20. Juni 2019 Lesezeit: 22 Min.

Die Tragweite von Facebook Libra

Facebook hat diese Woche Details der technischen und organisatorischen Struktur seiner Kryptowährung Libra vorgestellt. Es folgen die bis dato interessantesten externen Einschätzungen und meine erste Analyse dieses gewaltigen Vorhabens.

Warum es wichtig ist: Mit Libra wird Facebook den ersten Krypto“währungs“-Ansatz mainstreamfähig machen. Facebook hat den (leider?) richtigen technischen aber vor allem organisatorischen Ansatz gewählt, um erfolgreich eine Transaktionsplattform auf Blockchain-Basis zu etablieren, die nicht zuletzt sicherstellt, dass Facebook wohl kompatibel sein wird mit allem was auch immer in der Kryptowelt einmal populär werden wird.

Die wesentlichen ersten Erkenntnisse:

  • Libra ist keine Kryptowährung sondern ein eher klassisches Paymentsystem, das dank Blockchain anbieterunabhängige Kompatibilität erhält.
  • Ein Konsortium namens Libra Association wird Libra steuern. Dieses Konsortium ist der zentrale Bestandteil, der für den quasi gesetzten Erfolg von Libra verantwortlich ist. Wer Libra verstehen will, muss die Libra Association verstehen.
  • Libra startet mit der immensen Nutzerschaft von Facebook (2+ Milliarden) und wird mittelfristig attraktiv durch die Anbindungen aus dem Konsortium.
  • Dynamiken innerhalb von Branchen werden in Verbund mit den massiv geringeren Transaktionsgebühren eine Wachstumsdynamik zugunsten von Libra erzeugen.
  • Die Lobbymacht des Konsortiums wird die Regulierung von Libra beeinflussen. (Libra wird in den USA auf keinen Fall verboten.)
  • Calibra, die für Libra zuständige Facebook-Tochter, ist ganz offensichtlich Facebooks ‚next big thing‘.
  • Libra wird ein Katalysator für die gesamte Krypto-Welt sein.

Den bis dato besten Überblick liefert (mal wieder) Steven Levy bei Wired:

How would you build the internet of money? A friction-free global digital currency would be a boon for the many people with mobile phones but no access to banking. And who better to develop something like this, he wondered, than Facebook, with its global reach and massive user base? Marcus, then head of Facebook Messenger, thought he had an answer. He texted his boss and told him it was time to talk about Facebook creating a cryptocurrency, saying that he had a clear view of how to do it, in a way that would earn trust even from those skeptical of Facebook. Marcus spent the next few days writing a memo that laid out his ideas.

[...]
Over 100 people were gearing up for a dual challenge: building a global currency on top of blockchain technology, especially for those underserved by banks; and convincing people to adopt it despite the fact that Facebook built it.

​Libra wird zu hundert Prozent von traditionellen Währungen gedeckt werden. Sprich: Libra ist im Gegensatz zu Bitcoin etc. nicht für Spekulationen geeignet. Libra ist ganz klar als Paymentsystem ausgelegt, das alle entsprechenen Währungseigenschaften mitbringt:

Libras will be fully reserved; basically, every time a user trades traditional currency for Libra, that money will go into the reserve, and stay there until the customer withdraws money from the system.

​Interessant ist, wie man sich intern des schlechten Images von Facebook bewusst ist und Libra entsprechend aufsetzt:

To deflect the well-justified wariness of Facebook’s every move, Facebook has open-sourced the technology, and will cede control of the blockchain to a neutral Libra Association—kind of a Switzerland of digital coinage—that will of course be based in Switzerland. The Libra Association will consist at first of up to 100 founding members including Facebook, each of which will invest at least $10 million to fund the association’s operations, and receive interest earned off the reserve. (Libra’s NGO members are exempted from the investment requirement.) Each member will be empowered to operate a node on the blockchain, and have a voice in determining changes to its code and managing the reserve. (This limited access is called a “permissioned” blockchain.) “Facebook will have one seat on the council that oversees the foundation but will have no more rights, no more governance, that isn't the exact same as what everybody else has,” says Kevin Weil, a top engineer who left his role as Instagram’s product chief to work on the project.

​Die Libra Association, das das Paymentsystem verwaltende Konsortium, ist der vielleicht cleverste Schachzug.

Die Bedeutung der Libra Association


​Facebook steht gleichwertig neben den anderen Partnern. Zumindest jetzt am Anfang muss aber ein Sternchen hinter diese Aussage machen. Denn auch die neue Facebook-Tochter Calibra hat einen Sitz in der Libra Association. Facebook hat also de facto 2 Sitze. The Verge:

Calibra’s immediate goal is to develop and launch its own digital cryptocurrency wallet, and integrate that wallet into other Facebook products. The company will become a member of the nonprofit Libra Association and have equal voting power as Facebook and the other partners, which include Uber, Lyft, eBay, and PayPal, along with several other tech companies, financial service providers, venture capitalists, and fellow nonprofits. That way, Facebook can say it does not solely control the currency or the network by itself. It also gets the benefit of having twice the representation as other companies, at least for now.

Zumindest so lang es wenige Partner in der Association gibt, stellt das für Facebook sicher, dass es hier nicht zur ‚Schieflage‘ bei der Entwicklung kommt..

Das Konsortium hinter Libra gibt dem Krytowährungs/Paymentsystem sofort eine Ausicht au Resilienz. Libra wird vielfältig eingesetzt werden und damit als Bezahlmittel attraktiv werden. Facebook ist dabei der erste große Kunde mit seinen 2 Milliarden Nutzern, der dem ganzen System sofort eine notwendige Flughöhe am Anfang verschafft. Aber der mittelfristige Erfolg nach dem Launch kommt von den angeschlossenen Angeboten der Partner in der Association. (Es gibt noch mehr gute Gründe für die Association weiter unten.)

Wired:

Ceding control of its invention makes Libra worth more to Facebook than keeping it close: The currency may be more widely circulated and more trusted. The notion of a borderless payment system fits perfectly with Zuckerberg’s focus on messaging; even before the Libra rulebook is fixed, Facebook developed a digital wallet that will integrate with Messenger and WhatsApp. Facebook also will be offloading a lot of the regulatory and security concerns to a new bureaucratic organization. Nonetheless, it’s Facebook’s vision, and Libra’s greatest hurdle may well be overcoming the tarnished reputation of its creator. Marcus knows this, and thinks that the key is making sure that Libra is not synonymous with Facebook.

Partnerschaft in der Libra Association bedeutet:

  • eine Stimme für alle künftigen Entscheidungen zur Weiterentwicklung von Libra
  • ein Node auf der Libra-Blockchain

Was bedeutet das?

Die Libra-Blockchain wird nicht wie die Blockchain von Bitcoin arbeiten. Bei Bitcoin kann theoretisch jede Person schreibend eine Transaktion eintragen. Bei Libra bekommen die künftigen 100 Mitglieder der Association, also die NGOs, die VCs, die Onlineanbieter, jeweils einen Node. Über diesen Node schreiben sie Transaktionen in die Libra-Blockchain.

Das bedeutet unter anderem, dass Libras, die von Facebook-Messenger-Nutzer zu Facebook-Messenger-Nutzer zu Whatsapp-Nutzer über Calibra geschickt werden, innerhalb von Calibras System liegen und nicht in die Blockchain geschrieben werden. Erst wenn Libras von einem Node zum anderen wanderen, wird die Blockchain bemüht. Das beschleunigt unter anderem die Geschwindigkeit der Transaktionen.

Das zeigt auch, dass Libra natürlich eine Krypto-Basis hat aber weit davon entfernt ist, eine "Kryptowährung" wie Bitcoinzu sein. Libra und Bitcoin sind an keiner entscheidenden Stelle vergleichbar. (Sie haben so viel gemeinsam und so viele Unterschiede wie Gold und Euro als Währungen haben.)

Libra ist ein anbieterunabhängiges Paymentsystem. Die Blockchain von Libra ist zunächst nur der Kompatibilitätslayer zwischen den Anbietern. Nicht mehr, nicht weniger.

Die Konsortiumsmitglieder werden mit ihren Nodes (im Rahmen der jeweiligen Gesetze) machen können, was sie wollen. Facebook kann ihnen nicht vorschreiben, was sie damit machen. Allerdings wird es sicher Abstimmungsprozesse geben, bei denen der Rest des Konsortiums eingreifen kann.

Die künftige Governance-Struktur der Association wird eines der wichtigsten Aspekte von Libra werden.

Die Verbindung von Association-Mitglied und Node-Inhaber erklärt auch, warum Risikokapitalgeber wie USV und Andreessen Horowitz an Bord sind: Sie kaufen mit 10 Millionen $ nicht nur ein Mitspracherecht (nett, aber nicht entscheidend), sondern vor allem einen Zugang zum Libra-Paymentsystem, den sie wiederum den Startups zur Verfügung stellen können, in die sie investieren.

Es ist recht wahrscheinlich, dass das rückblickend als No-Brainer für VCs gesehen werden wird. Denn es ist wie gesagt kein reines Krypto-Thema sondern ein Payment-Thema.

Spotify über die Gründe des Beitritts:

Libra offers massive opportunity for simple, convenient, and safe payment over the internet (particularly for the 1.7 billion adults worldwide without access to mobile money, a bank account, or a payment card). We’ve seen this directly in many of the developing markets where we operate.

Die Gründe können höchst banal sein:

  • Spotify arbeitet in einem margenarmen Bereich. Die Transaktionsgebühren von Kreditkarten sind signifikant, besonders prozentual gesehen bei ca. 10€ pro Monat pro Nutzer. Diese Transaktionsgebühren werden mit Libra massiv fallen.1
  • Der Hauptgrund, warum Endnutzer-gerichtete Abonnements wie jenes von Spotify auslaufen, sind abgelaufene Kreditkarten. Ein intensiv, täglich genutztes Libra wird für Spotify auch dieses Problem lösen.

Für Uber und den gesamten Mobility-Bereich gilt ähnliches. Wer sich schon einmal gefragt hat, warum man erst 5 oder 10 Euro ‚aufladen‘ muss, bevor man nach der Registrierung erstmals ein Fahrrad oder Scooter für einen Euro oder weniger per App ausleihen kann, hier die Gründe:

  • Cashflow2
  • Transaktionsgebühren bei Banken und Kreditkarten

Transaktionen von Kleinstbeträgen werden schnell unwirtschaftlich. Der erste Grund liegt einer freiwilligen Entscheidung der Anbieter zugrunde (einer Kalkulation), der zweite nicht. Da das Onboarding (neue Nutzer durchlaufen das Setup, um eine App erstmals nutzen zu können), unter dem "Aufladeprozess" stark leidet, werden besonders im Micromobility-Bereich viele Anbieter schnell auf Libra setzen. Uber und Lyft werden als Konsortiumsmitglieder ihre eigenen Nodes betreiben, was das bereits notwendig machen wird:

Wenn dein Unternehmen ab und an mit Transaktionen von Kleinstbeträgen zu tun hat und bereits ein wesentlicher Konkurrent von dir Mitglied der Libra Association ist, wirst du auf absehbare Zeit keine Wahl haben als ebenfalls auf Libra zu setzen.

Der Sog der wegfallenden Transaktionsgebühren sollte nicht unterschätzt werden. Er arbeitet in Verbund mit Bequemlichkeit und riesiger Nutzerbasis von Facebook massiv für den bereits quasi gesetzten Erfolg von Libra als dominante Paymentlösung.

​Es ist vor diesem Hintergrund erwähnenswert, dass Facebook zwar erste namhafte Partner gewinnen konnte. Aber diese zum einen noch nur vorläufige Partner sind (sie haben die 10 Millionen $ noch nicht hinterlegt und es steht ihnen noch offen, vor dem Launch wieder auszusteigen). Und zum anderen von den geplanten 100 Nodes erst 28 besetzt sind.

Wired:

Considering that its effort had been over a year in the works, Facebook has been scrambling to fill the 100 planned nodes on the Libra blockchain. So far there are 28 partners, including payment networks like Visa and Mastercard; fintech firms like PayPal, Coinbase and Stripe; VCs like Thrive and Andreessen Horowitz; NGOs like Kiva and Women’s World Banking; telecoms like Vodafone; and software services like eBay, Lyft, Uber and Spotify. Their ambitions are varied: the software companies foresee cheaper global payments (especially micropayments) and the NGOs a new way to offer financial services to the unbanked (who could later become customers of other partners); the blockchain companies envision Libra as an onramp to other cryptocurrencies.

​Man wollte sich das Befüllen des Konsortiums sicher offen halten bis nach der offiziellen Ankündigung. Aber die Zahl der bereits zugesagten Partner ist doch erstaunlich gering.

​Wenig überraschend ist kein Tech-Riese dabei (wir zählen mal eBay nicht zu Big Tech..). Apple, das Vorort-Rentner gewordene Techunternehmen, hat jüngst erst eine eigene Kreditkarte vorgestellt und auch Google setzt auf die Zusammenarbeit mit dem klassischen Bankensystem.

​Wie bereits oben angedeutet, wird die Architektur des Konsortiums in Verbund mit Facebooks Reichweite und den inhärenten Vorteilen des Paymentsystems kaum überschätzbare First-Mover-Vorteile erzeugen. Es wird also interessant, wie der Rest von Big Tech darauf reagieren wird. Laut Facebook ist jeder willkommen. Zwinker-Smiley.

​Prognose: Apple und Google werden lang zähneknirschend verzichten. Microsoft wird als erster, wahrscheinlich bereits zum Launch dabei sein. Amazon wird vielleicht etwas ähnliches wie Libra versuchen. Die Reaktionen des Rests von Big Tech in ein, zwei Jahren werden sehr interessant werden.

