18. Sep. 2013 Lesezeit: 1 Min.

Wie E-Manuscripta Urheberrechte geltend macht, die gar nicht existieren

Andreas von Gunten berichtet über fälschlich beanspruchte Urheberrechte:

Eigentlich wollte ich darüber schreiben, dass es grossartig ist, dass mehr als 10'000 Bilder aus der Sammlung des berühmten Schweizer Kunsthistorikers Jacob Burckhardt, nun online verfügbar sind. Meine Freude darüber wurde aber getrübt, als ich mich wie immer, darüber informierte, unter welchen Bedingungen diese Bilder im Netz frei gegeben werden. [..]

Die abgebildeten Werke sind also in der Regel gemeinfrei, während die Digitalisate, also die Abbildungen dieser Werke, es nicht sind?

Ich bin zwar kein Jurist, aber meines Wissens reicht die Schöpfungshöhe einer einfachen Abbildung eines Werkes der bildenden Kunst nicht aus, um ein Urheberrecht zu begründen. Und ein Leistungschutzrecht, welches das Abfotografieren oder Scannen von gemeinfreien Werken schützt, gibt es zum Glück in der Schweiz (noch) nicht. Das heisst, eine Fotografie, bzw. ein Scan eines Werkes, das keinen Schutz mehr geniess, ist selbst auch nicht geschützt. Es wird zwar nirgends vom Urheberrecht geschrieben aber es wird behauptet, dass die Digitalisate Eigentum der jeweiligen Institutionen seien. Doch wie manifestiert sich das Eigentum an digitalen Daten? Ich denke schon, dass hier der Eindruck erweckt werden soll, dass es sich um eine Art Urheber- oder Leistungsschutz handelt, der hier geltend gemacht wird. Ich kann mir nicht vorstellen, mit welchen rechtlichen Argumenten, die hier angeführten Einschränkungen in der Schweiz durchgesetzt werden sollten.

Das ist erstaunlich. Noch erstaunlicher ist, dass es hier um das Portal e-manuscripta.ch geht, einer Plattform die von der Zentralbibliothek Zürich, der Universitätsbibliothek Basel und der ETH Bibliothek betrieben wird.

Dass eine öffentliche Einrichtung überhaupt auf die Idee kommt, so vorzugehen und dass sie ohne Konsequenzen so vorgehen kann, zeigt, wie ich gestern bereits anmerkte, dass wir "in einer Welt eingeschlossener Kultur aufgewachsen" sind und uns "(urheberrechts-)freie Kultur kaum noch vorstellen" können. Deshalb leben wir in einer Welt, in der Lehrer dafür verdammt werden, keine Urheberrechtsexerten zu sein, während  öffentliche Institutionen konsequenzfrei öffentliche Gelder für Erzeugnisse ausgeben können, von denen sie dann fälschlicherweise Urheberrechte geltend machen.

Lesenswert  sind auch die Kommentare unter dem Artikel von Andreas von Gunten, die auf einen größeren Sumpf hindeuten.

Marcel Weiß
Unabhängiger Analyst, Publizist & Speaker ~ freier Autor bei FAZ, Podcaster auf neunetz.fm, Co-Host des Onlinehandels-Podcasts Exchanges
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