21. Sep. 2015 Lesezeit: 3 Min.

Ein Jahr in Deutschland: Netflix auf Kurs

Ein Jahr in Deutschland: Netflix auf Kurs

Netflix ist auf Kurs. Vor einem Jahr startete der Streaminganbieter in Deutschland. Anlässlich des Deutschland-Starts schrieb ich, wie Netflix in der Anfangszeit enttäuschen wird, weil die deutsche Netflix-Bibliothek hinter der (über Jahre dank kontinuierlichen Vertragsverhandlungen und einem großen Abonnentenmarkt gewachsenen) US-Bibliothek zurückbleiben wird. Netflix muss sich wie Amazon Instant Video erst eine Schneise durch den deutschen Rechtedschungel schlagen.

Was auf Jahre mit TV-Rechten im Bündel an Onlinerechten an RTL und ProSiebenSat.1 verkauft wurde, muss erst einmal wieder auf dem Markt landen.

Immerhin sind erst jetzt mit Amazon und Netflix überhaupt Onlineanbieter auf dem Markt, die bereit sind, für die Streamingrechte mehr als Peanuts zu bezahlen.

Die Veränderung dauert also. (Vor einem Jahr beschrieb ich noch weitere Gründe, wie etwa den geringen Breitbandausbau in Deutschland.)

Volker Zota auf heise über ein Jahr Netflix in Deutschland:

Die Zahl der abrufbaren Filme und TV-Serien ist im vergangenen Jahr zwar um etwa 50 Prozent auf derzeit 1284 respektive 307 gewachsen. Doch während Netflix und Co. in den USA den Fernsehmarkt umkrempeln, reicht das Angebot hierzulande bisher nicht aus, um das TV-Verhalten nachhaltig zu beeinflussen.

​Ein Anstieg um 50 Prozent ist im ersten Jahr nicht überraschend. Das deutet zumindest darauf hin, dass Netflix für die Onlinerechte einzeln mehr bereit ist zu zahlen als die TV-Sender für die TV-Rechte und Onlinerechte im Bündel.

Angesichts der Geschäftsmodelle nicht überraschend. Es findet hier eine Entbündelung auf der Ebene der Lizenzkäufer statt. Das ist auch gut für die US-amerikanischen Rechteinhaber: Zumindest mittelfristig steigt der internationale Wert ihrer US-Serien und Filme. Nur die deutschen TV-Sender verlieren, weil sie zusätzliche Konkurrenz um die knappe Aufmerksamkeit der Zuschauer erhalten.

Das Angebot wird von Jahr zu Jahr attraktiver werden. Auch weil Netflix den deutschen Markt besser kennen lernt. Wie attraktiv das Angebot wohl in zwei oder drei Jahren sein wird? Oder anders gefragt: Wann kommt der Punkt, an dem Attrakivität und Bekanntheit von Netflix (und Amazon Instant Video) dazu führen, dass Menschen ohne schnellen Internetzugang unzufrieden werden, weil sie diese Angebote nicht nutzen können?

heise:

Netflix wächst weiter rasant: Momentan hat der Dienst über 65 Millionen Kunden, davon etwa 23 Millionen außerhalb der Vereinigten Staaten, gerade erst ist Netflix in Japan gestartet. Wieviel Kunden die Video-Flatrate hierzulande hat, legt das Unternehmen nicht offen; im Februar sollen es etwa 470.000 Abonnenten gewesen sein

​Da ist noch viel Luft nach oben.

Randnotiz: Dass Amazons Streamingdienst an der Spitze in Deutschland steht, sagt auch viel über die Popularität des Prime-Programms hierzulande aus (und dass Amazon an der Bündelfront gerade alles richtig macht):

Unangefochten an der Spitze in Deutschland: Amazon Prime Instant Video. Fast jeder Dritte Video-on-Demand-Gucker greift zu dem Angebot des Online-Versandhause

Über die langfristigen Auswirkungen des Wechsels des TV-Konsums vom klassischen Fernsehen zum On-Demand-Streaming schrieb ich 2103:

Die langfristigen Auswirkungen dieser Entwicklungen auch etwa für den deutschen TV-Markt, der zu großen Teilen auf Lizenzen von US-Formaten angewiesen ist, werden enorm sein.

Was wenn Netflix, Amazon Instant Video, Watchever und co. zu den bevorzugten internationalen Lizenzpartnern für das US-TV werden?

Die Streamingdienste sind nicht nur in der Regel ebenso US-Unternehmen, was die Verhandlungen erleichtert. Noch wichtiger sind die strukturellen Unterschiede zwischen On-Demand-Streaming und linearem Fernsehen.

Je größer die Streamingangebote werden, desto eher werden sie die Anlaufstelle für die US-Lizenzgeber werden. Ein Amazon oder ein Netflix, dass eine Serie, sagen wir, in den 40 wichtigsten internationalen Märkten (in der Originalsprache sofort und etwas später lokalisiert) verfügbar machen kann, wird zunehmend attraktiver werden als TV-Sender, die immer nur für einzelne Märkte Lizenzen erwerben. Skaleneffekte, Transaktionskosten und die höhere Benutzerfreundlichkeit gegenüber dem linearen TV tun dann ihr Übriges.

Die Frage lautet: Wer wird in ein paar Jahren weltweit liefern können und wer wird auf den lokalen Markt beschränkt bleiben?

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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