Aktuell ist die Association ihren Namen noch nicht wert. ​Aktuell ist Libra 100% Facebook. Wired:

Facebook engineers are doing the technical development, and will continue to do so. Facebook has created a dedicated programming language, called MOVE, for developers to write Libra applications. And even though the Libra Association has yet to choose a board, hire a managing director, fill almost three-fourths of its partnerships, or even meet for the first time, it has already released a White Paper and a stack of supporting documents. Who wrote all that stuff? Facebook, with the consultation of the current partners who reviewed, edited, and signed off on the materials. In theory, all of that could be tossed out the window once the full association—where nominally Facebook has just one vote—meets. In practice, though, Facebook has chosen partners who are inclined to share the values and ambitions that helped shape Libra thus far. So while the charter is yet to be finalized, it seems inevitable it will not vary drastically from the current draft.

Die Libra-Blockchain

Wired über die Blockchain von Libra:​

The Libra blockchain brings its own privacy complications. Facebook has designed Libra so that transactions are public and permanently logged in the blockchain, but pseudonymous. Note: that’s not the same as anonymous. When problems arise, Facebook expects the authorities to use tracking services similar to those that have been developed for Bitcoin and Ethereum. For that reason, Facebook says Libra won’t be of much use to money launderers or drug dealers.

​Wired vergleicht die Libra-Blockchain mit einer Datenbank, die statt einem Administrator 100 Administratoren hat. (Die oben erwähnten 100 Nodes der Konsortiumsmitglieder)

Interessanter, weil erhellender in ihren Implikationen, ist die ökonomische Metapher vom Facebook-Ökonomen, der Libra-Nodes mit Taxi-Lizenzen vergleicht:

Facebook’s economist Christian Catalini, on leave from MIT, admits that only a “permission-less” blockchain, similar to Bitcoin’s design, would allow access to all players and be a truly egalitarian global payment system. (He compares the nodes to taxi medallions, which grant paid access to a market that excludes competitors.) Facebook says that the initially permissioned approach is a necessary compromise to scale the network to the needs of millions of potential users, given the current limitations of blockchain technology, which is notoriously slow and expensive to run. Constraining the membership to only trusted partners does away with the need for security protocols such as “proof-of-work,” the computationally expensive (and environmentally unsound) process that keeps Bitcoin secure. At launch, the goal is to handle 1,000 transactions per second, with a 10-second wait for each transaction to complete.

Das White Paper erwähnt die Intention, in fünf Jahren zu beginnen, die Blockchain zu öffnen. Weniger Bekenntnis geht fast nicht. Da die Nodes massive Macht für die Mitglieder der Association bedeuten, dürften nur die vertretenen NGOs theoretisch in ein paar Jahren für diese Öffnung einstehen. Sprich also: Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich, dass das Konsortium sich von sich aus für die Öffnung der Blockchain aussprechen wird.

Zum Glück kann das Konsortium notfalls regulatorisch dazu gezwungen werden.
​​

Was Libra für die Krypto-Welt bedeutet

Libra wird zentral von einem Konsortium geregelt, ist an der Hüfte für immer mit Facebook verbunden und hat eine Blockchain, auf die nur 100 auserwählte Institutionen Schreibzugriff erhalten. Das klingt weit weg vom dezentralen Krypto-Traum, und das ist es auch.

Aber es ist trotzdem das Beste, was der Krypto-Welt passieren konnte. Libra macht Krypto-Prinzipien mainstreamfähig und wird von Anfang an ein Vielfaches der Nutzerschaft haben als alle heutigen Kryptoangebote zusammen.

Union Square Ventures, ein VC der seit langem in Krypto (u.a. Coinbase) investiert, sieht in Libra, völlig zu Recht!, einen Katalysator für das ganze Thema Krypto-Assets, Blockchain und co.:

We believe Libra has the potential to be the catalyst that brings the entire cryptocurrency and cryptoasset market into the mainstream.

When USV invested in Coinbase in early 2013, our rationale was that digital currencies and digital assets (like Bitcoin and beyond) were a breakthrough technology, similar to TCP/IP, HTTP and SMTP. But we also knew that it would take significant investment in the surrounding infrastructure to make them useful for businesses and consumers, just like it did with the Web back in the 80s and 90s.

​Eine Folge von Libra wird die Verbreitung von Krypto-Kompatibilität sein:

For consumer use cases (including both Finance 2.0 and Web 3.0 use cases), the biggest barrier to date, beyond technical scalability, has been the rollout of crypto wallets to mainstream consumers. As of today, there is still no mainstream web browser with crypto built-in, no mainstream phone with crypto built-in, and relatively few mainstream applications with crypto built-in. As that changes, crypto assets have the potential to move from being curiosities for enthusiasts to being default internet and financial infrastructure.

