17. Jan. 2019 Lesezeit: 2 Min.

Die deutsche Automobilbranche in der SUV-Falle

Die deutsche Automobilbranche in der SUV-Falle
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Alle Automobilhersteller bauen und verkaufen heute SUVs, selbst ehemalige Sportwagenhersteller wie Porsche, weil:

  • diejenigen, die heute noch zuverlässig neue Autos kaufen, zunehmend auch nur noch diejenigen sind, die "fette" Autos wollen (Und, vereinfacht gesprochen, alle anderen Käufer kaufen LAVs, unförmige, aber praktische Familienautos, die auch perfekt für kleine Großstadtparkplätze sind.)
  • und weil die etablierten Hersteller wie alle etablierten Unternehmen in reifen, saturierten Märkten nach "oben" gehen, also da, wo mehr Umsatz und Gewinn pro verkauftem Produkt gemacht wird.

Und auch weil die großen Marken längst "da oben" sind, werden sie auf keinen Fall ein Elektro-Auto für 15.000, 10.000 oder weniger anbieten.

Don Dahlmann auf emobly:

Mehr Sinn würde es machen, wenn man das Know-How und Geld in die Entwicklung kleiner, bezahlbarer E-Autos steckt, die über eine vernünftige Reichweite verfügen. VW wird das im nächsten Jahr mit dem I.D. versuchen, dessen Basispreis ungefähr 23.000 Euro betragen wird. Aber ist das schon günstig genug? Ich denke nicht.

Was fehlt ist das Angebot eines einfachen, günstigen E-Autos mit einer Reichweite von ungefähr 200 Kilometern, dass in Massenproduktion hergestellt werden kann. Sozusagen das Ford T-Model oder der VW Käfer der Neuzeit. Ein Auto, dass sich auch Menschen leisten können, die weniger verdienen. Premium Fahrzeuge mögen ja dem Ruf entsprechen, der vor allem gerne von der deutschen Autoindustrie gepflegt wird. Aber damit wird man keine Revolution auslösen.

Er hat recht, aber er fordert oder wünscht sich etwas von den großen Autoherstellern, zu dem sie organisatorisch weil anreizseitig nicht in der Lage sind. Wir haben hier eine verwöhnte, riesige Industrie, die selbst in den noch guten Jahren ohne Rücksicht auf langfristige Markenbildung Richtung SUV und gar Richtung Dieselskandal gegangen ist. Hier herrscht noch zu oft Stolz vor Weitsicht.

Eine Gefahr aus der Servicisierung1 der Automobilindustrie ist ein Absinken des gesamten Branchenumsatzes. Diese reale Gefahr, kombiniert mit der langsam beginnenden Entbündelung des Autos, wird den für die verantwortlichen Manager schmerzhaften Weg nach "unten" im Markt nur noch schwerer machen.

Man sollte also keine zu große Hoffnung haben.

Ein wahrscheinliches Szenario ist, dass ein oder mehrere chinesische Hersteller und/oder ein westlicher Quereinsteiger (man denke Richtung Dyson oder Bosch) mit Elektro-Autos für unter(!) 10.000 Euro den Markt aufmischen werden.

Dieser künftigen Branchengewinner werden die großen Hersteller noch weiter Richtung Luxussegment drücken. Also Richtung SUVs und teure E-Autos. Die günstigeren Modelle werden dann nach und nach bei den Großen eingestellt. Nicht ausgelastete Fertigungsanlagen werden dann an die Neueinsteiger verkauft oder vermietet. Das lässt sich dann für die Presse auch hervorragend als Risikominimierung verkaufen. Das Perfide: Automobilhersteller, die diesen Weg wählen, werden gleichzeitig weiter steigende Profite mit gleichzeitigem (für längere Zeit unsichtbaren) Bedeutungsverlust am Markt erleben.

(Ja, das beschriebene Szenario ist Textbook-Disruption. Und ja, Tesla ist keine große Gefahr für die etablierten Automarken, weil auch Tesla am oberen Ende des Marktes arbeitet.)

Noch einmal: Es ist schwer bis unmöglich, aus dieser Preissegment-Falle wieder herauszukommen. Deshalb gehen unzerstörbar erscheinende Giganten unter während Angreifer, über deren erste Produkte man nur lachen konnte, zu den neuen Großen heranwachsen. Das passiert ständig in unterschiedlichsten Branchen und es wird auch in der Automobilbranche passieren.

Wie immer beim Thema Elektromobilität: Sie ist die Vorstufe zur Zersplitterung/Spezialisierung der Automobilbranche und zu den selbstfahrenden Autos. Also nur der kleine Vorsturm vor dem Tornado..

~

(Bild)


  1. Sorry.
Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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