
Was bedeutet es, wenn Browser plötzlich mitdenken, Rezepte automatisch in Warenkörbe übertragen oder Mails durchsuchen und sortieren können? Warum werden Plattformen wie Instagram oder LinkedIn nervös, wenn KI-Agenten auf ihre Web-Oberflächen zugreifen? Und: Ist der KI-Browser der Vorbote für das nächste große Interface – oder doch nur eine Brückentechnologie?
Eine Folge über Komfort, Kontrolle, Datenschutz – und darüber, wie überraschend lebendig der Browser 2025 wieder ist.
Das Gespräch knüpft nahtlos an das Briefing zum Thema an:

Ein interessanter Aspekt: Sascha wirft die berechtigte Frage in den Raum, ob die Suche nach dem KI-Gadget fehlgeleitet ist, weil es bei KI wie so oft die Software ist, die den Zugang definiert und dominiert, nicht die Hardware. Also Software statt Hardware. Also hier KI-Browser statt KI-Gadget von Jony Ive für OpenAI.
Das ist ein nachvollziehbarer und richtiger Gedanke. Der Siegeszug des Smartphones war schließlich genau das. Ein Computer in Taschenformat, der alles verschluckt hat, vom MP3-Player bis zur Digitalkamera, weil die Software die Hardware ersetzte. Und damit alles in einem Gerät vereinte.
Meine Entgegnung im Podcast-Gespräch: KI-first ist eine weitere Verschiebung des Paradigmas, weg von dedizierter Hardware (haben wir schon vollzogen) und jetzt (neu!) auch weg von dedizierter Software. Weil die KI über allem liegt. Und das wiederum bedeutet, dass die KI selbst, und damit die Cloud, im Mittelpunkt steht. (Weil die funktional umfangreichsten KI-Systeme in der Cloud sind, nicht lokal. Und das wird auch absehbar so bleiben.)
Daraus folgt unter anderem, dass Hardware und Software „nur“ Touchpoints zur KI werden. Wir hatten das und dessen Implikationen hier unter anderem bereits in Briefing 261 debattiert:
Nichts davon wird natürlich 100 Prozent der Nutzung erreichen. Es gibt heute immer noch Digitalkameras. Apps und Webdienste, die Menschen händisch bedienen, wird es natürlich immer weiter geben. Aber das Gros der Aktivität an vielen Stellen, vor allem Mainstream-Nutzung und Nicht-Expert:innen-Nutzung, wird von KI-Systemen gemanagt werden.
Hier spielen KI-Browser eine strukturell wichtige Rolle. Konzerne wie Google haben einen Vorteil, weil ihre Bots (in diesem Kontext quasi die Hände der KI) bestenfalls punktuell ausgesperrt werden.
Wenn ein Startup wie Perplexity eine Chance haben will, relevant zu werden -und dafür für Nutzer:innen nützlich sein muss-, dann wird es zwangsläufig alle diese Nützlichkeit verringernden Barrieren umgehen, die es umgehen kann. Dazu gehören leider auch freiwillige Dinge wie robots.txt:
Yes, this is not cool.
On the other hand, website owners are not going to cut out any search-related AI bot from Google thanks to its aggregation power.
How can an upstart gain any traction in this reality? At the very least, this is not a clear good/bad situation. It‘s messy. I find it fascinating.
Perplexity is using stealth, undeclared crawlers to evade website no-crawl directives
Das zeigt uns also einen weiteren Grund, warum KI-Browser gebaut werden. Google kann seine KI-Bots aus der Cloud starten. OpenAI dürfte mit seinen mittlerweile 700(!) Millionen wöchentlich aktiven Nutzer:innen ebenfalls auf dem Weg sein, für viele Webdienste und Anbieter so wichtig zu werden, dass sie auszusperren zu hohen Opportunitätskosten führt. OpenAIs GPT-Agent kann also in der Cloud sitzen.
Das Gleiche gilt (noch?) nicht für Perplexity, Dia, Opera und alle weiteren.
Ich will diesen Grund nicht überbewerten -die Nützlichkeit für die Nutzer:innen ist viel wichtiger-, aber man sollte das auch nicht unterschätzen: Der Umweg über den lokalen Browser stellt den Zugang sicher. Wo ich hingehe, wo ich Accounts habe, wo ich das Abo zahle, dort ist auch meine KI mit meinem Browser drin. Damit wird der Browser mindestens für kleinere Anbieter ein wichtiger Baustein im KI-First-Angebot. Er ist nützlich für die User und er gibt der KI in der Cloud im Zweifel Zugänge über den lokalen Umweg, den die KI-Unternehmen in Form von Deals so schnell nicht bekommen würden. Im Idealfall wandern die Aufgaben und die Interaktionen zwischen Mensch und KI dann zwischen Gadgets, Browser und weiteren Touchpoints hin und her. KI-First ist Cloud-First.
Das hat natürlich alles keinen Wert, wenn es den Usern nichts bringt. In der persönlichen Nutzung habe ich festgestellt, dass es sehr viel leichter ist, Einsatzzwecke für KI im Alltag zu entdecken, wenn sie direkt im Browser sitzt und dort alles sieht, was ich sehe.
Oder wie ich in Briefing 267 schrieb: Im Browser steckt man bereits mitten in einer angefangenen Tätigkeit, die spontan an die KI weitergereicht werden kann. Weniger Copy&Paste bedeutet weniger Reibung, also weniger mentale Transferleistung.
Jochen Krisch und ich haben in den Exchanges außerdem tiefer in den letzten Monaten über das Thema gesprochen, natürlich mit einem Fokus auf die Auswirkungen auf den Onlinehandel:

