In den nächsten Jahren kommt ein größerer Kulturkrieg auf Deutschland zu, wenn das Auto erstmals ernsthaft den Straßenplatz mit vielen, anderen Fortbewegungsmitteln teilen muss.
Man kann das bereits heute regelmäßig beobachten, wenn neue Fahrradwege heißgeliebte Parkplätze verdrängen sollen. Der Tagesspiegel berichtet über ein solches Beispiel aus Berlin.
Dieses Argument wird man künftig öfter hören und lesen:
Ein älterer Herr versteht die Welt nicht mehr: Er habe in den letzten 40 Jahren in der Siegfriedstraße kaum Radfahrer gesehen. Ein Rentner kann das bestätigen: Er habe die Zeit gehabt, Autos und Radfahrer zu zählen – und verlangt vom Senat eine Statistik. „Für welche Radfahrer soll der Weg denn sein?“ Dass hier so wenige Rad fahren, liege daran, dass die Straße sehr gefährlich sei, erläutert von Alm.
Im Micromobility-Podcast hat der Analyst Horace Dediu eine passende Analogie für diesen irreführenden Gedankengang der älteren Herren geäußert: Niemand plant Anzahl und Breite von Brücken danach, wie viele Menschen einen Fluss bereits schwimmend überqueren. Eine solche Fortschreibung von Aktivitäten ergibt keinen Sinn. Brücken erzeugen Flussüberquerungen. Fahrradwege erzeugen Fahrradnutzung. Horst Wohlfahrt von Alm, zuständig für Straßenplanung bei der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, hat also Recht.
Deshalb sind übrigens breitere Straßen mit mehr Fahrbahnen auch keine Lösung für regelmäßige Staus: Breitere Straßen sorgen lediglich dafür, dass noch mehr Autos im Stau stehen.
Infrastruktur erzeugt Nutzung. Deshalb kann bestehende Nutzung nur ein Anhaltspunkt von vielen dafür sein, was infrastrukturell getan werden sollte.