21. Nov. 2011 Lesezeit: 3 Min.

Peerindex und Klout: Nach Identität kommt Reputation

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Unabhängig davon, dass Klout ein paar Geschäftspraktiken an den Tag legt, die fragwürdig sein mögen: Das grundsätzliche Prinzip hinter Klout gehört zu den nächsten Schritten im Ökosystem des Social Webs.

Im Zusammenhang mit der Q&A-Site Quora schrieb jemand* Anfang des Jahres, dass wir nun nachdem wir mit Facebook, Linkedin und Twitter (aber vor allem mit Facebook) das Problem der Identität gelöst haben, wir uns zur Lösung des nächsten Problems aufmachen können:

Reputation. Sichtbarmachung von Wissen, Expertise und Einfluss, welche mit der Identität verbunden werden können.

Dienste wie Quora fangen an, dieses Problem quasi 'nebenbei' zu lösen: Wer auf Quora zum Thema XY viele Fragen beantwortet und dessen Antworten in diesem Themenfeld regelmäßig hochgevotet wird, der lässt sich leicht als Experte in diesem Themenfeld verorten.

Das hat immense Vorteile für den identifizierten Experten, die Plattform, die er benutzt und diejenigen, die händeringend nach dem Experten suchen; und damit nicht zuletzt für die gesamte Gesellschaft. Ein überaus spannendes Feld.

Man kann es auch falsch angehen: Das Onlinespiel Empire Avenue versucht, Reputation über Gamification unter Gleichgesinnten zuordnen zu lassen. Das kann langfristig nicht funktionieren:

Nur wer ein direktes Interesse an der Steigerung der eigenen Reputation hat, spielt mit. Reputation wird aber aus Systemsicht besser gemessen, statt in einer Simulation erspielt. Reputation kann also nur sinnvoll durch Auswertung von so oder so stattfindenden Aktivitäten erkannt werden.

Etwas, das wir auch ohne Internet machen: Wer Sachbücher schreibt, die Bestseller werden, wird von uns höher angesehen. Wer akademische Papers schreibt, die von vielen anderen zitiert werden, wird von uns automatisch mit höherer Wahrscheinlichkeit als Autorität auf seinem/ihrem Feld angesehen.

Klout macht das, was ich eben beschrieben habe automatisiert für das Web: Es analysiert unter anderem die Reaktionen auf Handlungen auf Plattformen wie Twitter. Es versucht anhand der Tatsache, wie viele Retweets und Favs man im Schnitt pro Tweet bekommt, abzuschätzen, wie einflussreich man ist.

Das Erlösmodell von Klout ist ziemlich clever: Es bietet Werbekunden die Möglichkeit, ihre Produkte nur Leuten mit viel Einfluss nahe zu bringen. Das erlaubt dann einen höheren finanziellen Einsatz von Seiten der Werbekunden: Microsoft bot im Oktober dieses Jahres über Klout 500 Windows Phones Personen an, die sich dafür mit entsprechend hohem Klout Score qualifizierten. Klout ist also auch ein relativ interessanter neuer Werbeansatz. Die Möglichkeiten sind vielfältig:

IN September, during a Fashion’s Night Out event in the upscale Miami neighborhood of Bal Harbour, guests decked out in Marc Jacobs and Herve Leger could not help but notice a separate velvet-roped V.I.P. area. There, a privileged few shared one denominator: each guest had accumulated a Klout score above 40.

[..]
When the Gansevoort Park Avenue in Manhattan held a series of Sunday rooftop parties this summer, some of the hotel’s attendees were culled from Klout’s highest rankers; the entrepreneur Peter Shankman turned to Klout for a party he held at the Hudson Hotel with JetBlue; and the fashion stylist Lauren Rae Levy demanded a score of 50 or above for bloggers on her invitation list to the Malan Breton show at Lincoln Center.


Klout ist mal wieder ein us-amerikanisches Startup. Aber auch in Europa nimmt man sich dieses Feldes mittlerweile an: PeerIndex, quasi das europäische Klout, hat bei den TechCrunch-Awards "Europas" die Preise "Best Social Platform or Networking Startup" und "Grand Prix Award" (Jurypreis) gewonnen.

Beide, sowohl Klout als auch PeerIndex, machen den gleichen Fehler, mit Zahlen und Angaben zu arbeiten, die eine Genauigkeit suggerieren, die in dem Feld logischerweise vollkommen illusorisch, ja geradezu absurd ist. Zurecht machen sich deswegen viele über diese Dienste lustig. Es ist recht eigenwillig: Man will eine der weicheren Kennzahlen abbilden und, Klout wie PeerIndex, versucht das mit Diagrammen, Zahlen, harten Fakten umzusetzen. Das kann es noch nicht sein.

Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Auswertung öffentlicher Aktivitäten nicht nur nicht mehr weggehen werden, sondern auch für die Ausgwerteten potentiell hilfreich sein können und - und das ist vielleicht das wichtigste Argument für das Bestehen dieser Art von Diensten: - dieses Feld überaus lukrativ werden wird. Kein Wunder, dass manch einer bereits 17 Alternativen zu Klout auflistet.

Lediglich an der Art und Weise, wie das Problem angegangen wird, muss noch gefeilt werden. Ein Gedanke, den man auch bei Social Networks haben konnte, als MySpace das Licht der Welt erblickte.

Jeder Bereich braucht eben seine Zeit.

*Ich finde den Artikel leider nicht mehr wieder.

Update: Sascha Lobo hat den Artikel gefunden. Danke! Ein Auszug:

Just as Google and others were able to make our ability to access information dramatically easier and open all sorts of opportunities for people, I feel like the companies that build the reputation graph will have an amazing opportunity to make the process of making decisions about people (again, something each of us do every single day) incredibly more efficient. Better fits for jobs, schools…heck, even who you date or pal around with on the weekends could make peoples’ lives dramatically better.
Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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