Once we have crypto-compatibility built-in to applications, browsers, and phones, many new behaviors and use cases will emerge. The financial system, in general, will become more accessible (smartphone adoption is outpacing bank account adoption globally). Payments can become faster, more reliable and less expensive. Magical new user experiences will be possible due to interoperability and reduced friction, the same way that the Web’s native interoperability unlocked countless new use cases and experiences. And, perhaps most importantly, we will open the door to self-sovereign digital identities (private keys) that are the underpinnings of user-controlled privacy and control of data.

​Die Zeithorizonte für Protokolle und Basistechnologien sind lang, (unter anderem) deshalb ist das Wachstum der dezentralen Kryptoansätze so langsam. Das wird sich in den nächsten Jahren ändern.

So as we think about the potential drivers for mainstream crypto adoption, a simple, fully-collateralized, cryptocurrency used inside the world’s largest applications, touching hundreds of millions or billions of consumers, is perhaps the most promising one. It is our hope that Libra will serve as a major on-ramp to cryptocurrencies and cryptoassets, to the benefit of the entire ecosystem. [...]

As one of the initial 20 members of the Association, we will have the opportunity to participate in design and policy choices that will shape the network. It is worth noting that Facebook will be just one equal member of the Association, which was an important factor in our decision to join.

Albert Wenger von USV vergleicht Libra mit Microsoft Explorer:

It is useful to remember that Microsoft was not the primary beneficiary of the web. Instead, it resulted in the growth of whole host of new companies!

Now of course as Mark Twain has pointed out history doesn’t repeat but it rhymes. There are big differences here because Libra initially isn’t a completely open and decentralized system, the way the web was. So: much remains to be seen but the potential for a crossing of the chasm to mass adoption exists.

Calibra, die Bank of Facebook

Calibra ist die Facebook-Tochter, die als erstes Produkt ein Libra-Wallet und die Integration von Libra in WhatsApp und Messenger in Form integrierter Wallets umsetzen wird.

Wired:

Calibra will run inside WhatsApp and Messenger, allowing seamless access to more than a billion people, and will be available as a separate app as well. It will launch once the Libra protocols are finalized sometime in 2020.

​Der Calibra-Ansatz, interne Transaktionen abseits der Blockchain durchzuführen, wird der gängige Ansatz werden, schlicht weil er möglich und sinnvoll ist:

Calibra will store your Libra coins and hold the cryptographic keys required to access them—a user-friendly move, in the sense that you can lose your password or phone and know your money will remain accessible. That also allows Calibra to easily intervene in cases of fraud or other disputes. But Calibra’s custody of the keys and coins means the company can move money between its wallet’s users without relying on the blockchain itself; the only time the blockchain gets involved is when a customer wants to send money outside of Facebook to a wallet or service developed by another company.

​Wired macht hier den richtigen Vergleich. Während die Association durch ihre Offenheit die Attrakivität von Libra als Paymentsystem sicherstellt, ist Calibra der geschlossene Payment-Walled-Garden von Facebook:

Ceding control of the Libra Association thus sets up a potential win-win for Facebook. With Calibra, the company gets its mostly walled garden: a way to internally handle things like cross-border payments between friends and family, micropayments within Facebook applications, and transactions on Facebook’s marketplace and with small-businesses—and potentially other financial services as Libra’s technology matures. With the Libra Association, it gets the benefits of an open-source ecosystem, along with an external group to manage the complex financial aspects of the coin and messy global regulations. Subsequent non-Facebook tools and applications built for the Libra blockchain, as well as the wide network of customers and merchants brought in by partners, stand to increase the utility of Libra for Facebook’s users.

Calibra und Messenger/Whatsapp repräsentieren am Ende des Tages Facebooks Vision ​vom westlichen WeChat. Also der Superapp, in der man alles im Alltag organisiert, auch weil man alles in der App bezahlen kann.

Calibra wird der ‚größte‘ Node auf der Blockchain sein, für sehr lange Zeit. Die Frage ist nur, wie groß die Summe der anderen Nodes dem gegenüber sein werden.

Calibra wird vom Rest von Facebook getrennt. Die Daten sollen auch getrennt werden und bleiben, wenn man die separate Calibra-App nutzt:

Calibra will be a separate subsidiary of Facebook, and keep the information separate. Unless… you give permission to allow data like your Facebook friends to be blended into Calibra, for convenience and added features.

Für Facebook wird es sehr, sehr schwer werden, den Nutzern zu versichern, dass sie es mit dieser Datentrennung wirklich ernst meinen. (Auch deshalb ist die Association ein guter Weg, um Libra erste Nutzer zuzuführen. Man kann von Anfang an Libra auch abseits von Facebook nutzen.)

