: 11 Min.

Briefing 265: Aktuelles Mindset im Onlinehandel (K5-Rückblick), RTL übernimmt Sky Deutschland

Struktureller Umbruch im E-Commerce: K5-Vibes, Stripe, KI, Influencer-Startups & RTL kauft Sky

Briefing 265: Aktuelles Mindset im Onlinehandel (K5-Rückblick), RTL übernimmt Sky Deutschland
Ethan Mollick über heutige KI-Modelle

Hi,

What a week. Genießt das Wochenende mit diesen wunderschön zurechtgelegten Einordnungen.

Marcel

Im Fokus dieser Ausgabe:

  • Deutscher Onlinehandel nach der K5: strukturelle Zäsur, KI-Chancen & Branchenunsicherheit
  • Stripe: Payment-Workflows und KI-Agenten rücken näher
  • KI: Modellentwicklung, Inferenzkosten, Margen & Wirtschaftlichkeit
  • RTL kauft Sky und verliert aber absehbar HBO-Inhalte; Marktkonsolidierung ist richtig, aber reicht allein nicht aus
  • und mehr

Zitat des Tages

LLMs are the new OS, english is the new code, and software is starting to use software

Greg Isenberg fasst den Talk von Andrej Karpathy zusammen, über den die gesamte Tech-Welt die letzten Tage geredet hat.

Auf der K5 habe ich das weitergedreht und gesagt, dass mit KI-Browsern das gesamte Web zur Schnittstelle wird.


K5-Resümee: Eine Branche in einer echten Zäsur

Diese Woche fand in Berlin die jährliche K5-Konferenz statt, die wichtigste Konferenz für den hiesigen Onlinehandel. Ich war an beiden Tagen vor Ort. (Ebenso auf dem Speakerdinner am Vorabend und einmal auf der Bühne zu AI First und KI-Browser und ihre Wirkungen.)

Ein paar lose Beobachtungen zum (Gemüts)Zustand im deutschen Onlinehandel:

  • Scherze, man sei jetzt selbst langsam zu alt dafür, wurden immer wieder auf der Bühne an beiden Tagen gemacht. Ich fand das bezeichnend für einen Hinweis auf ein tieferliegendes strukturelles Thema der Branche:
    • Ich habe hier und in den Exchanges über die Jahre oft darüber geredet, dass der Onlinehandel die ersten ca. 20 Jahre seines Bestehens immer strukturellen Rückenwind genießen konnte. Wer um 2000 auf eBay anfing, hatte es an manchen Stellen schwerer als jemand, der heute anfängt, aber man hatte auch eine Gewissheit, die im Zweifel immer helfen konnte: Nächsten Monat sind mehr potenzielle Kund:innen online.
    • Das galt auch für die 2010er Jahre. Marktplätze und Plattformen begannen, den Onlinehandel noch stärker zu dominieren, aber: Insgesamt gingen mehr Menschen von Monat zu Monat online, verbrachten (mobil) mehr Zeit online von Monat zu Monat und immer mehr von ihnen gewöhnten sich gleichzeitig daran, online zu shoppen und einen wachsenden Anteil ihres Einkommens online auszugeben.
    • Und dann kamen die 2020er. Nach der kapazitäten-durchwirbelnden Corona-Boomphase im Onlinehandel ging es direkt in die unter anderem vom Ukrainekrieg ausgelöste Konsumflaute über, die bis heute anhält. Und parallel dazu gruben und graben massive Angreifer aus dem Ausland, Shein und Temu, im großen Stil Marktanteile am unteren Ende des Marktes ab.
    • Die letzten 5 Jahre Achterbahnfahrt sind fast gar nicht vergleichbar mit der Rückenwindfahrt im digitalen Wachstumsmarkt der 20 Jahre von 2000 bis 2020.
    • Als vergleichsweise gut sichtbarer Analyst, der von außen auf die Branche schaut, schwankte ich in den 2010er Jahren immer zwischen Irritiertheit und Amüsiertsein, wenn der Onlinehandel manchmal doch arrogant über den gebeutelten stationären Handel sprach. Meine Gedanken waren immer: "Wartet mal ab. Ihr habt noch keine einzige strukturelle Herausforderung als Branche gesehen."
    • Die letzten Jahre waren nicht mehr von offensichtlichen Quick Wins geprägt, Best Practices + Marktwachstum können nicht mehr über Ziellosigkeit hinwegpinseln. Wohin entwickelt sich die eigene Branche zwischen Marktplätzen auf der einen Seite und KI auf der anderen? Und dann wären da noch Influencer und Instagram und TikTok Shop und auf SEO und Google kann man sich auch nicht mehr verlassen? Das ist alles in Summe eine neue Art Anstrengung.
    • Die großen Branchenkonstanten der Jahre von 2000 bis 2020 brechen gerade absehbar weg: Google-SEO als Erfolgsfaktor für "einfache" Onlinehändler und "Deutsches Onlinewachstum landet mindestens zum Teil beim deutschen Onlinehandel, der damit immer in Summe etwas weiterwächst".
    • Natürlich sind viele auf der Bühne solcher Konferenzen über 40 (ich bin 45). Natürlich bewegt man sich in diesem Alter Richtung Lesebrille und versteht nicht, wieso Leute über TikTok suchen statt mit Google. Aber ich denke, dass diese scherzhaften Hinweise auf ein kollektives Bauchgefühl hinweisen, das so direkt auf der Bühne nicht ausgesprochen wurde: Der Onlinehandel befindet sich inmitten der größten strukturellen Veränderungsphase seit Beginn der Branche in den Neunzigern. Und das ist erstmals nicht zwingend unter dem Strich positiv für die deutsche Onlinebranche.
    • Marktplätze, Social Media, Social Shopping, KI und riesige Angreifer aus dem Ausland und zurückhaltende Kund:innen im Heimatmarkt. Die Herausforderungen sind national, die Chancen global. (Oder anders: National lassen sich weniger Chancen heben als international.)
    • Ich glaube, es verging kein Jahr, in dem ich auf der K5 war und versucht habe, den Vibe der Branche einzufangen, in dem nicht mehrere Speaker von Umbrüchen, Chancen und tiefen Veränderungen sprachen. Das gehört dazu und Digitalbranchen sind von Natur aus sehr viel volatiler als ältere Branchen es im 20. Jahrhundert waren. Aber ich meine, ein mehrfaches "ich bin zu alt dafür" von Multiplikatoren auf der Bühne ist ein gutes, mehr oder weniger implizites Signal für "Wir sind mitten in einer echten Zäsur".
  • Umso beachtlicher war es, wie viele offensiv positive Aussagen man auf der Bühne hören konnte. Von David Schröder, Zalando, der auch gleich die Politik motivieren wollte, positiver und konstruktiver die Zukunft mitzugestalten, zu Rohlik(Knuspr)-Gründer Tomáš Čupr, der nicht enthusiastischer auf die Zukunft der Branche und die des eigenen Unternehmens hätte blicken können. Wer Čupr auf LinkedIn folgt, weiß, dass er ein KI-Fan ist. Auf der Bühne hat er anschaulich gezeigt, was da bereits unter der Haube für Anbieter wie Knuspr zu holen ist.
  • Beachtlich fand ich auch einige Aussagen von Stripe in ihrer Masterclass:
    • Sowohl Staplecoins sind sehr wichtig für Stripe (vor einigen Wochen haben sie das 2. Unternehmen hier übernommen, internationaler B2B-Kapitalverkehr wird hier ein großes Thema) als auch alles, was KI-Agents bei Payment betrifft.
    • Zum Agents-Thema gehört etwa die Stripe Order Intents API: adressiert den gesamten Bestellprozess, nicht nur die Zahlungsabwicklung. Ziel ist es, komplexe Commerce-Workflows zu automatisieren und zu orchestrieren, etwa das Erfassen von Produktvarianten, das Anwenden von Rabatten, das Berechnen von Versandkosten. Die API ist für Bestellprozesse automatisieren und standardisieren, ein Schritt, der insbesondere auch für Plattformen und automatisierte Commerce-Anwendungen relevant ist.
    • Das anwesende Publikum aus dem Paymentsektor ging kollektiv davon aus, dass in fünf Jahren ungefähr 70 Prozent der Käufe online von Agenten durchgeführt werden könnten. Ja, so habe ich auch geschaut.
    • Wenn ein solches Szenario so schnell kommen sollte, dann werden Fraud-Fragen schnell wichtiger. Betrug sowohl auf der Kund:innenseite als auch auf der Händlerseite (gefälschte Produkte).
  • Einen interessanten Aspekt aus der Keynote von Ruppert Bodmeier möchte ich herausgreifen, weil er leicht untergegangen sein könnte: Die Idee von "Last Purchase Outfits", also auf Basis der Bestellhistorie von der KI mit dem entsprechenden Kontext Inspirationen für den nächsten Kauf zu schaffen. Das ist ein vielversprechender, weil konkreter Denkanstoß, um für neue Services KI-Möglichkeiten und eigene (Kund:innen-)Daten immer gemeinsam zu denken. Ich zeige dir Outfits, die zu der Hose und der Weste passen, die du zuletzt bei uns gekauft hast - aber für das eigene Angebot gedacht.
  • Das Influencer-Commerce-Startup Wyrld hat sofort Sinn ergeben, als ich es auf der Bühne sah. Die Räume der Influencer/Creators/Streamer virtuell nachbilden und darin kaufbare Produkte zu platzieren, ist genial. Die Studiokulissen hinter den Influencern sind sehr wertvolles Real Estate. Vor allem, weil das spielerisch miteinander interagieren kann. (Easter Eggs etc.) Am erstaunlichsten ist, dass erst jetzt jemand diese Idee holistisch angeht.

Ich werde in den nächsten Tagen noch einmal ausführlich meine Gedanken zu Interfaces und KI-First-Browsern und ihre Folgen auch für den Onlinehandel aufschreiben.


🤖 KI

Mistral Small 3.2: Lokale GPT-4o-Qualität

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