9. Aug. 2024 Lesezeit: 6 Min.

Nexus 222: GenKI im richtigen Zeithorizont, KI-Watermarks, das Hermes-Problem

Hi,

dies ist das erste Briefing nach der Sommerpause. Aus persönlichen Gründen musste diese eine Woche früher anfangen. Wie es Tradition ist, bekommen Mitglieder, die im Juni oder Juli dazugestossen sind, die Sommerpausenwochen gut geschrieben.

Mindestens die nächsten zwei Wochen wird es noch bei einem wöchentlichen Briefing für Mitglieder bleiben.

Außerdem versuche ich die Briefings im August etwas kürzer zu halten.

Marcel

Im Fokus dieser Ausgabe:

  • Der Stand bei KI und die richtigen Zeithorizonte
  • Watermarks bei KI sind Quatsch, auch aufgrund der Modellvielfalt. Böswillige Akteure nutzen keine Modelle mit Watermarks.
  • Die schlechte Qualität von Hermes zieht auch DHL und co. mit runter.
  • und mehr

🤖 KI

Der Status Quo und Zeithorizonte

Sascha Lobo:

Zurück zur Gegenwart und der Frage nach der Blase. Die umfassendere Antwort liegt in einer Erkenntnis, die Jeff Bezos Ende 2023 preisgab : Man müsse vor allem generative KI nicht als Erfindung begreifen, sondern als Entdeckung – ungefähr wie Elektrizität also. Folgt man dieser Metaphorik, dann stellt sich die Frage nach Blase oder nicht plötzlich völlig anders. Es geht dann nämlich nicht mehr darum, ob KI Arbeitsprozesse, Geschäftsmodelle, praktisch die gesamte Ökonomie verändert – sondern nur um das Wann und das konkrete Wie. Wir sind, als globale, ökonomiegetriebene Zivilisation schlicht noch auf der Suche nach dem großen geschäftlichen KI-Durchbruch, trotz aller kleinen und mittleren Veränderungen, die längst im Gang sind. Nach dieser Lesart (die ich teile), deuten die blasenartigen Anzeichen in Teilen des Marktes eher auf eine ökonomische Wartestellung hin. Natürlich kann man als Unternehmen wie als Investor auf dem Weg zur Vision verhungern, falsch abbiegen oder sich mit Investments verkalkulieren, so wie in jeder anderen marktwirtschaftlichen Sphäre auch.

Nachdem vor nicht ganz einem dreiviertel Jahr Aleph Alpha auf der Titelseite des Handelsblatts Deutschland retten sollte, geht es jetzt beim Handelsblatt direkt darum ob eine KI-Blase platzt.

Ich würde mir eine etwas ernsthaftere deutsche Wirtschaftspresse wünschen, aber nun gut.

  • LLMs sind eine sensationell mächtige Technologie, deren Potenziale wir noch nicht einmal an der Oberfläche erkratzt haben.
  • Die fehlende Ausschöpfung des Potenzials hat viele Gründe, einer liegt im fehlenden Produktfortschritt bei der UI und UX. Chatbots ain't it.
  • Der zweite ebenso große Grund ist prozess-bezogen: Unternehmen müssen für den internen Einsatz von KI Schulungen vornehmen und Prozessabläufe ändern, wenn sie das heutige Potenzial heben wollen. Es ist kein Zufall, dass die großen Beratungsfirmen begonnen haben, enorm viel Umsatz mit genKI zu machen.
  • LLMs stellen eine neue Computing-Art dar, die einerseits leicht andockbar ist und gleichzeitig nicht die gleichen, aber doch ähnliche Skaleneffekte aufweist wie alles Digitale. (Selbst das teuerste LLM ist leichter global verfügbar gemacht als eine neue Zahnbürstenreihe.)
  • Das bringt uns zum Zeithorizont:
    • Explodierender Beratungsumsatz bei der Implementierung ist ein sehr gutes Signal für einen massiven Shift, den wir bei den Unternehmen in ein, zwei Jahren sehen werden. Es dauert seine Zeit. Vorzeigebeispiele wie Moderna geben hier einen ersten Anhaltspunkt.
    • Bis vor kurzem waren die besten KI-Modelle extrem teuer, was sich zwar im Einsatz trotzdem rechnet, aber jedes experimentelle Vortasten von Unternehmen oft im Keim erstickte. (Auch weil potenzielle Befürworter in den Unternehmen nicht so zahlreich waren, wie man vielleicht angesichts der Omnipräsenz annimmt. Auch das eine Folge der Qualitätsunterschiede zwischen den ehemals ziemlich schlechten kostenfrei testbaren LLMs wie GPT-3.5) Alle großen Modellanbieter haben sich dieses Jahr auf Kostensenkung und (zum Teil sehr viel) günstigere Modelle fokussiert. Auch das ist etwas, bei dem es etwas dauert, bis sich die Folgen zeigen. Vornehmlich: Jetzt werden Tools und Implementierungen auf diesen günstigeren Modellen gebaut. Eine Explosion an neuen Werkzeugen könnte bereits zum Jahreswechsel sichtbar werden.
    • LLMs unterscheiden sich grundlegend von der Art, wie Computer "normalerweise" arbeiten. Ergo reicht es nicht einfach ein Terminal in die Welt zu werfen. (CHATBOTS AINT IT.) Stattdessen entsteht gerade ein komplettes, zum Teil sehr anderes Ökosystem. Das betrifft Tools ebenso wie Agenturen oder Security. Und ja, GPUs en masse in Datencentern. Und hochbewertete Chip-Startups wie Groq, das diese Woche 640 Millionen $ eingesammelt hat.
    • Ich habe manchmal den Eindruck, dass Leute die laut "Blase" rufen, davon ausgehen, dass erfolgreiche Technologien sich noch schneller in der Gesellschaft ausbreiten als KI-Dudes auf X.
  • Das Hauptproblem für Europa ist nicht, ob hier eine "Blase" vorliegt, sondern, dass nahezu jede Upside dieser Technologie von US-Konzernen mit ausreichend großen Datencentern, von US-Chip-Startups und -Konzernen, von US-Enterprise-Anbietern wie Box, Asana et al, usw. usf. aufgesaugt werden kann und hierzulande ein weiteres Mal nur noch Abnehmer bleiben.

Diese Fundamentals sind entscheidend, nicht extreme Kursschwankungen.

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