The Verge bezeichnet Calibra als ‚Facebook’s secret weapon for monetizing its new cryptocurrency‘:

At first blush, Calibra resembles a fairly standard payments company — but its tight integration with Facebook’s enormous user base could give it a significant advantage over any rivals. Thanks to its proximity to the technical development of Libra, and its ability to leverage WhatsApp, Messenger, and Instagram, Calibra could very well become Facebook’s next big thing.

Wie oben ausgeführt, ist der Erfolg von Libra quasi bereits gesetzt. Calibra wird also Facebooks ‚next big thing‘ sein. Daran habe ich keinen Zweifel. (Again, man denke an WeChat und die anderen Superapps in China.)

The Verge bezeichnet Calibra passend als "the Bank of Facebook":

Calibra is how Facebook intends to make money off Libra, a digital currency it says it does not want to control, despite having created it. More generally, it’s a massive play for Facebook to get into financial services in a way that no other technology company may be able to compete with. Think of it as the Bank of Facebook — an arm of the social network that hopes to do for loans, credit, money transfer, and commerce what its suite of apps has done for online communication.

Libra is the technology that underpins the network. But when it launches, Calibra will likely be how most people interact with the currency until competing wallets arise. In fact, it will likely be the first cryptocurrency wallet that hundreds of millions of people will have access to, by nature of being bundled with Facebook’s massive ecosystem. With billions of users potentially interacting with Calibra, it will instantaneously have many hundreds of times the user base of the world’s most popular existing wallets from Coinbase and others.

Kevin Weil, Vice President of Product bei Calibra, beschreibt gegenüber The Verge die Vision hinter Calibra:

Calibra will also exist as a standalone iOS and Android app for those who don’t have Facebook accounts. He describes the core function of Calibra as two-fold: holding your money securely for free, and allowing you to transfer it to anyone else on the planet for a fee many magnitudes lower than current international money transfer rates.

“For us, WhatsApp and Messenger are great homes for Libra. A couple billion people use them. But it’s not just that they use them, but how they use them,” Weil tells The Verge. “Messenger is to talk to close friends and family, and those are exactly the types of people you send money to. There’s a lot of overlap between the things you want out of a wallet for currency and the things you want out of a messaging app.”

​Besonders in Entwicklungsländern und Schwellenländern kann Calibra durchschlagenden Erfolg haben. Calibra setzt wohl auf bereits eingesetztes Verhalten auf, immer ein sehr gutes Zeichen:

According to Weil, WhatsApp users would send photos of money transfer receipts to one another, and use those images to receive money across borders.

​Jede/r mit einem günstigen Android-Telefon wird Calibra nutzen können. Man kann sich nicht anonym bei Calibra anmelden (aus naheliegenden Gründen (Geldwäsche etc.)):

Weil says Calibra will require you sign up with a government-issued ID, and Facebook’s digital wallet will also provide fraud protection and a public commitment to never share your financial details or transaction history with the social network’s advertising divisions. In other words, your Facebook account data will largely be kept separate from your Calibra account.

​Facebook/Calibra verschweigen ihre Ambitionen nicht. Es geht um den Aufbau einer neuen, gesamten Finanzwirtschaft mit Libra als Basis:

The real goal, Weil says, is to boost adoption to the point where Libra can have a vibrant financial services economy built on top of it, not just by Facebook but by any other company in the world. “You have financial services businesses like Visa and MasterCard who can drive merchant acceptance of Libra with millions of businesses around the world, and marketplaces like Uber and Lyft to make it possible to get rides and pay in Libra. And since their transaction fees are lower, maybe you even get a lower price,” Weil says. “People who might have only had cash before, you suddenly have access to a digital currency on their phone.”

​Es gibt Leute, die sich wundern, wie Menschen ohne Konto Geld in Libra hineinbekommen sollen. Es ist relativ offensichtlich, dass NGO, Startups und lokale Unternehmer für diese Fälle Wechselstuben anbieten werden, in denen man Bargeld in ein eigenes Libra-Wallet wird übertragen können.

Marcus says the concept of decentralization, when combined with digital commerce and Facebook’s massive user base, creates a perfect foundation for a new currency to take off.

“This is something I’ve been dreaming and thinking about for many, many years,” says Marcus, who got his start in tech in the 1990s when he founded an internet service provider in Geneva. He later founded a company that let you buy items online using a prepaid mobile phone plans, sold it to PayPal in 2011, and rose through the ranks until Facebook poached him to run Messenger in 2014.

“If you look at a stable, high-trust, low-volatility form of digital-native currency that would be available to anyone with a $40 smartphone and move around at very low cost,” he says, “that is going to the extremely valuable.”

