5. Feb. 2019 Lesezeit: 2 Min.

Deutsch-französischer Kompromiss zu Artikel 13 verlangt, dass fast alle Posts oder geteilten Inhalte online von einer „Zensurmaschine“ à la ContentID vorab Existenzerlaubnis erhalten

Julia Reda auf ihrem Blog: "Artikel 13 ist wieder auf der Zielgeraden – und er ist schlimmer als je zuvor":

Entgegen mancher Berichte war dieser Verhandlungsstopp aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass die nationalen Regierungen auf die beispiellose öffentliche Kritik gehört und verstanden hatten, dass Uploadfilter kostspielig, fehlerhaft und grundrechtswidrig sind. Zweifelsohne hat der öffentliche Protest dazu beigetragen, dass anders als im Vorjahr nicht nur sechs, sondern elf Regierungen gegen die Verhandlungsposition gestimmt haben. Aber letztendlich hing das Zustandekommen einer Ratsposition an einer Einigung zwischen Deutschland und Frankreich, die aufgrund ihrer hohen Bevölkerungszahl beide ein Verhandlungsmandat blockieren konnten. Der Verhandlungsstopp hing also auch unmittelbar mit einer fehlenden Einigung zwischen Deutschland und Frankreich zusammen[...]

Der deutsch-französische Deal, der heute geleakt ist, sieht vor, dass Artikel 13 für alle profitorientierten Plattformen gilt. Alle müssen Uploadfilter installieren, es sei denn, sie erfüllen alle drei der folgenden extrem engen Kriterien:

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Unzählige völlig harmlose Apps und Webseiten, die nicht alle dieser Kriterien erfüllen, müssten demnach Uploadfilter installieren, die User und Betreiber gleichermaßen schädigen, selbst wenn die Plattform bisher überhaupt kein Problem mit Urheberrechtsverletzungen hat.

Europa hat keine einzige eigene große auf Endnutzer gerichtete Plattform. Alle großen, in Europa genutzten Plattformen kommen aus den USA.

Es wird mittlerweile kaum noch verdeckt, dass jede Reform von Urheberrecht und Datenschutz in Europa in erster Linie als Protektionismus über Bande genutzt wird.

Es geht hier darum, die Interessen von Axel Springer bis Musik-&Filmindustrie gegenüber Kalifornien zu stärken. Kanonenfutter sind alle Europäer, die als Privatpersonen auch mal Inhalte online stellen, auf YouTube, Pinterest, Twitter oder dem lokalen Anglerforum.

Die potenziellen Kosten sind deshalb enorm. Reda zählt Beispiele auf, etwa:



Kleine europäische Wettbewerber zu den größeren amerikanischen Namen, wie zum Beispiel Wykop, eine polnische Nachrichtenplattform ähnlich zu reddit (deutlich unter 10 Millionen Euro Jahresumsatz, aber je nach Zählmethode mehr als 5 Millionen User)

Und weiter:

Darüber hinaus müssten selbst die kleinsten, neusten Plattformen, die alle drei Kriterien erfüllen, beweisen, dass sie „größte Bemühungen“ unternommen haben, um von Rechteinhabern Lizenzen einzuholen. Eine unmögliche Aufgabe, da Plattformbetreiber für alle möglichen Inhalte, die ihre Nutzer potentiell hochladen könnten, Lizenzen einholen müssten. Es müssten alle Plattenfirmen, Buchverläge, Bildagenturen und so weiter abgeklappert werden – eine unbewältigbare Aufgabe.

Alles, wo Inhalte hochgeladen werden können, im Keim zu ersticken, ist durchaus im Interesse der europäischen Rechteinhaber.

Wenn am Ende YouTube mit ContentID und Instagram übrigbleiben, und nichts daneben, kann man sich mit denen schon irgendwie einigen. Besonders, wenn man ein Recht im Rücken hat, das ensprechend streng ist. Die hinlänglich bekannten Nachteile von ContentID und co. werden dann europaweit alternativlose Realität.

Die potenziellen Kosten für die europäische Öffentlichkeit, die um grundlegende Möglichkeiten der Partizipation gebracht wird, sind, mal wieder, enorm. Aber interessiert das jemanden?

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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