7. Sep. 2010 Lesezeit: 1 Min.

Moralische Abwertung von Tauschbörsennutzung wird diese nicht beenden

Dirk von Gehlen hat einen lesenswerten Artikel zur Panel-Diskussion zwischen Sascha Lobo und mir geschrieben. Er merkt an:

Sascha wollte eine moralische Wertung der Tauschbörsen-Nutzung von Marcel, der zog sich auf eine rein wirtschaftliche Beschreibung zurück. Die Frage jedoch, wie man mit dem Filesharing umzugehen hat, wenn es denn – was Sascha behauptet – schlecht sei, wurde nicht gestellt. Abgesehen davon, dass es durchaus Studien gibt, die Saschas These in Zweifel ziehen, folgt der für mich entscheidende Schritt erst nach der Behauptung, Filesharing sei (weil es vermeintlich an die Stelle von Verkäufen tritt) schlecht.

[..]

Wenn man also konstatiert, dass die rein moralische Debatte über das Thema nicht wirklich zielführend ist, muss man nach anderen Modellen fragen: Wie also kann man auf die digitale Kopie reagieren, wenn man diese weder technisch noch moralisch kontrollieren kann?

Bin mir nicht sicher ob das folgende Argument wirklich wichtig für die Debatte ist, aber Kathrin Passig merkt auf Google Buzz noch Folgendes an:

Was mir in der Moraldebatte bisher auch fehlte, war eine Erwähnung der Tatsache, dass der Mensch stark dazu neigt, unmoralisch zu handeln, wenn man es ihm zu einfach bzw. die Alternativen zu schwer macht. Diese Neigung ist so verbreitet, dass es sinnlos ist, sie als individuelles Defizit zu betrachten, das vom Einzelnen durch ständige Anwendung von Willenskraft in Schach gehalten werden muss. Sie gehört zur menschlichen Grundausstattung. Wenn es sehr kompliziert wäre, einen Apfel im Supermarkt zu erwerben oder selbst anzubauen, würden wir ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit unserem Nachbarn aus dem Garten stehlen. Zum Glück ist es aber viel einfacher, ihn im Supermarkt zu kaufen, und er kostet dort auch gar keine 300 Euro, sondern nur 50 Cent. Wäre es anders, müssten wir dieselbe Debatte über Äpfel führen. Das Problem der Filesharingdebatte ist eben nicht zentral die Möglichkeit des - wenn man so will - unmoralischen Handelns, sondern in vielen Fällen die Untauglichkeit der legalen/moralischen Alternativen. Anständiges Handeln darf natürlich ein bisschen mehr Mühe machen als unanständiges. Aber eben nur ein bisschen.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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