Regulierung von Libra wird kommen


Es ist ein bisschen absurd, zu behaupten, Libra würde ein unreguliertes Finanzwesen ermöglichen. Natürlich wird Libra reguliert. Die Nodes-Betreiber unterliegen ebenfalls ihren jeweiligen nationalen Gesetzen und alles bleibt digital nachvollziehbar. Transaktionen in der Blockchain sogar öffentlich und pseudonymisiert. Die Hauptfragen betreffen vor allem Klassifizierungen der Entitäten und danach welche bestehene und welche neue Regulierun notwendig wird.

Die ersten europäischen Regulierer haben bereits Fragen. Es geht also schnell. (Was sehr positiv ist.)
Reuters:

“It can’t and it must not happen,” he told Europe 1 radio. Le Maire reportedly called for G7 banking officials to issue a report on Facebook’s plan next month.

A German member of the European Parliament expressed similar concerns, according to Bloomberg, saying Facebook was at risk of becoming a “shadow bank” and that companies “must not be allowed to operate in a regulatory nirvana when introducing virtual currencies.”

Ein erstes Hearing im US-Senat zum Thema ist ebenfalls bereits für den 16. Juli angesetzt.

heise über weitere Kritik:

Die Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Repräsentantenhaus, Maxine Waters, forderte Facebook auf, die Libra-Pläne auf Eis zu legen und die Untersuchungen der Behörden abzuwarten. Mit dem an Kryptowährung angelehnte System setze Facebook seine unkontrollierte Expansion fort und erweitere seine Reichweite auf das Leben seiner Nutzer, kritisierte die Politikerin der Demokratischen Partei.

Auch Patrick McHenry, der ranghöchste Republikaner im Finanzausschuss, beurteilte die Facebook-Pläne kritisch. "Wir wissen, dass es viele offene Fragen bezüglich des Umfangs und der Größenordnung des Projekts gibt." Es müsse geprüft werden, wie Libra mit dem globalen Finanzregulierungsrahmen vereinbar sein werde, schrieb er. "Wir müssen über die Gerüchte und Spekulationen hinausgehen und ein Forum bieten, um dieses Projekt und seine möglichen beispiellosen Auswirkungen auf das Finanzsystem zu bewerten."

Regulierung wird kommen, das ist sicher. Aber eins ist auch sicher: Libra wird nicht verboten werden.

Auch hier hilft die Association: Hinter Libra steht nicht nur Facebook (das allein nicht genug politisches Gewicht hat) sondern auch Konzerne wie Mastercard und Visa, große Unternehmen wie eBay und PayPal, und künftige Konzerne wie Uber. Ob es gefällt oder nicht: Diese Lobbymacht stellt sicher, dass es Libra geben wird. Vielleicht nicht in jedem Land, aber mindestens in den USA und einigen anderen Ländern.

Kritik und Widerstände

​Es gibt auch, sagen wir, hysterische Reaktionen, wie etwa hier im Digital-Blog des WDR:

Wer – außer diesen Konzernen – sollte daran ein Interesse haben? Wir als Gesellschaft auf keinen Fall. Denn es würde noch mehr Abhängigkeit von einem US-Konzern bedeuten. Technisch, infrastrukturell und generell. Noch mehr Möglichkeiten, Abläufe zu verdunkeln und Steuern zu hinterziehen. Ein absoluter Irrsinn.

​Es gibt aber auch substanzielle Kritik und Befürchtungen, wie etwa von Charles Arthur im Guardian, der zurecht befürchtet, dass Facebook bei diesem komplexen Vorhaben, mal wieder, die gesellschaftlich schädlichen Einsatzarten nicht von Anfang an mitdenkt:

Third, its size and US-centredness means that the new currency could gain critical mass, and take on a life of its own. And that carries gigantic risks. Lana Swartz, an assistant professor of media studies at the University of Virginia, put it succinctly: “Facebook wants to be/is now a government.” But have Marcus and Zuckerberg thought of the inevitable problems that will emerge? What if other governments don’t like what Libra does to their local currency, perhaps by undermining financial export rules? If they block Facebook, what happens to citizens’ money tied up in Libra?

The problem is, Mark Zuckerberg can’t be deposed by anybody, not even his board. I’m worried that the future involves being forced to use Facebook in order to make everyday transactions, and that the privacy promises will evaporate. Our banking system isn’t perfect – hello, 2008 – but it’s a lot better regulated than Facebook ever has been. Libra doesn’t sound like freedom.

