Warum es wichtig ist: Erfolgreiche Plattformen ziehen tiefe Veränderungen in den Branchen nach sich, in denen sie sich ausbreiten. Die Arbeitsteilung und Arbeitsweise aller Unternehmen in diesen Branchen verändert sich, und das in der Regel radikal. Das hat dann auch Auswirkungen auf benachbarte Branchen.
Nach allem was mittlerweile öffentlich bekannt ist, ist der Uber-Gründer und ehemalige Uber-CEO Travis Kalanick, vorsichtig ausgedrückt, kein besonders netter Mensch. Aber er scheint ein Händchen für zukunftsträchtige Geschäftsmodelle zu haben.
Vor einem Jahr hat Kalanick mit seinem neuen Finanzierungsfonds ein Unternehmen namens CloudKitchens übernommen, das er seitdem als CEO leitet.
The Information hat die Arbeitsweise gut zusammengefasst:
Uber co-founder Travis Kalanick’s newest startup is known as CloudKitchens. But a better name might be WeWork for Food.
Operating through a small startup he bought last year, and supported by hundreds of millions of dollars in loan facilities arranged with Goldman Sachs and other banks, Kalanick in the past 18 months has snapped up or leased properties in cities around the U.S. and in London, Singapore, South Korea and several other countries. He is turning the properties—mostly cheap buildings often in crummy or industrial neighborhoods—into kitchens he can rent out to restaurants that want the space to make food for delivery. And he has hired hundreds of employees, including engineers from Tesla and SpaceX, as part of a plan to design and manufacture the kitchens.
Lieferungen von Restaurants sind nicht neu. Was früher per Telefon bestellt wurde, kann heute allerdings bequemer und damit in größerer Zahl per App bestellt werden und ist deswegen längst der Pizza entwachsen.
Eine Folge davon sind Restaurants, die mehr und mehr Umsatz über die Lieferdienste machen und längst nicht mehr nur von Gästen, die vor Ort im Restaurant essen, überleben könnten. Eine logische Folge davon wiederum sind sogenannte "dark kitchens": Restaurants, die nur für Lieferdienste Essen zubereiten oder neue Locations aufmachen, die nur als Küchen für Onlinelieferdienste arbeiten.
BBC berichtete im Frühjahr diesen Jahres darüber, wie Deliveroo im UK Restaurants dabei hilft, neue "dark kitchen"-Locations aufzusetzen:
Apps now account for 39% of delivery visits - a rise of 14% year-on-year - and the takeaway industry has grown and grown to be worth a tasty £4.9bn - according to consumer research firm NPD.
Dark kitchens make huge sense for the burger brand Boo. Set up by Arif Palejwala and his brother-in-law in Leicester, they have reached three other cities without having to find premises or fork out.
"We're basically testing the waters. We started off in Nottingham and performed really well," he explains.
"Then they offered us a Manchester site, we're going to be going to Leeds and probably some of the places down south as well. So hopefully in the next 12 months we'll have six to eight kitchens."
Der nächste Schritt sind Restaurants, die -nur dark kitchen oder mit Essen vor Ort- für neue Locations die Markteinsichten der Plattformen nutzen. Für Deliveroo, Lieferheld und co. bedeutet das Teilen der Daten eine Zunahme des eigenen Angebots, für die Restaurants bedeutet es Risikominimierung und gleichzeitiges Expansionspotenzial, das vorher undenkbar war.
Diese plattformgetriebenen Entwicklungen betreffen immer die gesamte Branche. Die Frage ist lediglich, wie stark oder schwach eine jeweilige Region oder ein jeweiliges Unternehmen heute betroffen ist und morgen betroffen sein wird.
Die hier beschriebene Entwicklung kann man nicht nur in westlichen Ländern beobachten und sie betrifft kleine Restaurants ebenso wie große Ketten. Quartz berichtete letztes Jahr beispielsweise aus Indien:
Bengaluru-based Swiggy hosts over 45,000 restaurants on its platform, a company executive told Quartz over email. “We will take brands such as Domino’s, McDonald’s, Pizza Hut, Burger King, and Faasos to newer locations especially in tier 2 and 3 markets,” the executive added.
But the market is still in its infancy as aggregators form a small part of the delivery business—at Chai Point, just a quarter of all online orders come from food-aggregating apps. Yet, the “uberification” of the sector is potentially transformational. “Now we even take decisions on opening new stores based on data from our aggregation partners,” says Chai Point’s Bijral. [...]
In fact, besides its 340 or more outlets in India, KFC is also experimenting with stealth (dark) kitchens that operate as delivery hubs “to further widen the reach and leverage the rapidly growing online food-delivery mode,” said Chopra.
Die nächste logische Folge sind nun Dienstleister, die sich zwischen Restaurants und Plattformen setzen und es den Restaurantbetreibern erleichtern, neue Locations aufzumachen.
Das ist, was Kalanicks CloudKitchens macht. Es senkt die Anfangskosten und die Hürden (mental wie finanziell), für die Restaurantbetreiber, neue ‚dark kitchens‘ zu eröffnen und notfalls auch wieder aufzugeben. Eben WeWork für Essen, wie The Information es nannte.
Das hat auch Auswirkungen auf die Immobilienbranche: Dark kitchens können in Hinterhöfen, abgelegenen Straßenzügen und oberen Etagen sitzen. Unattraktive Lagen werden auf diesen Weg attraktiver. Ein professionalisierter Anbieter wie CloudKitchens sollte hier gute Arbitrage-Möglichkeiten finden. (Und zwar wesentlich bessere als WeWork, das vergleichsweise quasi kaum Spielraum bei den Locations hat. Das ist alles sicher ein wesentlicher Teil des Pitches von CloudKitchens an die Investoren.)
Es wird nicht mehr lang dauern, und neue Restaurantketten, eher: Restaurant-Marken, werden auf den Schultern von Lieferdiensten und Dark-Kitchen-Providern wie CloudKitchens aufsteigen. Man vergleiche das mit Marktplatzmarken wie Anker im Elektronik-Bereich. Diese neue Wertschöpfungskette erlaubt Fokus und schnelles Wachstum. Die damit einhergehende Abhängigkeit (bei Anker: Amazon, bei Restaruants: Lieferheld) muss dann notwendigerweise pragmatisch konstant mitgedacht werden. Wer allerdings als Marke groß genug wird, kann der Verhandlungsmacht der Plattformen auch entwachsen. (Man denke etwa an Ninja und Twitch.)
Last not least, folgt die Ausweitung der Kampfzone der Dienstleister auf benachbarte und vergleichbare Branchen: Die Immobilienbranche hatten wir bereits angesprochen. CloudKitchens hat sich mittlerweile umbenannt in City Storage Systems. CloudKitchens war namensseitig an die Restaurantbranche gebunden. City Storage Systems ist branchenübergreifend und nimmt nur noch Bezug auf die allgemeine Leistung, die das Unternehmen anbietet.
Die Selbstbeschreibung hat sich ebenfalls erweitert. Auf CrunchBase heißt es dann:
City Storage Systems, formerly called CloudKitchens, focuses on repurposing distressed real estate assets like parking lots or abandoned strip malls and turning them into spaces suited for new industries, such as food delivery or online retail.
Was das für die Ambitionen des Unternehmens impliziert, dürfte klar sein.