neunetzcast-Hörer wissen mehr: In der ersten Ausgabe unseres Podcasts im November letzten Jahres haben Markus Angermeier und ich auch über Oink gesprochen. Oink war ein Dienst, auf dem Dinge vor Ort, Gerichte in Restaurants etwa, von Usern bewertet wurden.
In der Podcastausgabe hatte ich angemerkt, dass Oink es am Anfang sehr schwer haben wird, Nutzer zu begeistern. Denn ortsbasierte Dienste stehen immer vor der Herausforderung, die kritische Masse nicht nur einmal sondern an vielen Orten aufbauen zu müssen. Es ist vollkommen egal für einen User in Berlin, Hamburg oder der bayrischen Provinz, wie erfolgreich ein ortsbasierter Dienst in San Francisco oder New York ist und umgekehrt.
Im Gegensatz dazu haben es Webdienste, die eine globale oder zumindest für die jeweilige Sprache webweite Community Schrägstrich Netzwerk aufbauen, sehr viel einfacher. Mr. Wong oder Delicious haben auch für den User im bayrischen Dorf funktioniert, der der einzige Nutzer der Dienste im Umkreis von 20 Kilometern war.
Das gleiche funktioniert für ortsbasierte Dienste wie Foursquare, Oink oder Highlight nicht.
Die im Vergleich zu Fotodiensten wie Instagram etwa langsame Verbreitung Foursquare ist unter anderem darauf zurückzuführen: Die Schwelle des Mitmachens bei jedem einzelnen liegt bei ortsbasierten Diensten immer höher, weil der zurückkommende Nutzen nicht so schnell wie bei nichtregionalen Diensten kommt.
Bei Milk, den Machern von Oink, zieht man jetzt, bereits 4 Monate nach dem Start den Stecker:
We started Milk Inc. (the company behind Oink) to rapidly build and test out new ideas. Oink was our first test and, in preparing to move onto the next project, we've decided to shut it down to help focus our efforts.
Wenig überraschend war das Wachstum von Oink wohl sehr bescheiden. In der neunetzcast-Episode hatte ich auch angesprochen, warum ich glaubte, dass Oink es schwer haben würde: Bereits Foursquare wächst langsam, weil es zum Beispiel erst die Daten der Orte von den Usern aufbauen lassen muss, wo diese sich einchecken. Und danach kommen die im Vergleich zu webweiten Netzwerken geringeren Netzwerkeffekte von ortsbasierten Diensten.
Oink ging noch eine Ebene tiefer: Bei Oink ging es bereits um die Dinge vor Ort. Das heißt: Oink setzte Orte, Nutzer und hohe Bewertungsfreudigkeit voraus. Letztere hätte schnell sicherstellen müssen, dass aktive Nutzer nicht lang die einzigen Burgerbewerter in ihren Städten bleiben.
Also noch bevor die Ortsebene abgeschlossen war, wollte Oink zur nächsten übergehen. Das ist selbstverständlich mit hohen Hürden verbunden, die man nur nehmen kann, wenn man diese wahrnimmt und sich entsprechend mit seinem Dienst darauf vorbereitet.
Bei Oink schien das von Anfang nicht der Fall zu sein. Zum Beispiel konnte man auf Oink auch Dienste ohne Ortsbezug bewerten wie Filme und Serien. So etwas verwässert sehr stark, wie ein Dienst von den ersten Nutzern wahrgenommen wird. (Man vergleiche das mit der anfänglichen Konzentration bei Foursquare auf den Checkin.)
Das Oink-Konzept hat Zukunft (vielleicht als Foursquarefeature? mindestens aber als Foursquare-App), aber Oink war sehr früh, wohl zu früh damit und darauf nicht vorbereitet.
Milk-CEO Kevin Rose, der mit Digg seinerzeit das Social-News-Genre begründet hat, hatte entsprechende Vorschusslorbeeren, die er für den Start von Oink nutzen konnte. Die schlechte informationstechnische Umsetzung (im Gegensatz zur guten Optik) und das schnelle Steckerziehen bei Oink mit einem zumindest unehrlich anmutenden Verweis darauf, das sei nur ein Test gewesen, hat ihn wichtiges Vorschusskapital gekostet, dass jedem weiteren Dienst von Milk künftig fehlen wird.
Ich würde nicht darauf setzen, dass von Milk und Rose in absehbarer Zeit etwas kommt, das man beachten müsste.