Fazit: Die größten Ambitionen

David Marcus, der Manager hinter dem Libra-Projekt bei Facebook, war vor Facebook viele Jahre im Management bei PayPal. Peter Thiel, ein ehemaliger Mitgründer von PayPal, war einer der ersten, wichtigen großen Investoren in Facebook und sitzt von Anfang im Board von Facebook.

In einer weiteren Wired-Story wird die Verbindung von Libra zu den frühen Ambitionen von Thiel und Paypal gezogen:

He told the relatively small staff—small enough that before he spoke everyone in the room introduced themselves—about what PayPal would eventually achieve. It looks a lot like the potential Libra holds for Facebook, where Thiel has served on the board of directors since 2005. “Everyone in the world needs money—to get paid, to trade, to live,” Thiel told the room, according to Eric M. Jackson, an early employee of Confinity, who wrote The PayPal Wars. “Paper money is an ancient technology and an inconvenient means of payment. You can run out of it. It wears out. It can get lost or stolen. In the 21st century, people need a form of money that’s more convenient and secure, something that can be accessed from anywhere with a PDA or an Internet connection. Of course, what we’re calling ‘convenient’ for American users will be revolutionary for the developing world. Many of these countries’ governments play fast and loose with their currencies.”

Thiel ended his talk by describing what this economic transformation would mean for PayPal as a business. “I have no doubt,” he said, “that this company has the chance to become the Microsoft of payments, the financial operating system of the world.”

Libra als das Finanz-Betriebssystem der Welt und Calibra als seine größte Bank, weil es zur größten ‚Nation‘ -Facebook- gehört.

With his operating system comment, Thiel was imagining a company even more powerful than Amazon. Adding users became an obsession in those early days of PayPal. A rectangular popup box measuring PayPal’s usage rate, Jackson recalled, was called the World Domination Index.

Facebook, with its 2 billion-plus users, has finally taken up the challenge. You know what should keep us up at night? What if Facebook actually succeeds?

Ich musste während des Schreibens dieses Textes an ein Porträt von Mark Zuckerberg im New Yorker denken, das letztes Jahr erschien. Konkret dieser Ausschnitt:

Zuckerberg told me, “You have all these good and bad and complex figures. I think Augustus is one of the most fascinating. Basically, through a really harsh approach, he established two hundred years of world peace.” For non-classics majors: Augustus Caesar, born in 63 B.C., staked his claim to power at the age of eighteen and turned Rome from a republic into an empire by conquering Egypt, northern Spain, and large parts of central Europe. He also eliminated political opponents, banished his daughter for promiscuity, and was suspected of arranging the execution of his grandson.

“What are the trade-offs in that?” Zuckerberg said, growing animated. “On the one hand, world peace is a long-term goal that people talk about today. Two hundred years feels unattainable.” On the other hand, he said, “that didn’t come for free, and he had to do certain things.” In 2012, Zuckerberg and Chan spent their honeymoon in Rome. He later said, “My wife was making fun of me, saying she thought there were three people on the honeymoon: me, her, and Augustus. All the photos were different sculptures of Augustus.” The couple named their second daughter August.

Zuckerberg hält die Mehrheit der Stimmrechte im Facebook-Board. Dieses Aufsichtsgremium kann ihn also niemals von seinem Posten als CEO des größten Social Networks der Welt mit über 2 Milliarden Nutzern entbinden. Libra wird die Macht und Reichweite von Facebook weiter vergrößern in heute noch unbekannte Dimensionen.

Es ist so naheliegend wie beunruhigend, dass Mark Zuckerberg sich implizit mit römischen Kaisern vergleicht.

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Wir sprechen über diese und andere Themen auch in unseren Podcasts.


  1. Quartz schreibt über die Hintergründe der Gebühren: "In a recent research report, Bernstein also noted that card payment fees, at around 2 to 3% per transaction, are often criticized. But the majority of that expense goes toward things like rewards and fraud prevention. The network fees are a sliver of that, around 5 cents". Ich kann das nicht endgültig beurteilen, aber wenn das stimmen sollte, dann kann man davon ausgehen, dass die Libra-Gebühren vom Wissen, das Facebook über seine Nutzer hat, getrieben werden. Dass also Facebook Betrug dank seiner Nutzerdaten minimieren kann. Das würde natürlich im nächsten Schritt die Frage aufwerfen, was dann mit Libra-Transaktionen passiert, die nicht mit Facebook-Daten verknüpft sind.. Reine Spekulation, die sich spätestens zum Launch klären dürfte.
  2. Die transferierten Beträge werden nicht gleich verbraucht, erzeugen also keine Abnutzungen bei der Hardware. Die Startups können das geparkte Geld also nutzen, um das weitere Wachstum kuzfristig zu finanzieren. (Neue Nutzer parken neues Geld, es entsteht also ein rollender Posten.)
Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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