12. Feb. 2020 Lesezeit: 3 Min.

Warum Berlkönig wichtig für BVG, Jelbi & Mobility in Berlin ist

Warum Berlkönig wichtig für BVG, Jelbi & Mobility in Berlin ist
Berlkönig

Im Nexus-Newsletter letzte Woche habe  ich unter anderem über das drohende Ende des Sammeltaxi-Dienstes Berlkönig geschrieben. Hier der leicht angepasste Beitrag zum Thema:

Schlechte Nachrichten beim Tagesspiegel: "Berlkönig könnte schon Ende April eingestellt werden"

Nach Informationen des Tagesspiegels durfte die BVG dem Partner ViaVan, der die Kosten des Fahrbetriebs trägt, keine Fortführung der Kooperation („Vergabeabsichtsinformation“) zusagen – weil die rot-rot-grüne Koalition dies nicht wollte.

Der Vertrag lief bereits Ende Januas aus; die BVG hat bei ViaVan (ein Joint Venture des US-Startups Via und von Mercedes) eine Verlängerung bis Ende April bekommen. Gibt Berlin nicht die notwendigen Gelder frei, wird spätestens dann der Berlkönig-Dienst beendet.

Heute wird im Abgeordnetenhaus über Berlkönig gesprochen (PDF der Tagesordnung), laut Tagesspiegel ist die nächste Koalitionsrunde zum Berlkönig am 13. Februar (also morgen) angesetzt.

​Meine Vermutung: Hier machen die Taxiverbände Druck bei den Berliner Regionalpolitikern, weil die Kleinbusse von Berlkönig im Markt zwischen Taxi und klassischem ÖPNV sitzen und damit den Taxis das Geschäft erschweren.



​Man kann das auch zwischen den Zeilen beim verkehrspolitischen Sprecher der SPD herauslesen. Tagesspiegel:

So hatte der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Tino Schopf, bereits den Start des Berlkönig-Tests 2018 als „falsch“ kritisiert und ihm die „verkehrliche Notwendigkeit“ abgesprochen.

2019 wird er deutlicher, wo die Bedenken herkommen:

2019 legte Schopf nach: „Anstatt Unsummen in die fragwürdige, klischeebeladene Vermarktung von motorisiertem Innenstadtverkehr zu stecken, soll sich die BVG besser ihrer Kernaufgabe widmen und den ÖPNV stärken“, hieß es in seiner Pressemitteilung. Darin kritisiert der SPD-Experte, dass der Berlkönig nur den öffentlichen Nahverkehr und das Taxigewerbe „kannibalisiere“. Andererseits haben mehrere Politiker aus Außenbezirken gefordert, dass der Berlkönig bitteschön bei ihnen fahren solle.

​Man könnte es problematisch sehen, dass der Berlkönig-Dienst bezuschusst werden muss. Laut BVG lassen sich nur zwei Drittel der Kosten mit den Einnahmen abdecken, den Rest übernimmt die Stadt. Bei einer Ausweitung auf die Randbezirke würden sich die Deckungsbeiträge verschlechtern. Aber genau in diesen Gebieten würde der Berlkönig-Dienst einen großen Unterschied im ÖPNV-Angebot machen. Für einen stadtweiten Betrieb wären 43 Millionen € pro Jahr notwendig. Dieser Betrag kann hervorragend als politischer Grund dienen, um den Berlkönig (vor allem zugunsten der lokalen Taxibranche) zu beenden.

Aber gerade die Bezuschussung ermöglicht auch einen langfristigen Betrieb aus öffentlicher Hand, dem private Anbieter wenig entgegen setzen können. Das trifft auf Taxis zu, aber auch und besonders auf Uber, Google Maps und co.; die Mobility-Plattformen von morgen. Es gilt, den ÖPNV diesen entstehenden Markt proaktiv mitgestalten zu lassen. Nur so lässt sich eine nachhaltige Verkehrswende herbeiführen.

Aus einer Plattformsicht gedacht ist Berlkönig ein Leuchtturm: Die Mobility-Plattform Jelbi aggregiert die lokalen Transportarten, was extrem wichtig für den künftigen Mobility-Markt in der Metropole ist. (siehe: „ÖPNV in der Plattformwelt: Was die BVG-Plattform Jelbi für Mobility in Berlin bedeutet“) Exklusiv einen attraktiven Dienst wie Berlkönig auf Jelbi zu haben, gibt der BVG-App-Plattform einen Vorteil gegenüber Uber, Google Maps und anderen Konkurrenten. Der klassische ÖPNV kann und sollte weiter auf allen Plattformen verfügbar sein. Gleichzeitig können Berlkönig und Jelbi als erweiterte Angebote aus öffentlicher Hand einen Weg gehen, der proaktiv den sich rasant verändernden Mobility-Markt mitgestaltet. Und private Marktdominanz verhindert.

Nur die regionale Politik muss das auch wollen.

Berlkönig und BVG scheinen nun zu lernen, warum Uber weltweit so aggressiv gegen regionale Personenbeförderungsbestimmungen verstoßen hat. Es war der einzige Weg, um gegen die Verflechtung von regionaler Politik und regionalen wirtschaftlichen Interessen, in diesem Falle Taxiverbände, erfolgreich zu bestehen.

Genau an dieser Verflechtung könnten jetzt die BVG und ihr Berlkönig scheitern.

Dieser Beitrag ist leicht verändert zuerst im Nexus-Newsletter für Mitglieder erschienen, welcher aktuell immer Donnerstags erscheint. Mobility-Themen gehören zu den festen Themensträngen der öffentlichen Beiträge auf neunetz.com und bei den Nexus-Inhalten. Mehr Informationen zum Mitgliederangebot gibt es hier.

Mehr zur Zukunft der Mobility und der Rolle des ÖPNV:

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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